Lexikon der Fernerkundung

Landwirtschaft und Fernerkundung

Ausgangssituation

Die moderne Landwirtschaft befindet sich in einem stetigen Spannungsfeld vieler verschiedener Faktoren: eine steigende Lebensmittelproduktion und -produktivität, instabile Lebensmittelpreise, die Wechselwirkung der Nachfrage nach Lebensmitteln, Kraftstoffen und Futtermitteln, ein stetig steigender Bedarf, die zunehmende Anzahl an großen Agrarkonzernen, die Propagierung des ökologischen Landbaus und die zunehmende „Jagd“ nach Agrarland (im Extrem das land grabbing), der Klimawandel, der Schutz der Biodiversität und die Wasserknappheit sind nur einige der Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Für die neue Ära der Landwirtschaft gewinnen neue Technologien wie z.B. der Einsatz von Geoinformationsdaten immer mehr an Bedeutung, um einen sparsamen und gleichzeitig ertragreichen und verantwortungsbewussten Anbau von Nutzpflanzen zu gewährleisten. Dies gilt sowohl für die großen Agrargebiete der Welt als auch für neue und schnell wachsende Anbauflächen.

Landwirtschaftliche Aktivitäten haben fast schon "definitionsbedingt" einen konkreten Raumbezug. Landwirtschaft wird unmittelbar im Raum wirksam, ist der unmittelbare Formgeber unserer Umwelt. Nicht zuletzt aus der letztgenannten landschaftsökologischen Schlüsselfunktion steigen die Anforderungen an eine zeitgemäße Landwirtschaft, sind neue Wege notwendig, mit diesen Anforderungen Schritt halten zu können. Zusätzlich ist eine weiter zunehmende unternehmerische Ausrichtung der Landwirtschaft notwendig, um ein langfristiges Überleben des jeweiligen Betriebes sicherzustellen.

Die Märkte sind heutzutage zunehmend unbeständig, komplex und verändern sich schneller als jemals zuvor. Hochwertige Agrarinformationen von Geodaten-Anbietern sowie Branchenkenntnisse vor Ort oder über ganze Agrargebiete kommen der gesamten Wertschöpfungskette zugute: den Produzenten, lebensmittelverarbeitenden Unternehmen, Handelshäusern, Rohstoffbörsen, landwirtschaftliche Beraterfirmen, Hedgefonds und Investoren, Finanz- und Investmentdienstleistern für Agrarrohstoffe sowie Rückversicherungsunternehmen, jedoch auch institutionellen Einrichtungen, multilateralen Banken, Ideenschmieden und Nichtregierungsorganisationen. Nicht zuletzt profitieren auch die Agrarforschung und Umweltinstitutionen und -organisationen bei ihrer Arbeit.

Abhängigkeit von Umweltfaktoren

Die Landwirtschaft gilt als Wirtschaftszweig, der dem Einfluss von Umweltfaktoren in besonderem Maße ausgesetzt ist. Zur Stabilisierung von Ergebnis und Qualität der landwirtschaftlichen Produktion muss der Landwirt, die durch ihn beeinflussbaren Umweltfaktoren weitestgehend optimieren. Dazu bedarf es einerseits des lokalen und regionalen Wissens des Landwirtes selbst und andererseits zunehmend Informationen, die über das "einfache" Ableiten empirischer Entscheidungs- und Handlungsrichtlinien hinausgehen. Insbesondere letzterem Aspekt wird mit der Einführung des Teilschlagmanagements (Precision Farming) in die Landwirtschaft Rechnung getragen.

Da aber nur selten flächendeckend aktuelle Daten verfügbar sind, muss entweder auf historische bzw. veraltete Daten zurückgegriffen werden (z.B. Reichsbodenschätzung in Deutschland) oder es stehen keine Daten zur Verfügung. Dieses Problem kann nicht ausschließlich auf Grundlage konventioneller Erhebungsstrategien gelöst werden. Hier ist, neben anderen Informationsquellen, insbesondere die durch GPS ortspräzise Fernerkundung in Kombination mit GIS von besonderer Bedeutung.

