Atmosphäre
Bezeichnung für die überwiegend gasförmige Hülle, von der die Erde sowie andere Himmelskörper umgeben sind, und die durch die Schwerkraft (Gravitation) dieser Körper festgehalten wird.
Zusammensetzung und Aufbau
Die Erdatmosphäre setzt sich überwiegend (ca. 78 Prozent) aus Stickstoff (N2), zu 20 Prozent aus Sauerstoff (O2) und zu weniger als 1 Prozent aus Edelgasen wie zum Beispiel Argon (Ar) zusammen. Hinzu kommen Aerosole, also feste und flüssige Schwebeteilchen in einer gasförmigen Hülle, sowie Spurengase. Zu letzteren zählen Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Ozon (O3), Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Schwefeldioxid (SO2) und Stickstoffverbindungen.
Die Atmosphäre lässt sich in fünf verschiedene Hauptschichten unterteilen:
- Troposphäre, reicht von der Erdoberfläche bis zur Tropopause
- Stratosphäre, reicht bis zur Stratopause
- Mesosphäre
- Thermosphäre
- Exosphäre
Die Zusammensetzung der Atmosphäre - ihre Gase und Partikel - spielt eine entscheidende Rolle bei der Verknüpfung von menschlichem Wohlergehen mit regionalen und globalen Veränderungen, weil die Atmosphäre alle wichtigen Komponenten des Systems Erde miteinander verbindet. Die Atmosphäre interagiert mit den Ozeanen, dem Land, den terrestrischen und marinen Pflanzen und Tieren sowie den Eisregionen.
Wegen dieser Verknüpfungen befördert die Atmosphäre Veränderung. Emissionen von natürlichen Quellen und menschlichen Aktivitäten treten an der Erdoberfläche in die Atmosphäre ein und werden in andere geographische Regionen und oft in größere Höhen transportiert. Einige Emissionen erfahren chemische Umwandlungen oder werden wieder entfernt oder sie interagieren mit der Feuchtigkeit bei der Wolkenbildung und beim Niederschlag. Einige natürliche Ereignisse und menschliche Aktivitäten, die die Zusammensetzung der Atmosphäre verändern, bewirken auch eine Veränderung des irdischen Strahlungsgleichgewichts. Nachfolgende Auswirkungen auf Änderungen in der atmosphärischen Zusammensetzung schaffen vielfältige Umwelteffekte, die sowohl die menschliche Gesundheit wie auch natürliche Systeme beeinflussen können.
Die Feststellung von Trends in der atmosphärischen Zusammensetzung gehören zu den ersten Vorboten von globalen Veränderungen.
Ein Hauptmerkmal der Atmosphäre besteht darin, dass sie als Langzeitreservoir für bestimmte Spurengase dient, die globale Veränderungen verursachen können. Die lange Verweildauer einiger Gase, wie z.B. Kohlendioxid (>100 Jahre) oder Perfluorkohlenwasserstoff (>1000 Jahre) lassen den Schluss zu, dass die damit verbundenen globalen Veränderungen über Dekaden, Jahrhunderte, sogar Jahrtausende andauern können und dabei die ganze Erde betreffen können.
Die Zusammensetzung der Atmosphäre Quelle: Wikipedia nach U.S. Climate Change Science Program |
Funktionen der Atmosphäre
Die Atmosphäre hat eine Reihe lebenswichtiger Funktionen, indem sie
- die Lebewesen vor schädlicher bzw. tödlicher Strahlung aus dem Weltraum schützt (Filter für UV- und Röntgenstrahlung der Sonne),
- lebensnotwendiges Sonnenlicht zu den Oberflächen der Kontinente und Ozeane durchlässt (Energiequelle),
- durch das Vorhandensein bestimmter Gase (Treibhausgase) die für das Leben nötigen Temperaturen schafft,
- die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde von ca. +15 °C, gegenüber sonst ca. -18 °C, ermöglicht,
- vor schneller Auskühlung und Überhitzung schützt (z.B. Wärmeausgleich zwischen Tag und Tag),
- Energie (fühlbare Wärme der Luft und latente Wärme des Wasserdampfs) aus Bereichen in Äquatornähe zu mittleren und höheren Breiten transportiert),
- Wasserdampf-Feuchtigkeit durch die dynamischen Prozesse der allgemeine Zirkulation transportiert und verteilt, wodurch die Niederschlagsverteilung bestimmt wird,
- den Hauptspeicher für Stickstoff bildet,
- ein Reservoir für Kohlenstoffdioxid und Sauerstoff darstellt.
