ERS-1/-2
Engl. Akronym für European Remote Sensing Satellite; ERS-1 und ERS-2 (Starts: 1991 bzw. 1995), mittlerweile außer Dienst befindliche Satellitensysteme der ESA zur multidisziplinären Mikrowellen-Fernerkundung. Sie umrundeten die Erde auf sonnensynchroner polarer Umlaufbahn in ca. 100 min bei einer Neigung von 98,52°, und in 35 Tagen hatten sie fast jede Stelle der Erde zumindest einmal mit ihren Sensoren bestrichen. ERS-1 ist seit 2000 nicht mehr aktiv, übertraf aber seine geplante Nutzungsdauer um das Doppelte. ERS-2 wurde im Sommer 2011 außer Dienst genommen und auf eine niedrigere Umlaufbahn (570 km Höhe) geschickt, wo das Kollisionsrisiko mit anderen Satelliten oder Weltraumschrott geringer ist.
Der Wiedereintritt der Satelliten in dichtere Schichten der Erdatmosphäre wird laut Schätzungen in weniger als 25 Jahren stattfinden. Die Satellit werden weiterhin überwacht, um den Zeitpunkt des Wiedereintritts und den Wiedereintrittskorridor vorhersagen zu können.
Die ERS-Instrumente | |
RA (Radar Altimeter); das Radaraltimeter ist ein aktiver Ku-Band (13.8 GHz) Mikrowellensensor in Nadirrichtung, der dazu ausgelegt ist, die Laufzeiten der zum Meer und zu Eisflächen ausgesandten und reflektierten Signale zu messen. Er funktioniert in zwei alternierenden Beobachtungsmodi (Ozean oder Eis) und liefert dabei Informationen über Wellenhöhe, Windgeschwindigkeit über der Wasserfläche, Meerespiegelhöhe, Oberflächengeoid und Gezeiten sowie verschiedene Parameter über Meereis und Eisschilde. | |
ATSR (Along-Track Scanning Radiometer); das Radiometer besteht aus zwei Instrumenten, einem abbildenden Infrarotradiometer (IRR) und einem passiven Mikrowellensondierer (MWS). Das IRR an Bord von ERS-1 besitzt vier Kanäle und wurde für die Messung der Temperaturen der Meeresoberfläche (Genauigkeit <0,5 °C). Es misst auch die Temperaturen an den Wolkenoberseiten, die Wolkenbedeckung und die Temperaturen auf der Landoberfläche (hilfreich bei der Waldbrandüberwachung). Für ERS-2 wurde das IRR mit zusätzlichen Kanälen im sichtbaren Bereich zum Vegetationsmonitoring ausgestattet. Das MWS ist mit zwei Kanälen ausgelegt, es misst den Gesamtwassergehalt der Atmosphäre über einer Bodenspur von 20 km Breite. | |
GOME (Global Ozone Monitoring Experiment) ist ein Spektrometer, das im ultravioletten und im sichtbaren Spektralbereich in Nadir-Richtung das atmosphärische Ozon weltweit beobachtet. GOME wurde mit ERS-2 im April 1995 gestartet. Seit Sommer 1996 liefert die ESA über CD-ROM und Internet im 3-Tages-Rhythmus globale Datensätze zum Ozon-, Stickstoffdioxid und zur Bewölkung. Ein weiteres Leistungsmerkmal von GOME ist seine Fähigkeit auch andere chemisch aktive atmosphärische Spurengase aufzuspüren und Informationen über die Aerosol-Verteilung zu liefern. | |
MWS/MWR (Microwave Sounder / Microwave Radiometer); das passive Radiometer mit zwei Kanälen (23,8 und 36,5 GHz) misst den Gesamtwassergehalt der Atmosphäre in Nadirrichtung über einer Bodenspur von 20 km Breite. Dies dient der wichtigsten Aufgabe von MWS, der Ermittlung der wasserdampfbedingten Verzögerung der Altimetersignale bei ihrem Weg durch die Troposphäre und der Abschätzung der Abschwächung des Altimetersignals durch das flüssige Wasser in den Wolken. | |
SAR (Synthetic Aperture Radar); Teilfunktion des Instruments AMI (Active Microwave Instrument) mit zwei Modi: Im Abbildungsmodus erzeugt SAR Tag und Nacht detailreiche Bilder von der Erdoberfläche in einem 100 km breiten Streifen und unabhängig von den Witterungsbedingungen. Der Wellenmodus zur Beobachtung der Ozeanwellen erfolgt in Kombination mit der Arbeit des Windscatterometer (WS s.u.), dem dritten Modus von AMI. Die Messungen versprechen die Verbesserung von Ozeanvorhersagemodellen, aber die Bilder zeigen auch andere Phänomene, wie interne Wellen, Ölflecken und Meereis. | |
WS, die Aufgabe des AMI-Modus als Windscatterometer ist es, Informationen über die Windgeschwindigkeit und -richtung dicht über der Meeresoberfläche zu sammeln, die in Modelle, globale Statistiken und klimatologische Datensätze integriert werden sollen. Die Arbeitsweise beruht auf der Aufzeichnung der veränderten Radarreflektivität der Meeresoberfläche, die abhängig ist von den kleinen Rippelwellen an der Wasseroberfläche. Die Rückstreuung des Radarsignals ist abhängig von den Wellenrippeln, und da die Energie in diesen Rippeln mit der Windgeschwindigkeit zunimmt, verstärkt sich auch die Rückstreuung mit der Windgeschwindigkeit. | |
WS, PRARE (Precise Range and Range Rate Equipment), ein Allwetter-Entfernungsmessgerät auf Mikrowellenbasis für die hochpräzise Bahnbestimmung und für geodätische Anwendungen, z.B. zur Beobachtung von Bewegungen der Erdkruste und zur Bestimmung des Erdschwerefeldes. | |
LRR, (Laser-Retroreflector), im Infrarot arbeitendes, optisches Gerät, das als Reflektor für von Bodenstationen ausgesandte, gepulste Laserstrahlen dient. Dieses passive Gerät zur Bestimmung der präzisen Höhe des Satelliten (Bahnvermessung) ist kein Instrument im hier üblichen Sinne. Quellen: s.u. weitere Informationen |
Wichtigstes Instrument war ein C-Band SAR, das eine 30x30 m-Bodenauflösung erreichte. Sein Einfallswinkel betrug 23°, seine Bodenspur war 100 km breit. Es lieferte Tag und Nacht und unabhängig von den Witterungsbedingungen Farbbilder von den Meeren, Küsten- und Polareisbereichen sowie vom Festland.
