in situ (-Erkundung, -Messung)
Lat. für am richtigen Platz, engl. in-situ measurement, franz. mesure sur le site; der Begriff bezieht sich hier auf die Gewinnung von Informationen über ein Objekt oder eine Erscheinung mit Hilfe eines Instrumentes, das im Gegensatz zur Fernerkundung in direktem physischem Kontakt oder in unmittelbarer Nähe zu dem untersuchten Objekt oder Gegenstand steht. Typische in-situ-Messverfahren sind Temperaturfühler, Bodensalinitätsmesser, Gaschromatographie, Massenspektroskopie, Makrophotographie, Nahphotogrammetrie. Gängige Begriffe sind auch 'Naherkundung' oder 'Proximalerkundungmessung'.
In situ Ceptometer zur Messung des Blattflächenindex (LAI) Quelle: |
Messung der Reflektanz des Blattflächenindex (LAI) mit einem Spektroradiometer Quelle: |
Ortsbestimmung mit einem Trimble GPS-Gerät Quellen: Jensen 2009; CCRS |
Atmosphärenforschung mit in situ-Technologien
In der (in situ-)Atmosphärenforschung wurden bislang fast alle zur Verfügung stehenden Luftfahrzeuge eingesetzt:
- Fesselballone (Gipfelhöhe 1000 m, Tragkraft einige 10 kg), mit denen man hervorragend länger andauernde meteorologische und luftchemische Untersuchung in der planetaren Grenzschicht durchführen kann.
- Drachen und Hängegleiter (v einige m/s, Gipfelhöhe einige 1000 m, Tragkraft einige kg), die u.a. schon für die störungsfreie Messung des aktinischen Strahlungsflusses als Funktion der Bewölkung und atmosphärischen Aerosolbelastung eingesetzt wurden.
- Luftschiffe (Zeppeline) (Flughöhe einige 1000 m, Tragkraft einige 1000 kg, Reichweite einige 1000 km), die erst seit jüngster Zeit der atmosphärischen Forschung zur Verfügung stehen. Ihr Vorteil besteht in ihrer variablen Geschwindigkeit wodurch Lagrange-Experimente möglich sind. Bei diesen Experimenten wird das Luftschiff genau mit der Windgeschwindigkeit der Umgebungsluft über Grund bewegt, sodass das Luftschiff stets von der gleichen Luftmasse umgeben wird.
- Flugzeuge (v einige 100 m/s, Gipfelhöhe < 21 km), die für eine Vielzahl an Forschungszielen eingesetzt werden. So dienen kleinere Flugzeuge zumeist der lokalen und regionalen Umweltüberwachung, aber auch für Untersuchungen zur mesoskaligen Dynamik, Wolkenbildung, Strahlungsbilanz, und Photochemie in der untersten Atmosphäre. Größere und leistungsstärkere Flugzeuge benützt man hingegen vor allem zur Untersuchung von Prozessen von regionaler und hemisphärischer Bedeutung, wie z. B. interkontinentaler und interhemisphärische Transport von Luftschadenstoffen, die Photochemie, Mikrophysik, und Transport des Ozons in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre oder die Bildung des Ozonloches. Große Flugzeuge besitzen zudem den Vorteil, dass man auf viele Messgeräte zurückgreifen und damit eine große Anzahl atmosphärischer Parameter gleichzeitig messen kann, was eine synergetische Interpretation der Messungen stark verbessert.
Eine besonders interessante Anwendung ist hierbei die Verwendung von regelmäßig verkehrenden Verkehrsflugzeugen. Dabei werden im Rahmen des Projektes CARIBIC (Civil Aircraft for the Regular Investigation of the atmosphere Based on an Instrument Container) in-situ-Messungen von luftchemisch und klimatisch relevanten atmosphärischen Spurenstoffen auf Linienflügen der Lufthansa vorgenommen.