- einbezogen ist in verschiedene lebensnotwendigen Stoffkreisläufe,
- natürliche und anthropogene (durch Menschen verursacht) Emissionen verteilt, die in der Atmosphäre durch Oxidation, Reaktionen mit Radikalen und Photolyse umgesetzt und abgebaut werden und
- vor kleineren Meteoriten schützt, die wegen der großen Reibung beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen und so die Erdoberfläche nicht erreichen.
Rolle der Atmosphäre für die Erdbeobachtung
Existenz und Beschaffenheit der Erdatmosphäre haben wesentliche Auswirkungen auf die Fernerkundung. Die elektromagnetische Strahlung, die in der Fernerkundung als Informationsträger dient, muss auf ihrem Weg von der Strahlungsquelle zum Objekt und vom Objekt zum Sensor die Atmosphäre durchlaufen. Deshalb kommen für die Fernerkundung nur Wellenlängenbereiche in Betracht, in denen die Atmosphäre für die elektromagnetische Strahlung weitgehend durchlässig ist. Diese Spektralbereiche werden gemeinhin als atmosphärische Fenster bezeichnet.
Elektromagnetische Strahlung der Sonne unterliegt in der Atmosphäre teilweise einer Absorption und Streuung. Nur ein Teil erreicht die Geländeoberfläche als direkte Sonneneinstrahlung. Streuung hat großen Einfluss auf die räumliche Verteilung der Strahlung (ohne Energieverlust), Absorption verringert die verfügbare Energie und erwärmt die Atmosphäre. Beide Effekte sind wellenlängenabhängig.
Der atmosphärische Einfluss auf die kurzwellige Strahlung geht überwiegend auf die Streuung und Absorption von Luftmolekülen, Aerosolpartikeln, Wolkentröpfchen und Eiskristallen zurück. Hingegen wird die langwellige Strahlung durch Wasserdampf (H2O) und strahlungsaktive Gase (CO2, O3, N2O, CH4) verändert.
Die in der Atmosphäre gestreute Strahlung pflanzt sich teilweise nach unten fort und bestrahlt als Himmelsstrahlung die Geländeoberfläche. Direkte Sonneneinstrahlung und diffuse Himmelsstrahlung werden zusammen Globalstrahlung genannt. Ein Teil der von der Sonne einfallenden Strahlung wird aber auch von der Atmosphäre nach oben in Richtung zum Sensor hin gestreut und überlagert sich als Luftlicht der von der Geländeoberfläche reflektierten Strahlung und verringert dadurch den Kontrast der Fernerkundungsbilder. Zum Beispiel wird durch Dunst oft der Kontrast von Fernerkundungsdaten beeinträchtigt.
Die Phänomene Streuung und Absorption werden durch die Atmosphärenbestandteile verursacht. Die Dichte der Atmosphäre nimmt mit der Höhe ab. Der Einfluss der absorbierenden Moleküle in der Atmosphäre ist deshalb höhenabhängig.
- Die permanenten Gase Stickstoff, Sauerstoff und Edelgase (z.B. Argon) kommen in allen Höhen bis 8 km zu etwa gleichen Anteilen vor und absorbieren relativ wenig; Ausnahme: O2 Absorption bei λ = 760 nm.
