Lexikon der Fernerkundung

Fernerkundungsdaten

Geophysikalische Daten, die mit Hilfe von Satelliten (Satellitenbilder) oder Flugzeugen (Luftbilder), bzw. anderen Luftfahrzeugen über Objekte, Gebiete und Phänomene gewonnen und analysiert werden können, ohne dass ein direkter Kontakt mit den Messobjekten besteht. Sie resultieren im Satelliten i.d.R. als digitale Daten in Rasterform, während bis vor wenigen Jahren im Flugzeug noch oftmals das analog auf Filmmaterial aufgezeichnete Bild entstand und anschließend am Boden mittels Film- oder Photoscannern gescannt wurde. Fernerkundungsdaten enthalten vielfältige Informationen zum Beobachtungsobjekt. Die durch die Fernerkundung gewonnenen Primärdaten werden mit Hilfe von digitaler Bildverarbeitung und daraus entstehenden Sekundärdaten in ein- und mehrfarbige Bilder oder Landkarten umgewandelt, bzw. sind für die Analyse in Geographischen Informationssystemen (GIS) und Klimamodellen verwendbar. Seltener liegen Daten als Zahlenwerte in Tabellenform vor.

Fernerkundungsdaten können sowohl ausgemessen (Photogrammetrie) als auch interpretiert bzw. klassifiziert werden (Bildinterpretation, im engeren Sinne manchmal unter Fernerkundung verstanden) und ergeben dann Geoinformationen.

Fernerkundungstechnologie als ein System, bestehend aus folgenden Komponenten:
  • Elektromagnetische Strahlung (EMS): Sie ist der Informationsträger der Fernerkundung, nachdem sie von einer Strahlungsquelle kontinuierlich oder impulsartig ausgesendet und an unterschiedlichen Objekten spezifisch reflektiert wurde. Für die Fernerkundung relevant ist EMS im optischen Bereich (von ultravioletter Strahlung über sichtbares Licht bis zum Infrarotbereich), die mit optischen Geräten aufgenommen wird, und EMS im Mikrowellenbereich, die mit Radargeräten aufgenommen wird.
  • Beobachtungsobjekte: Bei der Erdfernerkundung sind das Objekte auf oder Bestandteile der Erdoberfläche (einschließlich der oberen Schichten des Erdbodens und der Meere sowie der Atmosphäre), die EMS emittieren oder zumindest teilweise reflektieren. Jedes Objekt reflektiert entsprechend seiner Materialzusammensetzung und seiner Oberflächenbeschaffenheit: Ein Blatt erscheint grün, weil die EMS des roten und teilweise auch des blauen Bereichs absorbiert und nur die des grünen Bereichs reflektiert wird.
    Die Wasseroberfläche glitzert, weil viele verschieden geneigte, kleine Einzelflächen die einfallende Sonnenstrahlung in unterschiedliche Richtungen reflektieren. Diese individuellen Reflexionseigenschaften von Objekten bezeichnet man auch als spektrale Signatur, die jedoch nicht immer gleich ist, sondern von vielfältigen Faktoren beeinflusst werden kann. Beispielsweise verändert sich die spektrale Signatur von Pflanzen im Lauf der Wachstumsperiode oder ziehen Veränderungen des Wassergehalts von Pflanzen und Böden Änderungen in der jeweiligen spektralen Signatur nach sich.
  • Satelliteninfrastruktur: Dazu zählen die Beobachtungsinstrumente/ Sensoren, welche die von den Objekten reflektierte oder emittierte Strahlung aufnehmen, Abbilder erzeugen bzw. Fernerkundungsdaten generieren, sowie deren Träger oder Plattformen (vorrangig Satelliten, aber auch Flugzeuge) einschließlich deren Platzierungs- und Steuerungseinheiten (Raketen, Startplätze, Kontrollzentren) sowie deren Datenübertragungssysteme.
  • Datenverarbeitung: Sie hat die Aufgabe, aus den übermittelten Fernerkundungsdaten von unterschiedlichen Objekten »sinnvolle« Informationen für spezifische Zielgruppen abzuleiten – heute teilweise auch als Informationsdienstleistungen bezeichnet. Dazu werden Fernerkundungsdaten regelmäßig mit Daten aus anderen Quellen verknüpft.