Große Teile des weltweiten Agrarsystems stellt hohe Ansprüche an die Fernerkundung hinsichtlich der Datenqualität und -verfügbarkeit. Dabei unterscheiden sich die Anforderungen des öffentlichen Bedarfs und der landwirtschaftlichen Praxis erheblich.

Akteure im Agribusiness benötigen zuverlässige Prognosen der Nutzpflanzenproduktion, um auf den Märkten für Agrarrohstoffe vorausschauend handeln zu können. Zu diesem Zweck kooperieren Dienstleister aus unterschiedlichen Sektoren, um geeignete Datenprodukte bereit zu stellen.

Wichtige fernerkundungsbasierte Produkte für die Landwirtschaft
Agrarmeteorologische Parameter (z.B. Boden- und Lufttemperatur)
Bodenparameter (z.B. Bodenheterogenität, Bodenerosionsgefährdung)
Vegetationsparameter (z.B. Blattflächenindex, Interzeptionsspeicher, Vegetationsentwicklung, Ernährungszustand)
Vorhersage von Schädlingsbefall und Schadenserhebung (z.B. Heuschrecken)
Technologische Informationen (z.B. Bearbeitungsoptimierung)
Analyse der allgemeinen Wachstumsbedingungen und Bepflanzungsmuster der weltweiten Agrarräume

Während das erste Luftbild überhaupt bereits 1858 von einem Ballon aus gemacht wurde, scheint der erste belegte Einsatz von Fernerkundung in der Landwirtschaft aus dem Jahr 1927 zu stammen, als in den USA Luftbilder benutzt wurden, um gesunde Baumwollpflanzen von Pflanzen zu unterscheiden, die an Wurzelfäule eingegangen waren. Die Auswertung von Satellitenbildern im Hinblick auf Kulturpflanzen begann 1978 mit Landsat-Aufnahmen. Inzwischen ist der Einsatz von Satelliten- und Luftbildern durch Regierungen und durch die Agrarindustrie i.w.S. zur Vorhersage von Ernteergebnissen, zur Schadensabschätzung durch Naturkatastrophen und für andere Informationen über das Wachstum von Nutzpflanzen verbreitete Praxis. Allerdings gibt es noch zu wenige Studien, die den Nutzen des Einsatzes von Fernerkundung auf Betriebsebene belegen.

Die für die Landwirtschaft bereitgestellten Informationsprodukte aus der Fernerkundung, bedarfsgerecht aufbereitet auf Schlagebene müssen zudem unter Hinzuziehung von Zusatzinformationen und Modellen zu komplexen Entscheidungsgrundlagen zusammengefasst werden. Dazu bedarf es der Ableitung geeigneter Parameter und deren hochgenaue räumliche Zuordnung. Während der Vegetationsperiode muss eine zeitliche Verfügbarkeit der Information im Bereich von 3 Tagen gewährleistet werden.

Im folgenden Bildbeispiel aus dem Jahr 2012 ist die Relevanz von Fernerkundung für die niederschlagsabhängige Landwirtschaft nachvollziehbar. In den ersten Monaten des Jahres 2012 hatte sich der europaweite Trend von unterdurchschnittlichem Niederschlag fortgesetzt. Die SMOS-Wassermission der ESA enthüllte die negativen Konsequenzen dieser Periode 'guten' Wetters.

Die Wasserversorger insbesondere in Spanien, Frankreich, Deutschland und im UK verfolgten 2012 den Niederschlagsmangel mit Sorge. Sie sahen die Ernten bedroht verbunden mit der Gefahr erhöhter Nahrungsmittelpreise. Gleichzeitig wurde eine Trinkwasser- oder Brauchwasserknappheit für die Industrie befürchtet. Die Binnenschifffahrt war durch geringe Pegelstände (Rhein, Elbe) bedroht mit entsprechenden Auswirkungen auf die Industrie. In Bayern brachen im Herbst 2011 trockenheitsbedingte Waldbrände aus.

