Lexikon der Fernerkundung

Luftqualität und Fernerkundung

Luftqualität gilt als Maß für die Reinheit bzw. Schadstoffbelastung der Luft unserer Atmosphäre, sie kann mit Hilfe von in situ-Messverfahren, sowie mit boden-, luft- und weltraumgestützten Methoden bestimmt und überwacht werden.

Luftqualität - Definition

Der Begriff 'Luftqualität' beschreibt die Beschaffenheit der Luft bezogen auf den Anteil der darin enthaltenen Luftverunreinigungen. Luftverunreinigungen sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

Die Luft, die wir atmen, ist zum einen ein Gasgemisch aus Stickstoff, Sauerstoff, Argon, Kohlenstoffdioxid und verschiedenen Spurengasen. Zum anderen enthält sie kleine feste und flüssige Partikel (Aerosole, z.B. Wolkentropfen, Regentropfen). Diese Partikel kommen in der Luft in unterschiedlicher Größe vor. Man unterscheidet zwischen ultrafeinen, feinen und groben Partikeln. Zu den ultrafeinen Partikeln zählen alle Partikel mit einem Durchmesser kleiner 0,1 µm, zu den feinen Partikeln (Feinstaub) alle mit einem Durchmesser kleiner 2,5 µm und zu den groben Partikeln alle, die gleich und größer 2,5 µm sind.

Die Qualität der Außenluft wird durch zahlreiche in Gesetzen oder Verordnungen festgelegte Grenz- oder Richtwerte bestimmt. Die Kriterien für die Beurteilung der Luftqualität in Europa werden seit einigen Jahren nicht mehr nur national, sondern europaweit festgelegt. Dies geschieht in sog. Richtlinien oder Verordnungen. Die darin genannten Grenz- oder Richtwerte müssen dann innerhalb ebenfalls dort festgelegter Zeiträume eingehalten werden. So legt zum Beispiel die Feinstaub-Richtlinie der EU  (2008/50/EG) fest, dass die PM10-Feinstaubbelastung der Luft im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 40 µg/m³ betragen darf, und dass der PM10-Tagesgrenzwert von 50 µg/m³  an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Werden Grenzwerte nicht eingehalten, können Sanktionen verhängt werden.

Verschiedene Länder entwickeln Luftqualitätsindizes (engl. air quality index, AQI), um der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie verschmutzt die Luft derzeit ist oder wie verschmutzt sie voraussichtlich werden wird. Je höher die Luftverschmutzung ist, desto höher ist auch der und das damit verbundene Gesundheitsrisiko.

In Deutschland gibt der Luftqualitätsindex Auskunft über die Qualität der Luft. Er errechnet sich aus den gemessenen Konzentrationen dreier Schadstoffe (Stickstoffdioxid, Feinstaub (PM10 und PM2.5) und bodennahes Ozon), wobei die gesundheitlich kritischste der drei gemessenen Konzentrationen das Gesamtergebnis bestimmt.

Der europäische Luftqualitätsindex umfasst eine interaktive Landkarte, auf der die lokale Luftqualität an der Station basierend auf den fünf gefährlichsten Schadstoffen für Mensch und Umwelt angezeigt wird: Feinstaub (PM2,5 und PM10), bodennahes Ozon (O3), Stickstoffdioxid (NO2) und Schwefeldioxid (SO2).

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Leitlinien für die Luftverschmutzung (im Freien) aufgestellt, die von politischen Entscheidungsträgern in der ganzen Welt als Referenzinstrumente für die Festlegung von Standards und Zielen für das Luftqualitätsmanagement verwendet werden. Die Leitlinien bieten evidenzbasierte, gesundheitsbezogene Standards für bestimmte Luftschadstoffe, die Städte als Luftqualitätsziele übernehmen sollten. Sie wurden ursprünglich 2005 festgelegt und 2021 aktualisiert.

Mögliche Folgen schlechter Luftqualität

Luftverschmutzung ist ein globales Problem. Die meisten Menschen weltweit leben in Gebieten mit hoher Luftverschmutzung. Sie schadet der menschlichen Gesundheit und dem Wohlbefinden, verringert die Lebensqualität und kann sich negativ auf die Wirtschaft auswirken.

