Lexikon der Fernerkundung

Erdbeobachtung

Engl. earth observation, in diesem Kontext auch Erdfernerkundung; jede Tätigkeit, die sich mit der instrumentengestützten Sammlung von Daten über die Erdoberfläche oder die Erdatmosphäre von Satelliten, von Raumfahrzeugen oder von Luftfahrzeugen aus befasst. Der Begriff umfasst auch die Verarbeitung, Analyse und Nutzung der empfangenen Daten. Das übergeordnete Ziel ist die Erfassung von räumlichen Strukturen sowie die Ableitung von Prozessen auf der Erdoberfläche. Dabei werden sowohl aktive als auch passive Sensortechniken verwendet. Räumlich ist die Erdbeobachtung aufgeteilt in die Erfassung der Landflächen, der Ozeane und der Atmosphäre.

Elektromagnetische Strahlungsvorgänge als Basis der Fernerkundung:
  • Elektromagnetische Strahlung ist eine Energieabgabe von Materiekörpern.
  • Ein Körper, d.h. ein Objekt, absorbiert und/oder reflektiert dabei in Abhängigkeit von seinem Zustand (z.B. Erwärmung eines Körpers bzw. Wuchsstadium einer Pflanze) elektromagnetische Strahlung. Ein Teil der absorbierten Strahlung wird als Wärmestrahlung (Thermalstrahlung) emittiert.
  • Elektromagnetische Strahlung transportiert elektrische und magnetische Energie in Wellenform mit Lichtgeschwindigkeit. Dabei wird eine elektromagnetische Welle durch die Wellenlänge λ (in Meter) und Frequenz ν (in Hertz) beschrieben, die die physikalischen Eigenschaften der Strahlung bestimmen
  • Von besonderer Bedeutung für die Erdfernerkundung sind mehrere Spektralbereiche des elektromagnetischen Spektrums im sichtbaren Licht, im Infrarot und auch im Mikrowellenbereich. Das sichtbare Licht erstreckt sich im Wellenlängenbereich etwa zwischen 0,4 µm bis 0,7 µm, an das sich das Ultraviolett (kurzwellige Seite) und das Infrarot (längerwellige Seite) anschließen. Das Infrarot wird weiter unterteilt in das nahe Infrarot (etwa zwischen 0,7 µm bis 1,1 µm), in das kurzwellige Infrarot (etwa zwischen 1,1 µm bis 3 µm), in das mittlere Infrarot (etwa zwischen 3 µm bis 7 µm) und in das ferne Infrarot (etwa ab 7 µm), das auch Thermalstrahlung genannt wird. Dabei sind die verschiedenen Bereiche nicht scharf zu trennen, sie gehen ineinander über. Die Unterbereiche des Infrarots werden von verschiedenen Autoren zuweilen auch anders definiert. Herauszustellen ist, dass die Erdfernerkundung nur Teile dieser Spektralbereiche nutzen kann.
  • Die Sonne ist die Energiequelle für die solare Strahlung, deren Wellenlängenbereich aus Sicht der Fernerkundung zwischen λ = 0,3 µm und etwa λ = 3,5 µm zu begrenzen ist (Wellenlängen vom ultravioletten über den sichtbaren bis zum infraroten Spektralbereich,
  • Reflektierte Einstrahlung sowie von der Erdoberfläche nach Absorption der Einstrahlung im Infrarot emittierte Wärmestrahlung sind die Quellen der in der Fernerkundung auszuwertenden elektromagnetischen Strahlung.
  • Beim Durchgang durch die Atmosphäre verringert sich die direkte Sonnenstrahlung, so dass am Boden nur noch ein Teil der Strahlung ankommt. Dabei ist die Durchlässigkeit der Atmosphäre für die elektromagnetische Strahlung stark vom Zustand der Atmosphäre (Aerosolgehalt, Feuchtegehalt, Schichtung, Wetterlage), vom zurückgelegten Weg der Strahlung durch die Atmosphäre und von der Wellenlänge der Strahlung abhängig.
  • Die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der in der Atmosphäre vorkommenden Gase sind für ein komplexes Zusammenspiel von Streuung und Absorption verantwortlich.

deLange 2020

Die Erdbeobachtung stellt eine wichtige Anwendung der Raumfahrt dar und war bereits in deren frühen Jahren ein Hauptziel. Bekannt wurden die Versuche der USA von 1959, militärische Aufklärung mit Fotosatelliten (Corona-Programm) über der UdSSR durchzuführen.