In wissenschaftlicher Sicht sind die SMOS-Informationen besonders für ein besseres Verständnis des Wasserkreislaufs und der Austauschprozesse zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre von Bedeutung. Die SMOS-Messungen haben eine räumliche Auflösung von 50 km, wobei für manche Anwendungen eine höhere Auflösung wünschenswert wäre. Durch die Kombination von SMOS-Daten mit hoch aufgelösten Daten zu Vegetation und Landoberflächentemperatur können Bodenfeuchte-Karten mit einer Auflösung von 1 km erzeugt werden. Die Informationen können einen wichtigen Beitrag für Entscheidungen in der landwirtschaftlichen Planung leisten.
Kombiniert man die Bodenfeuchtedaten mit anderen, aus Satellitendaten abgeleiteten Informationen, wie Vorhersagen von Lufttemperatur und Windstärke, können Gebiete mit einem erhöhten Feuerrisiko ausgemacht werden.

SoilMoisture_2011-2012_Animation Europas trockene Böden vom Weltraum aus gesehen (Animation)

SMOS registriert die von der Erde emittierte Mikrowellenstrahlung um die Menge der in den oberen 5 cm des Bodens vorhandenen Feuchtigkeit zu berechnen.

Die SMOS-Daten der Animation links zeigen der Unterschied der Bodenfeuchte zwischen Februar 2011 und 2012 in Europa. Ein geringer Bodenwassergehalt ist besonders deutlich in Spanien, Frankreich und im Vereinigten Königreich.

Quelle: ESA

Beispiel: Fremdlingsflüsse

Die folgende Aufnahme belegt die Bedeutung von Fremdlingsflüssen für die Landwirtschaft in ariden Gebieten. Obwohl er nur einen Bruchteil der Wassermengen führt, die den Amazonas, den Kongo oder den Niger hinabfließen, ist der Nil der längste Fluss der Welt (6.852 km). Seine beiden wichtigsten Quellflüsse, der Weiße Nil (links) und der Blaue Nil (rechts), treffen in Khartum (Sudan) zusammen, einer regenarmen Stadt mit nahezu 2 Mio. Einwohnern zusammen. Die Region ist völlig vom Nilwasser für Bewässerungszwecke abhängig. Gut bewässerte Feldfrüchte ziehen sich an den Ufern entlang, und ein Flickenteppich aus Feldern, einschließlich solchen mit Karusselbewässerung finden sich in den Außenbezirken der Stadt.

Während die Menschen stromaufwärts überwiegend tropischen Regenfeldbau betreiben, sind die Menschen in Sudan und Ägypten auf Bewässerungsfeldbau durch Wasserentnahme aus dem Nil angewiesen. Dies sind ca. 120 Mio. Menschen.

Der Sensor Advanced Land Imager (ALI) auf dem NASA-Satelliten EO-1 nahm dieses Bild in naturnahen Farben am 26.4.2013 auf. Zu dieser Zeit nähert sich hier das Ende der Trockenzeit. Verglichen mit dem Weißen Nil ist der Blaue Nil zu dieser Zeit schmal, und seine saisonal stark schwankenden Wassermassen befinden sich auf dem jährlichen Tiefstand. Ausgeprägte Trockenzeiten und Dürren können den Blauen Nil zeitweise vollkommen austrocknen.

Die unterschiedlichen Farben erhalten die beiden Quellflüsse von den verschiedenen Sedimenten, die sie mitführen. Von seiner Herkunft aus einer äquatorialen Seenregion führt der Weiße Nil leichte graue Sedimente mit. Beim mäandrierenden Durchqueren flacher Gebiete verliert der Weiße Nil über die Hälfte seines Wassers durch Verdunstung aber auch Teile seiner Sedimentfracht.