ERS-2 war mit sehr ähnlichen Instrumenten ausgestattet wie ERS-1, lediglich das Spektrometer GOME wurde zusätzlich montiert.
Als Innovation konnten ERS-1+2 zusammen interferometrische Daten liefern: die Orbits waren leicht verschieden, wodurch die Satelliten die Erdoberfläche aus leicht anderem Winkel betrachteten. Kombinierte man zwei Aufnahmen von ERS 1+2 und rechnete die Unterscheide heraus, so konnte man die Bewegung der Erdkruste (im Bereich von einigen Zentimtern) als Bild deutlich machen. So lieferten die Satelliten eine genaue Übersicht wie sich die Erdoberfläche nach Vulkanausbrüche oder Erdbeben verändert hatte und erlaubten bei dem Ausbruch eines Vulkans unter Eis in Island eine Vorhersage in welche Richtung sich eine bildende Schlammlawine bewegen würde. Das Gebiet konnte evakuiert werden, es gab zwar enorme Sachschäden, aber niemand kam ums Leben.
Anomalien der Meeresspiegelhöhen ermittelt mit Altimeterdaten von ERS-1 und -2, Animation von Januar 1997 bis Mai 2003 Zum Start der Animation auf Bild klicken Quelle: DEOS TU Delft (R.o.) |
Anwendungsbereiche von SAR-Daten der ERS-Satelliten:
- Die meisten der vom Menschen verursachten illegalen oder unfallbedingten Verschmutzungen sind auf Radarbildern gut sichtbar. Schiffe können anhand ihres Kielwassers erkannt und verfolgt werden. Auch natürliche Austritte von Ölvorkommen konnten beobachtet werden. Sie lieferten Hinweise für die Ölindustrie. Wissenschaftler untersuchten die Radarrückstreuung von der Meeresoberfläche im Zusammenhang mit Wind- und Strömungsfronten, mit Wirbeln und internen Wellen. In flachen Gewässern erlaubten SAR-Bilder Rückschlüsse auf die Bodentopographie. Die Topographie des Meeresbodens konnte mit dem sehr präzisen - ERS-Höhenmesser kartiert werden, da das Relief des Meeresbodens durch kleine Schwankungen der Meeresoberflächenhöhe an der Oberfläche reflektiert wird.
- Die Ozeanwellen und ihre Auslenkungsrichtung konnten aus dem ERS-SAR-Sensor abgeleitet werden, der im "Wave Mode" betrieben wird. Dies liefert Daten für die Wellenvorhersage und für die Meeresklimatologie.
- In hohen Breitengraden waren die SAR-Daten sehr nützlich für die regionale Eisüberwachung. Es konnten Informationen wie Eistyp und Eiskonzentration abgeleitet und offene Leads (Rinnen) erkannt werden. Dies war für die Navigation in eisbehafteten Gewässern unerlässlich.
- Die Fähigkeit von SAR, die Wolkendecke zu durchdringen, machte es besonders wertvoll in häufig bewölkten Gebieten wie den Tropen. Die Bilddaten dienten der Kartierung und Überwachung der Landnutzung und waren für die Forst- und Landwirtschaft von zunehmender Bedeutung.
- Geologische oder geomorphologische Merkmale werden in Radarbildern dank der Schrägsicht des Sensors und seiner Fähigkeit, die Vegetationsdecke - bis zu einem gewissen Grad - zu durchdringen, hervorgehoben.
- SAR-Daten können genutzt werden, um andere Satellitenbilder hochpräzise zu georeferenzieren und thematische Karten häufiger und kostengünstiger zu aktualisieren, da sie unabhängig von den Wetterbedingungen verfügbar sind.
- Nach einer Überschwemmung ist die Fähigkeit von SAR, Wolken zu durchdringen, äußerst nützlich. Hier können SAR-Daten dabei helfen, Hilfsinitiativen zu optimieren und Schäden zu bewerten.
- Eine damals aufkommende Technik, das interferometrische SAR (InSAR), kann unter geeigneten Bedingungen zur Ableitung von Höhenmodellen oder zur Erkennung von kleinen Oberflächenbewegungen in der Größenordnung von wenigen Zentimetern, verursacht durch Erdbeben, Erdrutsche oder Gletschervorstöße, verwendet werden.
Infographik zu den ERS-Missionen Quelle: ESA |
Weitere Informationen:
- ERS - Startseite (ESA)
- ERS-2 Historical Views (ESA Earth Watching)
- ERS-2 (eoPortal Directory)