- Wasserdampf nimmt bis in eine Höhe von 2,5 km exponentiell ab. Es besteht eine ausgeprägte Absorption im Infrarot und nahen Mikrowellenbereich. Darin liegt die Hauptursache für die Beschränkung der Fernerkundung auf die atmosphärischen Fenster.
- Kohlendioxid verzeichnet Bereiche starker Absorption im Infrarot.
- Ozon kommt v.a. in Höhen zwischen 15 und 30 km vor und besitzt eine deutliche Absorption bei λ = 9,5 µm mitten im atmosphärischen Fenster des thermischen Infrarot.
- Aerosole; Teilchen von 0,01 bis 100 µm Durchmesser kommen als Dunst, Staub, Nebel und Wolken v.a. in niedrigen Höhen in stark wechselnder Konzentration vor und verursachen vornehmlich die Streuung der Strahlung.
Die Streumechanismen in der Atmosphäre sind untergliedert in:
- Rayleigh-Streuung; dabei liegt die Teilchengröße weit unterhalb der Wellenlänge. Die Wellenlängenabhängigkeit bedeutet, daß kurzwellige Strahlung bedeutend stärker gestreut wird als langwellige. Die bevorzugte Streuung kurzer Wellenlängen ist der Grund für das Blau des Himmels, für das Abendrot und für das Alpenglühen. Die Rayleigh-Streuung findet vor allem an den Molekülen der permanenten Gase der Atmosphäre statt, ist in dieser Form also immer gegeben. Die horizontale Sichtweite bei reiner Molekülstreuung liegt bei 340 km.
- Mie-Streuung; die Teilchengröße entspricht ungefähr der Wellenlänge. Sie tritt an Aerosolen auf und kann je nach Atmosphärenzustand sehr unterschiedlich sein.
- Nichtselektive Streuung; sie findet an Teilchen statt, die groß im Vergleich zur Wellenlänge sind. Diese Streuung ist unabhängig von der Wellenlänge. Sie findet in Nebel und Wolken statt.
In der Praxis kommt es zu einer kombinierten Wirkung aller Streumechanismen.
Beobachtung und Messung
In der Atmosphärenbeobachtung werden meteorologische Parameter verschiedener Schichten der Atmosphäre automatisch erfasst und aufgezeichnet. Hierzu betreiben Wetterdienste weltweit (z. B. DWD) unter anderem Netze an Wetterradaren, Windprofilern und Radiosondenstationen. Ferner nutzen sie zur Bestimmung des atmosphärischen Zustands Daten aus Flugzeugmessungen. Flächendeckende Informationen werden wiederum aus Satellitendaten (geostationäre und polumlaufende Satelliten) und Blitzortungssystemen gewonnen.
Grundlage für die Wettervorhersage und die Klima- und Umweltberatung der Wetterdienste sind zuverlässige und qualitativ hochwertige Mess- und Beobachtungsdaten. Wetterdienste und Institute betreiben kontinuierliche Forschung um ihre Messsysteme und -netze auf modernstem Stand zu halten. Zu den Forschungen z. B. beim DWD gehören
- die Erprobung und Weiterentwicklung neuer Messsysteme (in-situ, Fernerkundung) für den operationellen Betrieb,
- die Entwicklung und Erprobung von Verfahren und Algorithmen zur Bestimmung atmosphärischer Parameter aus Messungen,
- die Durchführung spezieller Messungen, insbesondere an den Observatorien, zur Gewinnung umfassender Datensätze zur Charakterisierung physikalischer und chemischer Prozesse in der Atmosphäre.
Beobachtung und Messung von Eigenschaften der Atmosphäre erfolgt mit Fernerkundungsmethoden und in-situ-Verfahren. Während die große Stärke der Fernerkundungsverfahren im Zugang ferner (nicht-lokaler) atmosphärischer Regionen und dem schnellen Erfassen ausgedehnter räumlicher atmosphärischer Strukturen liegt, besitzen in-situ-Messverfahren Vorteile in der Messgenauigkeit der beobachteten atmosphärischen Parameter sowie in der Auflösung von kleinen räumlichen Strukturen und ihrer raschen zeitlichen Änderung. Auch können mit Hilfe von in-situ-Messungen eine größere Zahl atmosphärische Parameter mit unterschiedlichen Messmethoden erfasst werden.