Der kürzere, insgesamt deutlich wasser- und sedimentreichere Blaue Nil entspringt in den Hochländern von Äthiopien und Eritrea, von wo er seine dunklen Sedimente nach Khartoum transportiert. Er wird von starken Monsunniederschlägen gespeist und er kann bei besonders starken Niederschlägen gegenüber dem Weißen Nil so mächtig sein, dass er beim Zusammenfluss stromauf in dessen Flussbett eindringt.

Two Niles Meet khartoum_ali_2013116

References:

Quelle: NASA

Landwirtschaftliches Umweltmonitoring

Die neuen europäischen Satelliten Sentinel-1 und Sentinel-2 bieten neue Möglichkeiten für die landwirtschaftliche Umweltbeobachtung. Zeitliche Verläufe wie zum Beispiel die phänologischen Entwicklungen, Aussaat- und Erntetermine können schlaggenau bestimmt werden. Diese Informationen lassen sich mit Witterungsdaten kombinieren und erlauben die schnelle Interpretation und Dokumentation von Anomalien und Schäden, die zum Beispiel durch extreme Witterungserscheinungen (z.B. Kahlfrost, Überschwemmungen, Verzögerungen bei der Ernte, etc.) hervorgerufen werden.

Zumindest in vielen Industrieländern ist Landwirtschaft nicht mehr auf ihre Funktion als Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse reduziert. Vielmehr ist der heutige Zustand der Landschaft insgesamt ganz wesentlich das Ergebnis landwirtschaftlicher Bewirtschaftung durch den Menschen. Da der überwiegende Teil der Kulturlandschaft landwirtschaftlich genutzt wird, tragen die Landwirte in hohem Maße Verantwortung für das Landschaftsbild. Sie beeinflussen infolge ihrer flächenhaften Bewirtschaftung ganz wesentlich die Lebensräume vieler wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Insofern hat die Landwirtschaft auch immer eine landschaftspflegende Funktion. Dieser Gesichtpunkt gewinnt aber zunehmend im Rahmen von nationalen und internationalen Richtlinien (z.B. EU-Wasserrahmenrichtlinie) an Bedeutung.

Ein prägnantes Beispiel für die Umgestaltung einer Kulturlandschaft durch intensivste Agrarnutzung bietet die folgende Aufnahme des Copernicus-Satelliten Sentinel-2 aus der Poniente Almeriense in Südspanien.

Almeria Das Plastikmeer in der Poniente Almeriense

In den 1970er Jahren war das Gebiet Poniente Almeriense in der Provinz Almería noch ein kleines, ländliches Gebiet in Südspanien. In 40 Jahren wurde eine Fläche von rund 20.000 Hektar in ein riesiges Gewächshaus aus Plastikmaterialien verwandelt, in dem Millionen Tonnen Gemüse für den Export nach Europa und in die übrige Welt produziert wurden.

Die Anzahl und das Volumen der Gewächshäuser sind so hoch, dass sie vom Weltraum aus gut sichtbar sind, was dem Gebiet den Beinamen "Mar de plástico" eingebracht hat.

Dieses Bild, das von einem der Copernicus-Satelliten Sentinel-2 am 27. Juni 2020 aufgenommen wurde, zeigt das Plastikmeer, das El Ejido, eine kleine Stadt im Südosten Almerías, umgibt.

Mit ihren 13 Spektralbändern können die Satelliten Sentinel-2 Bilder mit Wellenlängen sowohl aus dem sichtbaren als auch aus dem thermischen Infrarotspektrum (das für das menschliche Auge nicht sichtbar ist) mit einer hohen räumlichen Auflösung von 10 bis 60 Metern aufnehmen. Dank dieser Fähigkeiten eignen sich die Copernicus-Satelliten Sentinel-2 für die Kartierung und Überwachung der sich ständig verändernden Oberfläche unseres Planeten.

