Radarfernerkundung
Fernerkundung unter Einsatz von aktiven Fernerkundungssystemen mit Sendern für die Energieabstrahlung und mit Antennen zum Empfang der (von der Erdoberfläche oder von Schwebeteilchen in der Atmosphäre) reflektierten Strahlung. Diese Radarsysteme decken das Spektrum der Millimeter- und Zentimeterwellen ab (sogenannter Mikrowellenbereich). Sie können bodengestützt, luftgestützt oder satellitengetragen sein. Die Radarinformation stellt eine wertvolle Ergänzung zu passiven Sensoren dar, die den sichtbaren oder infraroten Spektralbereich nutzen. Da der Sensor die Szene aktiv beleuchtet, ist er unabhängig von der Tageszeit. Zudem ist in den langwelligen Frequenzbändern (Zentimeterbereich) die Signaldämpfung durch Witterungseinflüsse gering.
Für die Erdbeobachtung arbeitet die Radar-Fernerkundung in drei Wellenlängenbereichen: X-Band (2,4-4,5 cm), C-Band (4,5-7,5 cm), L-Band (15-30 cm). Das gebräuchlichste Monitoringsystem ist SAR (Synthetic Aperture Radar). Die abgestrahlte Energie ("Radarkeule") ist auf das Gelände seitlich der Überfluglinie gerichtet (side looking radar). Von dort erfolgt in Abhängigkeit von der Geländerauigkeit, dem Auftreffwinkel der Strahlung, der Landformen etc. eine spezifische Reflexion, die das Radarbild erzeugt. Dem Radarsender zugewandte Berghänge reflektieren dabei stärker als deren abgewandte Seite, was zu überzeichneten und verstärkten scheinbaren Terraindarstellungen führt. Auch die Reflexion bebauter Gebiete ist in Abhängigkeit vom Reflexionsverhalten der Materialien usw. sehr unterschiedlich.
Die erhöhte Eindringtiefe der L-Band-Wellenlänge ergibt wertvolle Information zum Gesteinsuntergrund und zum Wassergehalt in Bodenschichten und Vegetation. Als aus komplexen empirischen Formeln abgeleitete Faustregel kann gelten, dass bei trockener Vegetation bzw. trockenem Boden die Eindringtiefe rund die halbe Wellenlänge beträgt. Allerdings wurden bei sehr trockenen Sanden mit L-Band-Radar bereits Eindringtiefen bis zu zwei, drei Metern erzielt. Dieses Phänomen konnte u.a. dazu verwendet werden, um mittels Weltraum-Radaraufnahmen vom Space Shuttle aus fossile Entwässerungssysteme unter der rezenten Sandbedeckung der Sahara zu kartieren.
Ähnliche Unterschiede zeigt sich bei der Empfindlichkeit von SAR-Messungen im Hinblick auf die Waldstruktur und das Eindringen in das Kronendach bei verschiedenen Wellenlängen, die für luft- oder weltraumgestützte Fernerkundungsbeobachtungen der Landoberfläche verwendet werden.
Wellenlängenabhängige Durchdringung des Kronendaches Ein C-Band-Signal dringt beispielsweise nur in die obersten Schichten der Baumkronen eines Waldes ein und wird daher hauptsächlich durch Rauigkeitsstreuung und eine begrenzte Menge an Volumenstreuung beeinflusst. Ein L-Band- oder P-Band-Signal hingegen dringt viel tiefer ein und erfährt daher eine stark verstärkte Volumenstreuung sowie eine zunehmende Menge an Double-Bounce-Streuung, die durch den Baumstamm verursacht wird. Quelle: NASA |
Satelliten-Radaraufnahmen besitzen die Fähigkeit, sowohl nachts als auch durch Wolken, Aufnahmen der Erdoberfläche zu generieren. Denn die ausgesendeten Mikrowellen beleuchten die Erdoberfläche aktiv und durchdringen, aufgrund ihrer Wellenlänge, auch Wolken. Ein empfangenes Radar-Signal ist ein komplexes Signal und besteht aus der Intensität und der Phase des zurück gestreuten Echos. Mit Hilfe der Radar-Interferometrie (InSAR) können topographische Informationen (Höhen) sowie deren Veränderungen (Deformationen) bestimmt werden.