Die Landoberfläche der Erde ist Lebensraum von 7,95 Milliarden Menschen (2022). Sie ist ständigen Veränderungen unterworfen, wobei die menschliche Nutzung den dynamischsten Faktor darstellt. Die nachhaltige Nutzung der Ressource Landoberfläche ist von zentraler Bedeutung für unsere Zukunft und erfordert detaillierte Kenntnisse über Zustand und Veränderungen des menschlichen Lebensraums. Die Satellitenfernerkundung bietet die Möglichkeit, Veränderungen der Erdoberfläche kontinuierlich und global zu erfassen und besitzt dadurch ein enormes wissenschaftliches und ökonomisches Potenzial.

Aktuelle und künftige Anwendungsfelder im Bereich Erdbeobachtung umfassen:

Der rasch wachsende weltweite Bedarf an Geodaten macht satellitengestützte Erdbeobachtung mit ihrem breiten Anwendungsspektrum zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Deutsche Unternehmen beginnen sich im weltweiten Datenvertrieb in führender Rolle zu platzieren. Kleine und mittlere Dienstleistungsunternehmen entwickeln Software oder bieten direkt Geoinformationsdienste an, beispielsweise zur Aktualisierung und Erstellung raumbezogener Fach- und Planungsdaten zur Landbedeckung, zur Erstellung von Ertragsprognosen in der Landwirtschaft, zur Erfassung von Bodenbewegungen bei erdrutschgefährdeten Bauprojekten oder auch zur Einschätzung der Gewässergüte und Unterwassertopographie von Küstenregionen.

So malerisch ein hochauflösendes Bild eines bestimmten Ortes auf der Erde auch sein mag, mehrere Anwendungen und Dienstleistungen, z.B. Ernteprognosen, Abholzungsmonitoring, EO-Datenerhebung für Versicherungszwecke und Stadtplanung erfordern keine Erdbeobachtungsdaten im Zentimeterbereich. Für solche Anwendungen sind Auflösungen in der Größenordnung von 2,5 m - 5 m ausreichend. Darüber hinaus werden diese Auflösungen auch für "Change Detection"-Ansätze von militärischen Nutzern bevorzugt, die am besten durch eine Mischung aus sehr wenigen hochauflösenden Satelliten und einer großen Konstellation von niedrigauflösenden Satelliten realisiert werden. Während der hochauflösende Satellit die interessierenden Bereiche alle paar Tage oder Wochen einmal beobachtet, bietet eine Flotte von niedrigauflösenden Satelliten eine sehr häufige und breite Abdeckung, die es leicht macht, Änderungen zu erkennen. Überschreiten diese einen bestimmten Schwellenwert und erfordern daher einen genaueren Blick des Betrachters, wird ein hochauflösender Satellit beauftragt, eine aktuelle Beobachtung des interessierenden Bereichs durchzuführen und der gesamte Beobachtungszyklus der Änderungserkennung beginnt von neuem.

Die Erdbeobachtung erlebt derzeit (2019) den größten Wandel ihrer Geschäftsmodelle, da die immer besseren Fähigkeiten und die Miniaturisierung von Sensoren, Satelliten und Computern die Konvergenz des kommerziellen mit dem zivilen und militärischen Bereich ermöglichen.

Heute besteht eine Mischung aus etablierten Erdbeobachtungsunternehmen und neuen Unternehmen wie Planet, SATLANTIS und anderen, die auf der neuen Welle kommerzieller Möglichkeiten reiten und auf der Entwicklung des Sektors aufbauen und diese unter Ausnutzung dieser Möglichkeiten vorantreiben:

All diese Fähigkeiten tragen sowohl zur kommerziellen Attraktivität bei als auch zum Interesse der militärischen Nutzer, die nach kostengünstigen Lösungen suchen, die ihre hochklassigen Aufklärungssysteme ergänzen und so sowohl die Ausfallsicherheit als auch die Verfügbarkeit der Dienste erhöhen können.

Ein Programm zur globalen Kooperation bei der Erdbeobachtung ist das Global Earth Observing System of Systems, das 2005 in Brüssel von etwa 40 Staaten beschlossen wurde.

Weitere Informationen:


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