Quelle: EU Copernicus Sentinel-2 imagery 

Agraradministrative Nutzung von Fernerkundung

Die AGENDA 2000 ist die bisher weitreichendste Reform der Agrarpolitik in der EU. Sie verfolgt eine stärkere Markt- und Umweltorientierung der Landwirtschaft, um gleichzeitig eine strengere gesamtwirtschaftliche Haushaltsdisziplin durchzusetzen. Damit wird einer regional orientierten und bedarfsgerechten Information und Beratung der Landwirtschaft in absehbarer Zeit eine entscheidende Rolle beigemessen.

Zur Durchsetzung dieses Konzeptes ist ein flächendeckendes Monitoring zur Zustandserfassung und Vorhersage von Nutzungskonkurrenz zwischen Naturschutz sowie Landwirtschaft erforderlich. Eine derartige Optimierung würde zu einer modellgeführten Entscheidungshilfe für die Land- und Forstwirtschaft sowie den Natur- und Landschaftsschutz führen. Die ökologische und ökonomische Optimierung der Landwirtschaft ist eine Antwort auf die zunehmende Strukturverarmung, die offensichtliche Bevölkerungsabwanderung und den zu verzeichnenden Verlust an regionaler Identität und Attraktivität des ländlichen Raumes. Bei der Beschaffung der erforderlichen Datengrundlagen für die Entwicklung einer ressourcen- und umweltschonenden sowie den Bedürfnissen des Endverbrauchers modifizierten Landwirtschaft kann die Fernerkundung einen wesentlichen Beitrag leisten.

Die Einführung eines Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS) wurde bereits im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Jahre 1992 beschlossen. InVeKoS ist ein wesentliches Kontrollinstrument für die Agrarausgaben der EU.

Das später eingefügte, und seit 2005 gültige Reformelement Cross Compliance verknüpft die volle Gewährung von Direktzahlungen an die Einhaltung bestimmter Vorschriften. Das zielt insbesondere auf die Einhaltung von insgesamt 19 EG-Verordnungen bzw. -Richtlinien (Grundwasserschutz, Nitrat, Klärschlamm, Düngemittelrecht, FFH, Vogelschutz usw.) sowie auf Vorschriften zur Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand. Letzteres betrifft konkret Regelungen zur Erosionsminderung und zur Mindestinstandhaltung von Flächen. Bei Nichteinhaltung der Regelungen werden die Zuwendungen entsprechend der Schwere der Zuwiderhandlung gekürzt. Die begleitende Maßnahme MARS (Monitoring Agriculture with Remote Sensing techniques) konzentriert sich auf die Umsetzung und Kontrolle von flächenbasierten Beihilfen für die Landwirte mit besonderem Schwerpunkt auf der effizienten Nutzung von Geomatiktechniken (Luft- oder Satellitenorthobilder, GIS, GPS). Im Rahmen von MARS werden auch regelmäßig Bulletins zu Erntevorhersagen veröffentlicht (Bspl. Mars Bulletin Vol. 20 No. 06 Crop Monitoring in Europe - 25 June 2012).

mars

MARS

Bei der Überwachung der landwirtschaftlichen Ressourcen durch den Monitoring-Dienst der EU-Kommission MARS wird eine Reihe von Datenquellen genutzt, darunter meteorologische Daten und Vorhersagen, vorhandene Karten und Statistiken, Positionsinformationen und Fernerkundungsdaten (von Satelliten und Luftfahrzeugen). Im Rahmen der letzteren hat die Arbeit zur Überwachung landwirtschaftlicher Ressourcen erfolgreich operationelle Techniken im Zusammenhang mit der Erdbeobachtung entwickelt.

Die Überwachungsaktivitäten stützen sich auf Fachwissen in den Bereichen Erntevorhersagen, Agrarmeteorologie, Stichprobenverfahren, georäumliche Umweltanalyse, Ökonometrie und Nutzung europäischer und globaler Dateninfrastrukturen.