So werden atmosphärische in-situ-Messverfahren bevorzugt bei meteorologischen und klimatischen Langzeitbeobachtungen, zur Emissionsüberwachung technischer Anlagen, bei der lokalen, regionalen Umweltüberwachung und beim Studium atmosphärischer Prozesse, wie die Untersuchung der mikro- und mesoskaligen Dynamik, Fragen der Wolkenbildung und des Strahlungstransportes und photochemischer Prozesse eingesetzt.
Die Wahl des Messträgers wird von den gewünschten Untersuchungen bestimmt. So sollten die zu untersuchenden atmosphärischen Regionen leicht erreicht werden können, d.h. Einsatzhöhe, Reichweite und Fluggeschwindigkeit des Messträgers müssen den Untersuchungen angepasst sein. So erlauben einerseits schnell fliegende Messträger (z. B. Raketen) eine schnell aufeinander folgende Erfassung großer atmosphärischer Regionen, was bei manchen Untersuchungen ein großer Vorteil ist. Andererseits stellen jedoch hohe Fluggeschwindigkeiten hohe Anforderung an die zeitliche Auflösung der Instrumente, denn sie führen zu einer wesentlichen Einschränkung der erreichbaren räumlichen Auflösung bei den zu messenden atmosphärischen Parametern.
Seit 2014 liefert der Copernicus Dienst zur Überwachung der Atmosphäre (CAMS) kostenlos Daten und Produkte zum Zustand der Atmosphäre. Die Produkte werden aus der bestmöglichen Kombination von Satellitenbeobachtungen, In-situ-Messungen und Modellrechnungen gewonnen.
Der CAMS Service unterstützt Entscheidungsträger, die Zusammensetzung der Erdatmosphäre auf globaler und regionaler Ebene kontinuierlich zu überwachen. CAMS Produkte umfassen die Beschreibung der aktuellen Situation (Analyse), die Vorhersage der Situation einige Tage im Voraus (Prognose) und die Bereitstellung konsistenter retrospektiver Datensätze für die letzten Jahre (Reanalyse). Auf Basis der Daten und Produkt können eigene Anwendungen zu atmosphärischen Fragestellungen, wie der lokalen Luftqualitätsanalyse und -vorhersage, entwickelt und operationell betrieben werden.
Das derzeitige Leistungsportfolio, auf das sich CAMS konzentriert, umfasst:
- tägliche Informationen über die globale atmosphärische Zusammensetzung (Treibhausgase, reaktive Gase, Ozon und Aerosole)
- Near-real-time und 4-Tage-Prognosen, sowie eine Reanalyse der Luftqualität (Spurengase und Feinstaub) in Europa
- tägliche Analyse und Prognosen von UV-Strahlung und stratosphärischem Ozon zur Unterstützung von Gesundheitsvorsorge (z. B. Hautkrebsprävention)
- Informationen zur Solaren Strahlung für Nutzer von Solarenergie
- Emissionsbestände für atmosphärische Chemietransportmodelle zur Abschätzung von CO2- und CH4-Nettoflüssen an der Erdoberfläche.
Atmosphärenbeobachtung mit Fernerkundungsverfahren
Atmosphärenbeobachtung mit Fernerkundungsverfahren kann sowohl flugzeug- und satellitengestützt (Wettersatelliten, Umweltsatelliten) als auch bodengestützt erfolgen. (s. a. Meteorologie und Fernerkundung)
Bodengestützt werden überwiegend Radar, LIDAR und SODAR eingesetzt. Hierbei wird die Atmosphäre mit Radio-, Licht- bzw. Schallwellen sondiert.
