Landmonitoring
Syn. Landüberwachung, Landbeobachtung; Sammlung, Aufbereitung und Verfügbarmachung von Informationen und Daten von der lokalen bis hin zur globalen Ebene bezüglich der Landoberfläche (inklusive Binnengewässer). Die möglichst kontinuierlich erhobenen Daten bilden die Basis für die Erstellung thematischer Karten, für die quantitative bzw. qualitative Dokumentation, Analyse und Interpretation von Entwicklungen und Veränderungen. Sie erlauben die Prognose und Planung zukünftiger Entwicklungen insbesondere in den Bereichen Umwelt und Landnutzung (engl. land use).
Die Landoberfläche der Erde ist Lebensraum von derzeit 7,5 Milliarden Menschen. Sie ist ständigen Veränderungen unterworfen, wobei die menschliche Nutzung den gegenwärtig dynamischsten Faktor darstellt. Die nachhaltige Nutzung der Ressource Landoberfläche ist von zentraler Bedeutung für unsere Zukunft und erfordert detaillierte Kenntnisse über Zustand und Veränderungen des menschlichen Lebensraums. Die Satellitenfernerkundung bietet die Möglichkeit, Veränderungen der Erdoberfläche kontinuierlich und global zu erfassen und besitzt dadurch ein enormes wissenschaftliches und ökonomisches Potenzial.
Die zahlreichen zur Verfügung stehenden Systeme zur Erdbeobachtung aus dem All erlauben z. B. Anwendungen in den Bereichen Atmosphärenforschung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Geowissenschaften, Naturgefahren und urbane Räume. Je nach Anwendungsgebiet werden Daten von unterschiedlichen Satellitensystemen genutzt, wobei die optischen Systeme und die Radarsysteme (SAR) die beiden Haupttechnologien der satellitengestützten Erdbeobachtung darstellen. Mit den optischen Multispektralsatelliten des EU/ESA-Copernicus-Programms und des USGS/NASA-Landsat-Programms stehen für die verschiedenen Anwendungsgebiete leistungsfähige Satellitensysteme zur Verfügung, deren Daten weltweit kostenfrei genutzt werden können. In Kombination mit einer Vielzahl weiterer Satellitensysteme ermöglichen sie eine kontinuierliche Erdbeobachtung in unterschiedlichen Maßstäben innerhalb der atmosphärischen Fenster. In diesen Fenstern wird die elektromagnetische Strahlung der Sonne durch die Atmosphäre kaum beeinflusst und kann daher für die optische Auswertung von Fernerkundungsdaten genutzt werden.
Lage der Spektralkanäle wichtiger Aufnahmesysteme Spektralsignatur von Boden, Vegetation und Wasser in hyperspektraler (Linie) und multispektraler (Balken) Auflösung in Bezug auf die Lage und spektrale Auflösung optischer (Sentinel-2, Landsat 8 und EnMAP) und SAR-Systeme (Sentinel-1 und TerraSAR-X). VIS – sichtbares Licht, NIR – nahes Infrarot, SWIR – kurzwelliges Infrarot, MIR – mittleres Infrarot, TIR – thermales Infrarot |
Am Anfang jeder fernerkundlichen Fragestellung steht die Auswahl von geeigneten Satellitendaten. Dabei ergeben sich unterschiedliche Optionen sowohl aus der räumlichen und zeitlichen Auflösung der Systeme als auch aus den abbildbaren Eigenschaften der Erdoberfläche, wobei letztere durch das jeweils zum Einsatz kommende fernerkundliche Messprinzip bestimmt werden. In der Regel stellt diese Auswahl einen Kompromiss zwischen räumlicher Auflösung (wenige Zentimeter bis mehrere Kilometer) und damit verbundener zeitlicher Wiederholrate (mehrmals täglich bis monatlich) dar. Im Bereich der optischen Fernerkundung verfügen räumlich sehr hoch auflösende Systeme (< 2 m) nur über wenige (< 10) spektral breite Kanäle (z. B. Quickbird, WorldView-4). Räumlich schlechter auflösende Systeme (> 10 m) besitzen hingegen deutlich mehr (> 10 bis rund 250) spektral höher auflösende Kanäle (z. B.Landsat 8, Sentinel-2, EnMAP). Die Abbildung oben verdeutlicht die Lage der Spektralkanäle wichtiger Aufnahmesysteme. Die zeitliche Auflösung der Systeme kann durch den Einsatz mehrerer baugleicher Satelliten erhöht werden. Beispiele dafür sind die Sentinel-1/2-Systeme mit jeweils zwei Satelliten (A/B), RapidEye mit fünf Satelliten (M. b.) und im Bereich der CubeSats die Planet-LabsKonstellation mit mehr als 150 Kleinsatelliten.