Quelle: European Commission - JRC

Die Monitoring Agricultural ResourceS (MARS) Unit wurde am 15. Juli 2007 gegründet. Unter Beibehaltung des Akronyms und mit zusätzlichen Aufgaben und Technologien versehen geht die Arbeitsgruppe aber auf eine 20 Jahre ältere Einheit zurück: Im Jahr 1988 begann das Projekt Monitoring of Agriculture with Remote Sensing (MARS) und war ursprünglich dazu vorgesehen, die aufkommende Raumfahrttechnologie zu nutzen, um unabhängige und zeitnahe Informationen über Ackerflächen und Erträge zu liefern.

Aufgrund von Nutzeranforderungen hat die Arbeitsgruppe seit 1993 zu einer effektiveren und effizienteren Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik durch die Bereitstellung einer größeren Vielfalt an technischer Unterstützung für die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und die Verwaltung in den Mitgliedstaaten beigetragen.

Seit dem Jahr 2000 wird die Expertise bzgl. Nutzpflanzenerträgen auch außerhalb der EU angewandt. Es wurden Dienste entwickelt, um die Hilfs- und Unterstützungspolitik der EU zu unterstützen und die Fähigkeit der Europäer zum weltweiten Landwirtschafts-Monitoring sowie zur Beurteilung der Nahrungsmittel-Sicherheit aufzubauen.

Die EU-Mitgliedstaaten müssen Subventionen, die den Bauern bezahlt werden, kontrollieren, um Unregelmäßigkeiten (zu hohe Anträge oder doppelt gestellte Anträge) zu verhindern. Die Mitgliedstaaten müssen auch sicherstellen, dass die Landwirte bestimmten Standards bezüglich öffentlicher und Pflanzen- und Tiergesundheit, dem Wohlergehen der Tiere und bzgl. der Umwelt entsprechen, und dass sie ihr Land nach guter landwirtschaftlicher Praxis und umweltgerecht bewirtschaften (sog. cross compliance). Daher müssen die Mitgliedstaaten ein System zur Verfügung haben, um die eindeutige Identifikation ihrer Landwirte und aller ihrer Parzellen (Land Parcel Identification System, LPIS) sowie ihrer Tiere sicherzustellen.

Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Subventionszahlungen wird mit Überprüfungen durch die Agrarverwaltung durchgeführt, und Vor-Ort-Kontrollen werden bei mindestens 5 % der gesamten Anzahl der Landwirte durchgeführt, die Direktzahlungen beanspruchen.

Bisher spielen Luftbilder bei der Erfassung der Flächennutzung eine große Rolle, zukünftig werden die Sentinel-2 Satelliten eine wichtige Ergänzung darstellen, besonders wegen der hohen Wiederholraten. Mit der ab 2014 gültigen Reform der GAP entstand ein neuer Bedarf an Flächeninformationen über Zwischenfruchtanbau, Grünlanderhalt und ökologische Vorrangflächen, die nur mit zeitlich hochauflösenden Satellitensystemen gewonnen werden können. Die Copernicus Satelliten werden hier wertvolle Dienste leisten können.

Durch die Einführung einer Ökologisierungskomponente in die GAP (sog. Greening) sollen Landwirte zukünftig 5 % ihrer Flächen als ökologische Vorrangfläche ausweisen, um die volle landwirtschaftliche Förderung zu erhalten. Die Satelliten des Copernicus Programms können die Auswahl geeigneter Flächen unterstützen; sinnvollerweise wird man Standorte mit geringem Ertragspotenzial aus der Produktion nehmen. Durch die Kombination von Zusatzdaten (Geländemodellen und Bodendaten) können geeignete Vorrangflächen identifiziert und den Landwirten vorgeschlagen werden.

Über den Einsatz von Fernerkundung innerhalb einer deutschen Landwirtschaftsverwaltung (Bspl. Baden-Württemberg) gibt der folgende Link Auskunft (pers. Mitteilung).

