Lexikon der Fernerkundung

Umweltmonitoring und Fernerkundung

Umweltmonitoring erfährt im internationalen, wie auch im nationalen Maßstab eine zunehmende Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund des Globalen Wandels. Öffentliche Aufgaben und Verpflichtungen bzgl. des Umweltmonitorings, insbesondere durch neue Entwicklungen im Umweltrecht wie zum Beispiel dem Kyoto-Protokoll, der Wasserrahmenrichtlinie und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der EU sowie im Erdbeobachtungsprogramm (GEOSS) beträchtlich an Aktualität gewonnen.

Als Ergänzung konventioneller Beobachtungsmethoden werden bodengestützte, wie auch flugzeug- und satellitenbasierte Fernerkundungsverfahren verstärkt eingesetzt. Gerade satellitengestützte Fernerkundungsdaten (SFE-Daten) bieten in den Bereichen Umweltbeobachtung sowie Umweltanalyse wertvolle Informationen, sie stehen zeitnah zur Verfügung und decken auch solche Gebiete ab, die mit herkömmlichen Methoden bisher nur unvollständig erfasst werden konnten. Sie können sowohl zur Risikovorsorge als auch zum Katastrophenmanagement genutzt werden. Aus langfristigen Beobachtungsreihen lassen sich Veränderungen ablesen und Prognosen erstellen.

SFE-Daten können zur Unterstützung zahlreicher Politikfelder eingesetzt werden. Im Bereich Klimaschutz und Schutz der Erdatmosphäre, beim Meeresschutz ebenso wie bei der Hochwasserprognose, bei der Analyse von Veränderungen der Landbedeckung und Landnutzung lassen sich aus SFE-Daten wesentliche Erkenntnisse ableiten. Auch das Monitoring internationaler Konventionen wie zum Beispiel CO2-Senken im Rahmen des Kyoto-Protokolls kann durch SFE-Daten effizient unterstützt werden.

Historische Entwicklung

Bei historischer Betrachtung dieses Anwendungsbereiches der Fernerkundung ist festzuhalten, dass die Beobachtung von Veränderungen der Landoberfläche, vor allem aber der Vegetation und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung seit Anfang der 1970er Jahre im Fokus stand. Lieferten die bis dahin aktiven Wettersatelliten Bilder mit einer täglichen Abdeckung gesamter Kontinente in grober geometrischer Auflösung, begann mit dem Start des Earth Resources Technology Satellite (später umbenannt in Landsat-1) im Jahre 1972 die Ära der Kartierung der Umwelt und ihrer Ressourcen. Der Multispectral Scanner (MSS) auf der frühen Serie der Landsat-Satelliten lieferte eine Bodenauflösung von 80 m in vier Spektralkanälen. Zehn Jahre später wurde dieser auf Landsat-4, danach auch auf Landsat-5 durch den Thematic MapperTM mit einer Bodenauflösung von 30 m in 6 Spektralkanälen (plus einem Thermalkanal mit 120 m Auflösung) ergänzt. Ab 1999 folgte die verbesserte Version Enhanced Thematic Mapper Plus (ETM+) auf Landsat-7. Landsat-8 (ab 2013) erhielt neuartige Instrumente (OLI und TIRS). Der im September 2021 gestartete Landsat 9 führt leicht verbesserte Instrumente gegenüber der Vorversion mit. Aber die Daten der verschieden alten Systeme sind kompatibel, was der Erfassung von Veränderungen zugute kommt.

Russische Systeme und später vor allem das französische SPOT-Programm ergänzten die Möglichkeit, in hoher geometrischer und multispektraler Auflösung regelmäßig große Teile der Erdoberfläche aus dem Weltraum zu betrachten. Ende der 1990er Jahre kamen indische, chinesische und zunehmend auch auf kommerzieller Basis betriebene Satellitensystem zu dieser Beobachtungsflotte. Zu letzteren gehört das deutsch-kanadische RapidEye-System mit fünf Satelliten, welches mit einer geometrischen Auflösung von 6,5 m seit 2008 aktiv ist. In der Nachfolge sorgen die Landsat Data Continuity Mission (Landsat-8) und die europäischen Sentinel-2-Satelliten für eine regelmäßige Abdeckung der Erdoberfläche.

Lake George (Uganda) - ein Zentrum biologischer Vielfalt

Das folgende Bild des Sentinel-2 aus 2018 zeigt den Georgsee im Westen Ugandas. 1988 wurde der Georgsee aufgrund seiner Bedeutung als Zentrum für die biologische Vielfalt als erstes Ramsar-Gebiet in Uganda ausgewiesen. Der See bedeckt eine Fläche von etwa 250 km² und hat eine durchschnittliche Tiefe von etwa 2,4 m. Er wird von einem komplexen System von Flüssen und Bächen gespeist, die aus dem Ruwenzori-Gebirge entspringen und ein System permanenter Sümpfe um den See herum bilden.

In der Bildmitte ist ein hellgrüner Saum aus Feuchtgebietsgras am Rand des Sees zu erkennen. Die Feuchtgebiete bieten einen natürlichen Lebensraum für eine Reihe von Groß-Säugern, außerdem für über 150 Vogelarten.

Von oben betrachtet erscheint das Wasser des Georgsees aufgrund der dichten Konzentration von Blaualgen grün. Die Verschmutzung des Sees durch Metalle, das Ausfließen von Bergwerkswasser und der Abfluss von Agrarflächen haben das Wasser des Sees stark verschmutzt und beeinträchtigen seine Gesundheit erheblich.