Kurzer Überblick über die Entwicklung der Satellitenbeobachtung der LandoberflächeDas Landsat-Programm des USGS (United States Geological Survey) ist das am längsten im kontinuierlichen operationellen Einsatz befindliche Erdbeobachtungsprogramm. Seit 1972 zeichnen die optischen Satelliten des Landsat-Programms multispektrale Daten der Erdoberfläche auf und ermöglichen damit globale Veränderungsanalysen über mehrere Jahrzehnte. Seit dieser Anfangszeit haben sich die technischen Möglichkeiten der Satelliten enorm weiterentwickelt. Die ersten Landsat-Satelliten (1 bis 3) besaßen vier Spektralkanäle (Grün, Rot, nahes Infrarot 1 und nahes Infrarot 2) bei einer räumlichen Auflösung von 79 × 79 m². Der aktuelle Landsat-8-Satellit besitzt hingegen eine räumliche Auflösung von 30 x 30 m² und elf Spektralkanäle. Ein weiteres vielgenutztes optisches Satellitensystem ist das Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS) an Bord der Satelliten Terra und Aqua, das 35 Spektralkanäle im Wellenlängenbereich von 0,4 bis 14,4 µm und eine räumliche Auflösung von bis zu 250 m hat. Die Daten und daraus abgeleitete Produkte dieser NASA-Satelliten ermöglichen seit 1999 eine zeitlich hochauflösende globale Erdbeobachtung.
Neben den optischen Satelliten können auch Radarsatellitensysteme, die mit Wellenlängen im Zentimeterbereich arbeiten (Abb. oben), auf eine fast 40-jährige Entwicklungsgeschichte zurückblicken. Sie begann 1978 mit Seasat zur Überwachung der Meere. Die Tandemkonstellation der ESA-Satelliten ERS-1 und ERS-2 ermöglichte erstmals die Aufnahme interferometrischer Daten und damit die Erfassung von Bewegungen (Hebungen und Senkungen) der Erdoberfläche im Zentimeterbereich. Eine Fortsetzung fand dieses System u. a. in den deutschen TerraSAR-X- und TanDEM-X-Missionen, wobei letztere die Datengrundlage zur Erzeugung eines hochgenauen weltweiten 3D-Modells der Erdoberfläche (WorldDEM) geschaffen hat.
Mit dem Copernicus-Programm der EU hat eine neue Ära in der satellitengestützten Erdbeobachtung begonnen. Das Programm wurde 1998 gemeinsam von der Europäischen Kommission und der ESA mit dem Ziel konzipiert, eine kostenfrei zugängliche und leistungsfähige Infrastruktur für die Erdbeobachtung zu schaffen. Das Programm umfasst eine Vielzahl von Satellitensystemen (Sentinel-Missionen) mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die alle auf eine hohe zeitliche Wiederholrate ausgerichtet sind. Copernicus hat neben der Bereitstellung von Satellitendaten für umwelt- und sicherheitsrelevante Fragestellungen auch die Verknüpfung dieser Informationen mit anderen Erdbeobachtungen im Rahmen der Copernicus-Dienste zum Ziel, z. B. für die Überwachung der Atmosphäre, der Landoberfläche und der Meeresumwelt, zur Unterstützung des Katastrophen- und Krisenmanagements sowie für Sicherheitsanwendungen. Diese Dienste sollen in Zukunft die Behörden der EU-Mitgliedsstaaten maßgeblich in ihren Monitoring- und Planungsaufgaben sowie darauf aufbauenden Entscheidungsfindungen unterstützen.
Die sich aus der wachsenden Zahl weltraumbasierter Fernerkundungssysteme ergebende erheblich verbesserte Datenverfügbarkeit ermöglicht den Übergang von Zustands- zu Prozessanalysen von natürlich ebenso wie von anthropogen getriebenen Vorgängen im globalen Maßstab. Die Bereitstellung von Fernerkundungsdaten, die anwendungsspezifische Datenselektion und eine automatisierte Vorprozessierung gehören deshalb genauso zum Aufgabenspektrum am GFZ wie die Entwicklung von Auswerteverfahren mit modernen Methoden der digitalen Informationsverarbeitung.
Ein wichtiges zukünftiges fernerkundliches Forschungsfeld ist die synergetische Nutzung von Daten unterschiedlicher Sensorsysteme. So kann z. B. die gemeinsame Auswertung von optischen und Radardaten eine umfassendere Prozesscharakteristik ermöglichen. Dieses Prinzip lässt sich auf das gesamte Wellenlängenspektrum vom sichtbaren Licht über den thermalen Bereich bis hin zum Mikrowellensignal ausdehnen, um auf diese Weise effiziente Analyse- und Monitoringstrategien für Oberflächenparameter in der natürlichen und anthropogenen Umwelt zu entwickeln. Die Verknüpfung der auf diese Weise gewonnenen raumzeitlichen Informationen mit am Boden erhobenen Messdaten im Rahmen von Modellierungen wird neue Nutzungspotenziale erschließen und dazu beitragen, Risiken für unseren Lebensraum besser abzuschätzen zu können und damit helfen, Schäden zu minimieren oder zu vermeiden.
Quelle: GFZ (2017)
Weitere Informationen:
- Satellite Timeline for Monitoring of Land Use and Cover (Katie Jablonski et al.)
- Vegetative Analysis (WorldView Global Alliance)
- Copernicus in Deutschland - Erdbeobachtung und Dienstleistungen der Geoinformation (DLR)
- Entwicklung eines fernerkundungsgestützten Modellverbundes zur Simulation des urban-ruralen Landnutzungswandels in Nordrhein-Westfalen (Diss., Roland Goetzke)
- Land Remote Sensing Satellites (USGS)
- Land Remote Sensing Satellites Online Compendium (USGS)
- Agriculture and Water Resources Data Pathfinder (NASA)
- Satellitenfernerkundung von Landoberflächen – Beginn einer neuen Ära (Spengler, Daniel et al. GFZ, 2017)