Fernerkundung im Rahmen der Cross Compliance
Einsatz von Fernerkung möglich bei:
  • "Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in einem guten ökologischen Zustand"
  • Erosionsschutz
  • Einhaltung von Anbauverhältnissen
  • Instandhaltung von aus der Produktion genommenen Flächen
  • Erhalt von Landschaftselementen
Einsatz von Fernerkundung nicht möglich bei:
  • Futtermittelkontrollen
  • Tierschutz
  • Verwendung von Hormonen zur Behandlung von Tieren
  • Lebensmittelsicherheit
  • Tierseuchen
  • Nitratrichtlinie

Bilderkundung mittels modernster Satellitentechnik oder von Flugzeugen aus sind zwei Techniken, die in der Landwirtschaft auch im Produktionsprozess selbst seit Längerem Einzug gehalten haben. Mit diesen Methoden können z.B. Daten gewonnen werden, um jede Teilfläche innerhalb eines Feldes mit genau der Menge an Nährstoffen zu versorgen, die nötig ist (Precision Farming). Allerdings sind Systeme der Fernerkundung per Satellit und Flugzeug in der Praxis hauptsächlich dazu geeignet, großflächig Daten zu erheben. In der Erprobung für den kleinräumigeren Einsatz sind kleine kostengünstige Drohnen, z.B. Quadrokopter, die zeitnah die benötigten Daten erheben können.

Landwirtschaft und Entwaldung

Der globale Handel mit Agrarrohstoffen versorgt die Verbraucher in aller Welt mit Nahrungsmitteln, Brennstoffen und Fasern. Die Rohstoffproduktion ist jedoch auch mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden, darunter der Verlust und die Verschlechterung von Waldflächen.

Etwa 90 % der weltweiten Entwaldung ist auf die Ausweitung der Landwirtschaft zurückzuführen - ein Phänomen, das seine Wurzeln in der weltweiten Nachfrage nach Produkten wie Palmöl, Soja und Rindfleisch hat. Neue Forschungsergebnisse zeigen, wie Satelliten zur Kartierung und Überwachung von Veränderungen der Waldbedeckung eingesetzt werden können, um die Umsetzung wirksamer Verpflichtungen zur Vermeidung von Entwaldung zu unterstützen.

In einer neuen Studie, die in der Zeitschrift Science Advances veröffentlicht wurde, hat ein Team von Wissenschaftlern aus Europa und den USA detaillierte Frachtdaten von Trase mit Unternehmensangaben, Produktionsdaten auf Betriebsebene und Fernerkundungsdaten kombiniert, um besser zu verstehen, wie Rohstoffhändler Produkte vor Ort beschaffen und wie sich dies auf die Umsetzung von Verpflichtungen der Unternehmen zur Vermeidung von Abholzung auswirkt.

Sie konzentrierten sich auf Rohstoffhandelsunternehmen, die die wichtigsten 60 % der Exporte von vier Schwerpunktrohstoffen abwickeln: Soja aus Südamerika, Kakao von der Elfenbeinküste, Palmöl aus Indonesien und Lebendviehexporte aus Brasilien.

Die Ergebnisse, die diesen Artikel stützen, stammen zum Teil aus einer kürzlich in Science Direct veröffentlichten Studie, in der die Autoren anhand von Satellitendaten des Copernicus-Programms Kakaoplantagen sowohl in der Elfenbeinküste als auch in Ghana identifizierten. Das Team war in der Lage, Kakaoplantagen dank der Radardaten von Sentinel-1 in Kombination mit den optischen Bildern von Sentinel-2 in einer Big-Data-Cloud-Computing-Umgebung zu erkennen.

Dort wurde berichtet, dass die Kakaoplantagen größtenteils in geschützte Gebiete eindringen, wobei 20 % der erfassten Kakaoplantagen in geschützten Gebieten liegen.