Wettersatelliten dienen primär der Gewinnung von meteorologischen und anderen geophysikalischen Daten zur Erfüllung der Aufgaben der Wetterdienste und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Man unterscheidet geostationäre (z. B. Meteosat) und polarumlaufende (z.B. Metop) Wettersatelliten. Die Wettersatelliten werden im Rahmen des globalen meteorologischen Satellitensystems koordiniert. Die Vorteile der Satellitenbeobachtungen gegenüber anderen meteorologischen Mess- und Beobachtungssystemen sind:
- weltweite lückenlose und flächendeckende Erfassung des Systems Erdoberfläche-Atmosphäre
- zeitlich nahezu kontinuierliche Überwachung mit geostationären Satelliten
- einheitliches Beobachtungssystem
- Erfassung meteorologischer Parameter, z. B. Wolkenklassifikation
- homogene Darstellung großräumiger Strukturen wie z. B. Wirbelstürme
- sehr rasche Datenverfügbarkeit
Wettersatelliten ergänzen konventionelle Beobachtungen. Einzelne Parameter, wie z. B. Strahlungsflüsse am Oberrand der Atmosphäre (wichtig für die Klimaüberwachung) können nur mit Hilfe von Wettersatelliten gewonnen werden. Die Daten der Wettersatelliten spielen nicht nur in der Meteorologie sondern auch für die Ozeanographie, Hydrologie und Klima- und Umweltüberwachung eine wichtige Rolle. Sie dienen der Überwachung und Vorhersage gefährlicher Wetterereignisse, tragen zum Krisenmanagement und zur Risikoreduzierung gefährlicher Naturereignisse bei, spielen eine wichtige Rolle bei Vorhersagen für das Verkehrswesen, wobei insbesondere die Luftfahrt und Seeschifffahrt hervorzuheben sind, aber auch Bereiche wie Land- und Forstwirtschaft, Energiewirtschaft, Tourismus und Freizeit.
Die atmosphärenchemische Überwachung kann mit einer Reihe von Fernerkundungsinstrumenten unter Verwendung verschiedener Techniken und verschiedener Teile des elektromagnetischen Spektrums durchgeführt werden. Jedes atmosphärische Gas wird durch seine Absorptions- und Emissions-Spektren charakterisiert, die beschreiben, wie die Moleküle auf verschiedene Strahlungsfrequenzen reagieren. Fernerkundungsinstrumente nutzen diese "Signaturen" aus, um Informationen über die atmosphärische Zusammensetzung zu liefern, wobei Messungen über einen Wellenlängenbereich zwischen UV und Mikrowellen erfolgen.
Die atmosphärische Absorption wird hauptsächlich von Wasserdampf, Kohlendioxid und Ozon bestimmt, mit kleineren Beiträgen von Methan und anderen Spurengasen. Relativ breitbandige Instrumente können für Messungen der dominanten Gase verwendet werden, aber für Messungen anderer Gasarten werden Sensoren mit hoher spektraler Auflösung benötigt, da diese schwächere Signale erzeugen und sie von den Signalen der häufiger vorkommenden Gase unterschieden werden müssen.
Instrumente zur Untersuchung der Atmosphärenchemie werden typischerweise entweder in einem Nadir-Viewing-Modus betrieben, bei dem man vertikal direkt nach unten schaut, um die emittierte oder gestreute Strahlung zu messen, oder in einem Limb-Viewing-Modus, bei dem Positionen jenseits des Horizonts abgetastet werden, um Wege durch die Atmosphäre in verschiedenen Höhen zu beobachten. Instrumente, die im Nadir-Modus arbeiten, bieten eine hohe räumliche Auflösung in horizontaler Richtung, aber eine begrenzte vertikale Auflösung, während Instrumente, die den Limb-Modus nutzen, eine hohe vertikale Auflösung (einige km), aber eine begrenzte horizontale Auflösung (bestenfalls Dutzende von km) bieten.