Das Einatmen von Feinstaub mit einer Größe von weniger als 2,5 Mikrometern (PM2,5 - engl.: PM = particulate matter) über über einen längeren Zeitraum ist eine ernste Gefahr für die Gesundheit (WHO, 2021). Feinstaub ist der Luftschadstoff, der für die menschliche Gesundheit von größter Bedeutung ist. Diese feinen Partikel sind für das menschliche Auge unsichtbar und 40-mal kleiner als die Breite eines menschlichen Haares. Diese Partikel sind klein genug, um tief in unsere Lunge einzudringen, wo sie Entzündungen des empfindlichen Lungengewebes verursachen, oder in den Blutkreislauf gelangen und Organe wie Herz und Gehirn betreffen können. Die WHO schätzt, dass die Belastung durch PM2,5 jährlich 7 Millionen vorzeitige Todesfälle verursacht.

Menschliche und natürliche Quellen tragen zur PM2,5-Verschmutzung in unterschiedlichen Anteilen auf globaler Ebene bei und umfassen Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe, Waldbrände und durch vom Wind verwehten Wüstenstaub.

Luftverschmutzung ist zudem eng mit dem Klimawandel verbunden, da viele Treibhausgase (THG) und Luftschadstoffe dieselben Quellen haben. Viele Luftschadstoffe sind sowohl gesundheitsschädlich als auch klimawirksam. Dies wirkt sich auf das heutige Leben der Menschen aus und macht die Zukunft für kommende Generationen weniger sicher.

Die Ablagerung von Stickstoff, Schwefel und Ozon können sich ferner negativ auf die Leistungen auswirken, die von natürlichen Ökosystemen erbracht werden, wie z. B. sauberes Wasser, Artenvielfalt, die Kohlenstoffspeicherung beeinträchtigen und die Ernteerträge in landwirtschaftlichen Systemen mindern.

Ozon ist mit Abstand der Luftschadstoff, der das Pflanzenwachstum am meisten beeinträchtigt. Es reduziert die Ernteerträge, die Waldgesundheit und die Artenvielfalt im Allgemeinen. Andere Schadstoffe wie Schwefel und Stickstoff können durch Versauerung von Böden und Oberflächenwasser auch Wald- und Seeökosysteme schädigen, das Waldwachstum beeinträchtigen und Fische und andere Organismen töten. Die Stickstoffablagerung führt auch zu einer Eutrophierung (Überdüngung) von Ökosystemen mit niedrigem Nährstoffgehalt (z.B. Heideflächen), was zu großen Verschiebungen in der biologischen Vielfalt führt.

Luftverschmutzung kann auch schwerwiegende Schäden an Kulturgütern verursachen, insbesondere an Denkmälern, die sich in der Nähe oder im städtischen Umfeld befinden. Einige der häufigsten an architektonischen Gebäuden oder archäologischen Stätten beobachteten Schädigungsarten (Verschmutzung, Materialverfall durch chemische Auflösung, Steinverfall) werden durch die Ablagerung von Luftschadstoffen verursacht, die im Allgemeinen durch menschliche Aktivitäten entstehen.

Monitoring

Die Luftqualität wird z.B. in Deutschland von den Bundesländern und dem Umweltbundesamt überwacht. Die Auswertung und Beurteilung der Luftqualität erfolgt im Hinblick auf die in der Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa definierten Grenz- und Zielwerte.

Das Luftmessnetz des Umweltbundesamtes unterscheidet sich bezüglich Aufgaben und Lage der Messstationen grundlegend von denen der Bundesländer. Die Messaufträge des ⁠UBA-Luftmessnetzes resultieren aus internationalen Abkommen sowie der EU-Gesetzgebung.

Die Überwachung der Luftqualität erfolgt in vielen Ländern mit Immissionsmessnetzen, deren Messstationen unter anderem an viel befahrenen Straßen (hot spots) oder auch in Wäldern (Hintergrundwerte) liegen können. Die von den Stationen aufgezeichneten Informationen sind zwar genau, aber punktuell, und die Daten sind nicht räumlich verteilt. In dieser Hinsicht können die Satellitenmessungen einen wichtigen Beitrag leisten.