Der Taï National Park in der Elfenbeinküste umgeben von Plantagen Der Taï National Park in der Elfenbeinküste umgeben von Plantagen (Sentinel-2)

Der Taï-Nationalpark ist ein Nationalpark in der Elfenbeinküste, der eines der letzten Gebiete mit Primärregenwald in Westafrika umfasst. In den letzten Jahren hat der Kakaoanbau in der Elfenbeinküste und in Ghana - den größten Kakaoproduzenten der Welt - zum Verlust großer Waldflächen geführt.
Link zu hoher Auflösung

Quelle: ESA (2022)

Das folgende Bild dokumentiert die dramatischen Folgen exportorientierter Landwirtschaft auf Borneo. Kalimantan besaß einst eine üppige tropische Landschaft mit einigen der weltweit begehrtesten Holzarten. In den letzten Jahren verursachten verstärkter Holzeinschlag und expandierende Landwirtschaft eine rasche Veränderung des Landschaftsbildes.

Die tropischen Regenwälder werden immer weiter abgeholzt und durch Palmölplantagen ersetzt, eine Reaktion auf die steigende Nachfrage nach Bio-Treibstoffen und Rohstoffen für die Nahrungsmittel- und die Chemieindustrie (Brot, Eiscreme, Schokolade; Seife, Plastik, Kosmetik). Da Palmöl einen immer höheren Profit verspricht, werden noch mehr Waldflächen gerodet. Ob die Holzgewinnung - sie hat sich von den Küsten weg zum Bergland hin verlagert - oder die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund steht, die Waldvernichtung vollzieht sich mit zunehmender Geschwindigkeit. In SO-Asien haben im Zeitraum 2000-2009 die Flächen mit Palmölplantagen von 4,2 Mio. ha auf 7,1 Mio ha zugenommen. Durch die Regenwaldvernichtung entsteht eine Dekaden bis Jahrhunderte andauernde negative Kohlenstoffbilanz, die einem der vorrangigsten Gründe für den Einsatz von Biotreibstoffen widerspricht. Sie beeinträchtigt auch wichtige Funktionen des Ökosystems, die durch die Plantagen nicht ersetzt werden können.

In naturnaher Farbwiedergabe zeigt das folgende Bild eine Region im S von Kalimantan, aufgenommen am 16. 7. 2000 vom Sensor ETM+ auf dem Satelliten Landsat 7. Hellgrüne Flächen mit hellbraunen Gitterlinien zeigen Teile des Regenwaldes, die für Palmölplantagen und für Straßen gerodet wurden. In den dunkelgrünen Flächen ist der Regenwald noch erhalten.

kalimantan_etm_2000198 Borneo: Treasure Island at Risk

Wenn Bäume geschlagen werden, kann Erosion zu einem Problem werden. Das tropische Klima Südostasiens bringt für Kalimantan den saisonalen Wechsel von Monsunniederschlägen und Trockenzeiten. Während der Trockenzeiten ist die obere Bodenschicht, die ursprünglich von einem Baumkronendach geschützt war, der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Der Boden trocknet aus, Sedimente an der Oberfläche werden staubig ohne Verbindung zum Unterboden. Am Beginn der Regenzeit spült der Monsunregen die lockeren Bodenteilchen in die Javasee.

Im Bild sind die Flüsse als rötliche Linienstrukturen zu erkennen, ein Ergebnis der Wasserfracht aus Sediment und Boden. Wenn die Sedimente das Meer erreicht haben, machen sie durch ihre unterschiedliche Dichte und Bewegung die Wellen und Wirbel der Küstengewässer sichtbar. Dieser Sediment- und Bodenverlust ist nachteilig für die Palmölplantagen. Viele der für ein gesundes Pflanzenwachstum nötigen Nährstoffe werden ins Meer verfrachtet und lassen einen verarmten Boden zurück.

Quelle: NASA (2012)

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