TAB-Arbeitsbericht Nr. 154 / November 2012

Eigenschaften von Fernerkundungsdaten

Fernerkundungsdaten weisen Eigenschaften auf, die keine andere Datenquelle in dieser Form liefern kann:

Zielgruppen

Fernerkundungsdaten sind insbesondere in den Geowissenschaften / Geographie von großer Bedeutung, da eine globale Beobachtung der Erdoberfläche/Atmosphäre in hoher räumlicher Auflösung nur mit Hilfe von Fernerkundungssensoren möglich ist. Neben dem synoptischen Überblick über große Räume ermöglichen satellitengestützte Fernerkundungssensoren zudem eine wiederholte (zum Teil tägliche) Abdeckung ein und desselben Gebietes.

Die grob auflösenden, aber global aufgezeichneten Daten werden vorwiegend für wetter- und klimarelevante Untersuchungen verwendet (Wetterbeobachtung, Strahlungshaushalt der Erde, Meereisbedeckung, Oberflächentemperatur), die hochauflösenden Daten hingegen zur topographischen und thematischen Kartierung (Bildkarten, Landnutzung, Vegetation, mineralogische Prospektion) sowie als Planungsgrundlage.

Auf Grund der hohen Wiederholrate eignen sich die Daten aus dem Weltraum aber vor allem für die Dokumentation dynamischer Vorgänge, vor allem beim Umwelt-Monitoring (Desertifikation, Waldvernichtung, Klimazonenverschiebung).

Einschränkungen und Problemfelder

Im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Fernerkundungsdaten bestehen auch einige Einschränkungen und Problemfelder:

Hinsichtlich der Nutzer sind zunächst die Wissenschaftler an Universitäten und Forschungszentren zu nennen, die sich mit der Erforschung und Weiterentwicklung der Auswertetechniken und der Erschließung neuer Anwendungen befassen. Sie verwenden bevorzugt die Rohdaten bzw. die systemkorrigierten Daten. Die zweite Gruppe setzt sich aus behördlichen und industriellen Nutzern zusammen, die für die jeweilige praktische Anwendung vorverarbeitete Daten benötigen, bei denen die Bilder z.B. radiometrisch kalibriert und auf eine Kartenprojektion entzerrt wurden.

Die automationsgestützte Auswertung von Fernerkundungsdaten hat Vorteile gegenüber manuellen Verfahren. So sind die Auswertungen nachvollziehbar und wiederholbar. Dadurch können sie jederzeit kontrolliert werden, da festgelegte Regeln benutzt werden. Die Erhebungsmethoden lassen sich auf andere Daten übertragen. So können sie auch für Bilddaten anderer Gebiete genutzt werden, wodurch räumlich vergleichbare Ergebnis entstehen. Ferner können die Methoden auch auf Daten desselben Gebietes angewendet werden, die zu anderen Zeitpunkte aufgenommen werden, und somit zeitlich vergleichbare Ergebnisse entstehen.

Ein aktueller Standard PC ist vollkommen ausreichend. Da die Bilddaten in Rasterform vorliegen ist mehr Speicher von Vorteil. Wesentlich ist aber eine Bildauswerte-Software, die es sowohl erlaubt, Bilder unterschiedlicher Formate in beliebiger Kanalkombination einzulesen, die aber auch Module zur radiometrischen Veränderung (z.B. Kontrastoptimierung), Filterung (Hoch-, Tiefpassfilter), Bildarithmetik (Subtraktion, Maskierung) und Klassifizierung (Clustering) enthält. Solche Programme werden als abgespeckte public domain-Software (MULTISPEC, ENVI-FREE), preiswerte oder kostenlose Software für den Bildungsbereich (Duttke, LeoWorks, IDRISI) sowie als professionelle Programm-Pakete (ERDAS, ARC-INFO) angeboten.

Weitere Informationen:


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