Atmosphärenchemie-Sensoren können entweder aktiv oder passiv sein. Einige Beispiele für aktive Sensoren zur Untersuchung der Atmosphärenchemie sind atmosphärische Lidare, Beispiele für passive Sensoren sind abbildende Spektrometer, multispektrale Radiometer, Sonnenokkultationssensoren und Mikrowellen-Limbsonden.
Messungen mit Copernicus Sentinel-5p TROPOMI
Australien sind Buschbrände nicht fremd, aber die Saison 2019-2020 war beispiellos. Bis März 2020 brannten schätzungsweise 18,6 Millionen Hektar (186 000 km²), wobei über 5000 Gebäude zerstört wurden und mehr als 400 Menschen ums Leben kamen. Mithilfe der Messungen des Tropomi-Instruments an Bord des Copernicus-Satelliten Sentinel-5P konnten genaue Schätzungen der Emissionen vorgenommen werden.
Tropomi misst zwar nicht direkt das Kohlendioxid, aber das Gerät nimmt täglich Momentaufnahmen der Kohlenmonoxidwerte in der darunter liegenden Atmosphärensäule auf. Diese Daten wurden zur Berechnung einer detaillierten Schätzung der Kohlenmonoxidemissionen aus den Buschbränden verwendet, die dann als Ersatz für die Berechnung der Kohlendioxidemissionen herangezogen wurden.
Das Ergebnis ist, dass die Buschbrände in nur drei Monaten etwa 700 Millionen Tonnen freigesetzt haben. Das ist doppelt so viel Kohlendioxid, wie zuvor aus Schätzungen der Feuerinventare hervorging, und übersteigt die normalen jährlichen Emissionen Australiens durch Buschfeuer und fossile Brennstoffe um 80 %.
Tropomi auf Sentinel-5 Precursor Quelle: EO Dashboard |
Sentinel-5P ist die erste Copernicus-Mission, die der Überwachung unserer Atmosphäre gewidmet ist. Dieser Satellit ist mit dem hochmodernen Tropomi-Instrument ausgestattet, das eine Vielzahl von Spurengase wie Stickstoffdioxid, Ozon, Formaldehyd, Methan, Kohlenmonoxid und Aerosole kartiert - allesamt Gase, die die Luft, die wir atmen, und unser Klima beeinflussen.
Wichtige Werkzeuge bei der Fernerkundung der Atmosphäre am DLR:
- Wolkenklassifizierungsmethoden sowie Fernerkundungsverfahren zur Ermittlung von makroskopischen, mikrophysikalischen und optischen Eigenschaften von Wasser- und Eiswolken aus Daten des SEVIRI-Sensors an Bord des geostationären Meteosat Second Generation (MSG) Satelliten
- Verfahren zur Erkennung und zeitlichen Verfolgung linearer Kondensstreifen und Kondensstreifenzirren (MSG/SEVIRI, MODIS)
- Fernerkundungsverfahren zur Bestimmung der langwelligen Ausstrahlung und der reflektierten Solarstrahlung am Oberrand der Atmosphäre für MSG/SEVIRI
- Fernerkundungsverfahren zur Erkennung und Quantifizierung von Vulkanasche aus MSG/SEVIRI
- Verfahren zur Verfolgung und Kurzfristvorhersage der Verteilung von Wasser-, Eis- und Vulkanaschewolken aus MSG/SEVIRI
- Ein- und dreidimensionale Strahlungstransfermodelle (MOM + libRadtran und MYSTIC in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Experimentelle Meteorologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München)
Für die Planung von Missionen in erdnahen Umlaufbahnen (LEO), aber auch für alle Startvorgänge von Raketen und sonstigen Flugkörpern ist die genaue Kenntnis der vorliegenden Atmosphärenverhältnisse entscheidend, wobei insbesondere die Dichte einen wesentlichen Einfluss auf den aerodynamischen Widerstand hat. Aber auch Temperatur und Zusammensetzung sind wichtige Kenngrößen, beispielsweise bei der Beurteilung der Degradation von Materialien durch atomaren Sauerstoff. Auf Raumfahrzeuge zeigt sich der Einfluss der Atmosphäre im Wesentlichen in folgenden drei Punkten:
- Bei Relativgeschwindigkeiten von etwa 8 km/s findet ein signifikanter Impuls- und Energieaustausch zwischen Strömung und Flugkörper statt. Der ausgeübte Widerstand (Drag) wird durch den Widerstandsbeiwert (Drag coefficient) cD beschrieben, der für einfache Abschätzungen zu etwa 2,2 angenommen werden kann, wobei als Bezugsfläche im Allgemeinen die in die Anströmrichtung projizierte Fläche verwendet wird. Zusätzlich verursachen die aerodynamischen Kräfte auch Drehmomente, die die Lage des Raumfahrzeugs verändern können. Beiden Einflüssen muss durch (aktive) Lage- und Bahnregelung Rechnung getragen werden.