Besonderheiten der Mikrowellenfernerkundung:
- Sensorik: Hochfrequenzelektronik statt Optik
- Messung und Auswertung der Signalphase möglich
(→SAR, Interferometrie, Radarinterferometrie) - Weitgehende Durchdringung von Atmosphäre und Wolken
- Teilweise Eindringung in Vegetation, Boden, Schnee und Eis möglich
- Mikrowellensensoren erfassen im Wesentlichen physikalische Merkmale (optische Sensoren: chemische), z.B.:
- Leitfähigkeit (Dielektrizitätskonstante)
- Rauigkeit: viele natürliche Oberflächen weisen Rauhigkeitsstrukturen im Zentimeterbereich auf (z.B. Äcker)
Die Nutzung des Mikrowellenbereiches zur Erdbeobachtung bietet sich für eine Reihe unterschiedlicher Zwecke an, die mit verschiedenen Techniken angegangen werden. Die wichtigsten darunter sind:
- Altimeter: aktive Instrumente, die in Nadirrichtung kurze Pulse aussenden und die Signallaufzeit auswerten. Altimeter liefern wichtige Daten zur Erzeugung globaler Karten der Verformung des Meeresspiegels, die etwa durch Schwankungen des Erdschwerefeldes oder Meeresströmungen verursacht werden.
- Scatterometer: aktive Beleuchtung der Meeresoberfläche in Schrägsicht. Wellen beeinflussen die Intensität des zurückgestreuten Signals, was Rückschlüsse auf die Windverhältnisse ermöglicht.
- Bildgebende Verfahren: Die größte Bedeutung in der Fernerkundung haben die Verfahren zur bildgebenden Erfassung der Landoberflächen der Erde erlangt. Im Gegensatz zu optischen Sensoren, die eher chemische Objektmerkmale erfassen (meist den reflektierten Anteil des einfallenden Sonnenlichts) messen Radarsensoren eher physikalische Größen. Neben der Objektgeometrie bestimmen vor allem die Leitfähigkeit des Materials, die häufig vom Wassergehalt bestimmt ist, sowie die Oberflächenrauigkeit das gemessene Signal.
Auch beim Wetterradar, also Radargeräten, die vorwiegend zur Erfassung von Wetterdaten dienen, können Differenzierungen nach untersuchten Parametern und eingesetzten Frequenzbereichen vorgenommen werden. Die Wahl des Frequenzbereiches bestimmt die Dämpfung der elektromagnetischen Wellen durch die Atmosphäre, mehr noch durch eine Wolke oder den Niederschlag. Die Arbeitsfrequenz bestimmt die mögliche Eindringtiefe der Radarstrahlen in dieses Niederschlagsgebiet und welche Objekte aus diesem Gebiet zu einer Reflexion beitragen. Das heißt, ob auf dem Wetterradar von diesem Gebiet nur die Außenkonturen zu sehen oder die innere Struktur erkennbar ist, ist abhängig von dieser Arbeitsfrequenz.
Frequenzabhängige Dämpfung in einem Regengebiet Die Amplituden der Radargeräte sind nur relative Werte, die Kurven zeigen nur an, wie viel von der Regenverteilung an der Reflexion beteiligt sein kann. |
Weitere Informationen:
- SAR-EDU - Lernportal zur radargestützten Fernerkundung (DLR, Geographischen Instituts der Universität Jena)
- Radartechnik (ESA Eduspace)
- Echoes in Space - Introduction to Radar Remote Sensing (ESA / EO College)