Der Georgsee besitzt im Kazinga-Kanal in der Mitte des Bildes einen natürlichen Abfluss. Der breite, 32 km lange Kanal verbindet ihn mit dem Edwardsee, der an der Grenze zwischen Uganda und der DR Kongo liegt. Der Kazinga-Kanal fließt durch den fast 2000 km² großen Queen-Elizabeth-Nationalpark, für seine Tierwelt bekannt ist. Der Park ist auch für seine vulkanischen Besonderheiten bekannt, einschließlich der Vulkankegel und tiefen Krater, die auf dem Bild gestrichelt zu sehen sind. Viele enthalten Kraterseen, darunter der Katwe-Kratersee, dessen Salzablagerungen seit Jahrhunderten abgebaut werden.

Die hohe Wiederholrate des Sentinel-2 über demselben Gebiet und die hohe räumliche Auflösung ermöglichen eine genaue Beobachtung der Veränderungen in den Binnengewässern.

Lake George, Uganda Lake George - Uganda Quelle: ESA

Monitoring von Pinguinkolonien in der Antarktis mit Hilfe der Fernerkundung

Pinguine sind ein zentrales Element im Ökosystem der Antarktis und des Südozeans. Sowohl als Prädator als auch als Nahrungsquelle für andere Tiere werden sie direkt von Umweltveränderungen beeinflusst. Die in einer Vielzahl von Kolonien beobachteten Bestandsveränderungen werden gegenwärtig dem Klimawandel und der marinen Fischerei zugeschrieben. Gleichzeitig sind Pinguine die einzige Organismengruppe der Antarktis, die mit Hilfe von Satelliten sicher beobachtbar ist.

In einer Studie des Umweltbundesamtes wurde untersucht, welche neuen Technologien sich für die Detektion antarktischer Pinguine eignen. Dies betrifft insbesondere neue Satellitenplattformen (z.B. Sentinel-2, SkySat), aber auch Drohnen (Multikopter, Starrflügler). Neue Verfahren der Klassifizierung von Fernerkundungsdaten werden entwickelt und getestet (GEOBIA, MPRM, Deep Learning), um eine höhere Ergebnisqualität und einen höheren Automatisierungs- und Operationalisierungsgrad zu erreichen. Ein Verfahren zur Bestimmung von Pinguinbrutpaarzahlen aus Drohnenaufnahmen konnte entwickelt werden, während die sichere Unterscheidung der Arten der Gattung Pygoscelis in Satellitenbildern noch immer nicht möglich ist.

Biomasse-Abschätzungen

Seit Beginn der Verfügbarkeit der Landsats gehören Abschätzungen der Biomasse zu den Anwendungen, sowohl der natürlichen Vegetation als auch im landwirtschaftlichen Bereich. Die Artenvielfalt der Vegetation, offenliegende Boden- und Gesteinsarten sowie die Landnahme durch den Menschen sind weitere Zielobjekte der Fernerkundung. Untersuchungen von Landnutzungsänderungen bilden heute unter anderm das Rückgrat für den Nachweis globaler Veränderungen.

Da diese Daten seit Anfang der 1970er Jahre zur Verfügung stehen - zumeist sehr kostengünstig oder sogar gratis (Landsat Data Access) - bilden diese mittlerweile die Grundlage vieler nationaler und internationaler Umweltkartierungsprogramme. Beispielsweise nutzt die Europäische Kommission in ihrem Programm CORINE solche Daten zur regelmäßigen Erfassung der Landnutzung in Europa, derzeit im 5-Jahres-Turnus.

Die Agenturen der Vereinten Nationen setzen solche Daten ein, um gezielt Maßnahmen zur Entwicklungshilfe sowie zur globalen Steuerung der Landnahme durch den Menschen zu beobachten. Der Schwund der Wälder, aber auch deren Wiederaufforstung, steht dabei im Blickpunkt der Diskussion um das Management des globalen Kohlendioxid-Haushalts.

Neue Entwicklungen

Die Anforderungen an die Kartierung der Landoberfläche sind seit der Verfügbarkeit von Satellitendaten gestiegen. Für die detaillierte Erfassung kleinräumiger Veränderungen in landwirtschaftlichen Gebieten oder bei der Ausbreitung urbaner Räume ist eine höhere geometrische Auflösung nötig. Um allerdings noch genauer die Arten der Vegetation und ihren Zustand sowie geologische Strukturen erfassen zu können, bedarf es einer besseren spektralen Auflösung. Neben den multispektralen Messinstrumenten mit bis zu 12 Kanälen werden deshalb in Zukunft hyperspektrale Sensoren mit über 200 Spektralkanälen erforderlich. Der deutsche Satellit EnMAP wird ab 2020 diesen Bedarf abdecken. EnMAP trägt abbildende Spektrometer, welche die Erdoberfläche in kontinuierlichen Spektren aus 250 schmalen Kanälen abbilden. Damit können quantitative, diagnostische Informationen über Vegetation, Landnutzung, Gesteinsoberflächen und Gewässer gewonnen werden. Die Daten geben Auskunft über die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine, die Schädigung von Pflanzen durch Luftschadstoffe oder den Grad der Bodenverschmutzung.

Weitere Informationen:


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