- Auf die Oberfläche auftreffende Gaspartikel können mechanisch oder chemisch erosiv wirken (v.a. der atomare Sauerstoff).
- Die Atmosphäre stellt einen Reflektor für vom Raumfahrzeug emittierte Gase dar.
In situ-Beobachtung
Übersicht der in der (in situ-)Atmosphärenforschung eingesetzten Luftfahrzeuge:
- Fesselballone (Gipfelhöhe 1000 m, Tragkraft einige 10 kg), mit denen man hervorragend länger andauernde meteorologische und luftchemische Untersuchung in der planetaren Grenzschicht (auch 'Reibungsschicht', die untersten 1,5 bis 2 km der Atmosphäre) durchführen kann.
- Drachen und Hängegleiter (v einige m/s, Gipfelhöhe einige 1000 m, Tragkraft einige kg), die u.a. schon für die störungsfreie Messung des aktinischen Strahlungsflusses als Funktion der Bewölkung und atmosphärischen Aerosolbelastung eingesetzt wurden.
- Luftschiffe (Zeppeline) (Flughöhe einige 1000 m, Tragkraft einige 1000 kg, Reichweite einige 1000 km), die erst seit jüngster Zeit der atmosphärischen Forschung zur Verfügung stehen. Ihr Vorteil besteht in ihrer variablen Geschwindigkeit wodurch Lagrange-Experimente möglich sind. Bei diesen Experimenten wird das Luftschiff genau mit der Windgeschwindigkeit der Umgebungsluft über Grund bewegt, sodass das Luftschiff stets von der gleichen Luftmasse umgeben wird.
- Flugzeuge (v einige 100 m/s, Gipfelhöhe < 21 km), die für eine Vielzahl an Forschungszielen eingesetzt werden. So dienen kleinere Flugzeuge zumeist der lokalen und regionalen Umweltüberwachung, aber auch für Untersuchungen zur mesoskaligen Dynamik, Wolkenbildung, Strahlungsbilanz, und Photochemie in der untersten Atmosphäre. Größere Flugzeuge benützt man hingegen vor allem zur Untersuchung von Prozessen von regionaler und hemisphärischer Bedeutung, wie z. B. interkontinentaler und interhemisphärische Transport von Luftschadstoffen, die Photochemie, Mikrophysik, und Transport des Ozons in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre oder die Bildung des Ozonloches. Große Flugzeuge besitzen zudem den Vorteil, dass man auf viele Messgeräte zurückgreifen und damit eine große Anzahl atmosphärischer Parameter gleichzeitig messen kann, was eine synergetische Interpretation der Messungen stark verbessert.
Eine besonders interessante Anwendung ist hierbei die Verwendung von regelmäßig verkehrenden Verkehrsflugzeugen. Dabei werden im Rahmen des Projektes CARIBIC (Civil Aircraft for the Regular Investigation of the atmosphere Based on an Instrument Container) in-situ-Messungen von luftchemisch und klimatisch relevanten atmosphärischen Spurenstoffen auf Linienflügen der Lufthansa vorgenommen.