Weltweit gibt es eine Vielzahl von Messprogrammen zur Beurteilung der Luftqualität. Dazu gehören:

Die USA und die EU haben eine Reihe von satellitengestützten Systemen zur Messung der gesamten Atmosphärensäule und begrenzter vertikaler Profile mehrerer wichtiger Schadstoffarten eingerichtet. In den Vereinigten Staaten werden diese Programme von der NASA und der NOAA geleitet. Auch nichtstaatliche Organisationen wie das Harvard-Smithsonian Astrophysical Laboratory (CFA) und das National Center for Atmospheric Research (NCAR) spielen eine wichtige Rolle. In Europa sind die für die Luftqualität relevanten Satellitenmessungen Teil des großen Copernicus-Programms. Die Satellitenkomponente wird von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Europäischen Organisation für die Nutzung von Wettersatelliten (EUMETSAT) geleitet. Neben den US-amerikanischen und europäischen Programmen gibt es eine Reihe weiterer nationaler Programme, die entsprechende Messungen durchführen. Die NASA und die ESA erproben in der Regel neue Fähigkeiten für die Erdbeobachtung, während die NOAA und EUMETSAT langfristige operative Beobachtungen durchführen.

Im Rahmen von US-Programmen wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Satelliten gestartet, darunter Terra, Aqua, Aura, CALIPSO (Cloud-Aerosol Lidar and Infrared Pathfinder Satellite Observation) sowie NOAA-17/-18/-19, NOAA-20/-21 und SUOMI NPP (National Polar-orbiting Partnership). Gemeinsam messen sie Säulen und/oder Profile der optischen Dicke von Aerosolen (AOD), O3, H2O, CO, CH4, SO2, NO2, FCKW und anderen Schadstoffen sowie atmosphärische Parameter wie Temperatur, Wolkeneigenschaften und Wasserdampf. Die meisten dieser Satelliten befinden sich auf einer nahezu polaren erdnahen Umlaufbahn (LEO) und überfliegen zweimal täglich einen bestimmten Ort. Bei vielen Arten sind Messungen nur bei Tageslicht möglich, so dass nur eine Messung pro Tag und Instrument durchgeführt wird.

Die Satelliten der amerikanischen NASA beobachten die Luftverschmutzung aus dem Weltraum und liefern Schätzungen der Luftverschmutzung auf der ganzen Welt. Die Website NASA Health and Air Quality Tools beinhaltet eine Bibliothek mit 11 grundlegenden und anspruchsvolleren Werkzeugen des NASA Health and Air Quality Applied Sciences Team, die es den Nutzern ermöglichen, die Satelliten- und Fernerkundungsdaten der NASA zu verarbeiten und zu analysieren, um die Luftqualität zu bewerten. Die Daten sind regionaler Natur, geben aber einen Eindruck von der Luftverschmutzung in den Städten mit Bezug zu bestehenden Standards. Viele der Tools haben eine eigene Website und/oder bieten Einführungs-Webinare und Tutorials an, um neuen Nutzern zu helfen, das Beste aus ihnen herauszuholen. Ferner bietet die NASA ein ausführliches Portal zu Luftqualitätsdaten (Air Quality Data Pathfinder).

Aus Europa (Sentinels des Copernicus-Programms) und anderen Staaten kommen noch weitere Missionen, teils in Kooperationen wie bei dem 2024 gestarteten europäisch-japanischen Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer (EarthCARE).

Der europäische Copernicus-Atmosphärenüberwachungsdienst (Copernicus Atmosphere Monitoring Service – CAMS) liefert kontinuierliche Daten und Informationen über die Zusammensetzung der Atmosphäre. Der Dienst beschreibt die aktuelle Situation, prognostiziert die Situation einige Tage im Voraus und analysiert konsequent retrospektive Datensätze aus den letzten Jahren. CAMS unterstützt viele Anwendungen in einer Vielzahl von Bereichen wie Gesundheit, Umweltüberwachung, erneuerbare Energien, Meteorologie und Klimatologie. 

Der Dienst konzentriert sich auf fünf Hauptbereiche:

  1. Luftqualität und atmosphärische Zusammensetzung; 
  2. Ozonschicht und ultraviolette Strahlung;
  3. Emissionen und Oberflächenflüsse;
  4. Sonneneinstrahlung;
  5. Klimatische Einflüsse.

Siehe auch Atmosphäre, Gesundheit und Fernerkundung

Weitere Informationen:


Pfeil nach linksLuftlichtLupeIndexLuftschiffPfeil nach rechts