Eine besondere Klasse von Forschungsflugzeugen stellen auch die russische GEOPHYSICA und die amerikanische ER-2 dar, die beide ehemals zu Spionagezwecken eingesetzt wurden. Beide Flugzeuge zeichnen sich durch ihre große Gipfelhöhe (< 21 km) aus, womit die sonst nur schwer erreichbare, aber photochemisch und klimatisch bedeutsame oberste Troposphäre und untere Stratosphäre (15 – 21 km) erreicht werden können. Diese Flugzeuge wurden u.a. sehr erfolgreich zur Untersuchung der chemischen und dynamischen Prozesse eingesetzt, die zur Bildung des stratosphärischen Ozonloches im antarktischen Frühjahr führen, oder auch für Untersuchungen der klimatisch wichtigen tropischen oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre. - Hochfliegende unbemannte Drohnen (Gipfelhöhe 22 km, Reichweite bis zu 25.000 km, v = 100 m/s, typ. Tragkraft < 500 kg), die von der NASA zur Erforschung der Dynamik und Photochemie der schwer erreichbaren subtropischen und tropischen Tropopausenregion und unteren Stratosphäre (15 – 22 km) in jüngster Zeit verwendet werden. Drohnen besitzen im Gegensatz zu den Höhenforschungsflugzeugen eine wesentlich größere Reichweite und Einsatzzeit, wodurch sich sehr entlegene Gebiete über dem Pazifik oder die Antarktis mühelos und gefahrlos erreichen und untersuchen lassen.
- Ballone: Kleine Ballone (Tragkraft einige kg, Gipfelhöhe bis 35 km) werden von vielen Wetterdiensten für die regelmäßige meteorologische Überwachung der unteren und mittleren Atmosphäre eingesetzt. Große Ballone (Gipfelhöhe bis 45 km, Reichweite bis zu 5 Erdumläufen, Tragkraft < 2 t, v einige 10 m/s) kommen hingegen häufig zur Erforschung der stratosphärischen Ozonschicht zum Einsatz.
- Raketen (Tragkraft < 1t, Gipfelhöhe einige 100 km, Flugdauer einige 10 Minuten), die bisher vor allem zur Untersuchung der Atmosphäre oberhalb der Gipfelhöhe der Ballone (> 45 km, d.h. in der oberen Stratosphäre, Mesosphäre, Thermosphäre, und Exosphäre) eingesetzt wurden. Ihr Vorteil besteht in ihren großen möglichen Gipfelhöhe, wodurch sich mit anderen Methoden nicht erreichbare atmosphärische Regionen untersuchen lassen.
Im Copernicus-Programm fallen alle nicht aus dem Weltraum gewonnenen Daten unter den Begriff „In-situ“-Daten. Sie werden von den einzelnen Mitgliedsstaaten erhoben und in einigen Fällen untereinander koordiniert. Für die Nutzung dieser Daten werden spezielle Lizenzen und Schnittstellen vereinbart. Die In-situ-Komponente wird im Auftrag der Europäischen Kommission durch die Europäische Umweltagentur (EEA) koordiniert.
In-situ-Daten für das Copernicus-Programm stammen von meteorologischen Sensoren, Wetterballonen, Seebojen und Flusspegelsonden, oder von Befliegungen mit Fernerkundungsinstrumenten. Auch digitale topographische Karten und Höhenmodelle, Orthophoto-Mosaike, Schutzgebietskataster, das Straßennetz sowie thematische Karten (Wald, Siedlungsstruktur, Gewässernetz etc.) und statistische Karten (Bevölkerungsverteilung etc.) werden zu den In-situ-Daten gerechnet.
Gemäß der europäischen INSPIRE-Richtlinie werden diese In-situ-Daten nach und nach mit der gemeinsamen europäischen Geodateninfrastruktur verknüpft.
In Deutschland kann man im Geoportal GDI-DE raumbezogene Daten (Geodaten) von Bund, Ländern und Kommunen suchen und nutzen. Eurostat und die EEA bieten zusätzliche, europaweite Daten kostenlos an. Beispiele hierfür sind die In-situ Datensätze des Digitalen Oberflächenmodells von Europa (EU-DEM) und des Projektes Lucas von Eurostat.
Zentrale Anlaufstelle für Informationen zu den Copernicus In-situ-Daten, den Nutzungsbestimmungen und den Zugangsmöglichkeiten ist die In-situ-Daten Website der Europäischen Kommission.