Eine besondere Klasse von Forschungsflugzeugen stellen auch die russische GEOPHYSICA und die amerikanische ER-2 (NASAs zivile Version der U-2) dar, die beide ehemals zu Spionagezwecken eingesetzt wurden. Beide Flugzeuge zeichnen sich durch ihre große Gipfelhöhe (< 21 km) aus, womit die sonst nur schwer erreichbare, aber photochemisch und klimatisch bedeutsame oberste Troposphäre und untere Stratosphäre (15 – 21 km) erreicht werden können. Diese Flugzeuge wurden u.a. sehr erfolgreich zur Untersuchung der chemischen und dynamischen Prozesse eingesetzt, die zur Bildung des stratosphärischen Ozonloches im antarktischen Frühjahr führen, oder auch für Untersuchungen der klimatisch wichtigen tropischen oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre. - Hochfliegende unbemannte Drohnen (Gipfelhöhe 22 km, Reichweite bis zu 25000 km, v = 100 m/s, typ. Tragkraft < 500 kg), die von der NASA zur Erforschung der Dynamik und Photochemie der schwer erreichbaren subtropischen und tropischen Tropopausenregion und unteren Stratosphäre (15 – 22 km) in jüngster Zeit verwendet werden. Drohnen besitzen im Gegensatz zu den Höhenforschungsflugzeugen eine wesentlich größere Reichweite und Einsatzzeit, wodurch sich sehr entlegene Gebiete über dem Pazifik oder die Antarktis mühelos und gefahrlos erreichen und untersuchen lassen.
- Ballone: Kleine Ballone (Tragkraft einige kg, Gipfelhöhe bis 35 km) werden von vielen Wetterdiensten für die regelmäßige meteorologische Überwachung der unteren und mittleren Atmosphäre eingesetzt. Große Ballone (Gipfelhöhe bis 45 km, Reichweite bis zu 5 Erdumläufen, Tragkraft < 2 t, v einige 10 m/s) kommen hingegen häufig zur Erforschung der stratosphärischen Ozonschicht zum Einsatz.
- Höhenforschungsraketen (Tragkraft < 1t, Gipfelhöhe einige 100 km, Flugdauer einige 10 Minuten), die bisher vor allem zur Untersuchung der Atmosphäre oberhalb der Gipfelhöhe der Ballone ( > 45 km, d.h. in der oberen Stratosphäre, Mesosphäre, Thermosphäre, und Exosphäre) eingesetzt wurden. Ihr Vorteil besteht in ihren großen möglichen Gipfelhöhe, wodurch sich mit anderen Methoden nicht erreichbare atmosphärische Regionen untersuchen lassen.
Weitere Informationen:
- Der Aufbau der Atmosphäre (DWD)
- Atmospheric Chemistry Instruments (The Earth Observation Handbook Rio+20)
- Atmospheric Temperature and Humidity Sounders (The Earth Observation Handbook Rio+20)
- Cloud Profile and Rain Radars (The Earth Observation Handbook Rio+20)
- Research Satellites for the Atmospheric Sciences (NASA Earth Observatory)
- A Clearer View of Hazy Skies - Remote Sensing Provides a Global Perspective on Pollution in the Atmosphere (NASA)
- Spione für atmosphärische Schadstoffe und Treibhausgase: neue Satelliteninstrumente ermöglichen globalen Blick (Thomas Wagner, MPI für Chemie Mainz)
- Atmosphärische Spurenstoffe und ihre Sondierung (Burrows, J. et al., CHIUZ 2007, 41, 170 – 191)
- The Remote Sensing of Tropospheric Composition from Space (Burrows, J. et al. ed.; freier Download)
- Globale Erkältung - Mesosphäre (Jan Hattenbach, FAZ)
- Parameter der Atmosphäre (ICDC)
- Globale Überwachung der Atmosphäre (GAW) (UBA)
- Orbiting Carbon Observatory-3 (NASA 2020)
- NASA, ESA and JAXA, Working Together to Monitor our Atmosphere (EO Dashboard)