Lexikon der Fernerkundung

Ölteppiche und Fernerkundung

Ölteppiche (engl.: oil spills) sind auf Wasseroberflächen treibende Ölverschmutzungen durch Rohöl oder Schweröl, insbesondere auf Meeren. Sie beeinträchtigen sensible Ökosysteme. Der Grund für das Aufschwimmen des Öls liegt in seinem im Vergleich zum Wasser geringeren spezifischen Gewicht. Ursachen für Ölteppiche sind Havarien von Öltankern, illegale Tankreinigungen auf hoher See, Pipeline-Leckagen und natürliche Austritte von Öl aus der Erdkruste.

Fernerkundungssensoren, die von Flugzeugen eingesetzt werden, liefern eine bewährte Methode zur Erkennung und Beurteilung von Ölverschmutzungen auf dem Meer. In Deutschland werden diese seit mehr als 25 Jahren verwendet. Aktuell sind in Deutschland zur Ölüberwachung zwei Flugzeuge vom Typ Dornier 228 mit einer spezialisierten Zusammensetzung von Fernerkundungssensoren im Einsatz.

Nach einem Tankerunfall ist das größte Problem, einen Überblick über den Teppich hinsichtlich Größe und Driftrichtung zu erhalten. Bezüglich natürlicher sowie bewusst und fahrlässig herbeigeführter Ölteppiche bedarf es kontinuierlich arbeitender Monitoringprogramme. Entsprechende Luftüberwachung großer Gebiete, z.B. des Mittelmeers sind abhängig von Tageslicht und guten Witterungsbedingungen. Zusätzlich können Sonnenlichtreflexe tagsüber die Detektion behindern.

oelfilm_transport_abbau_lres Öl im Meer

Die wichtigsten Transportwege und Abbauprozesse. Wenn Öl ins Meer austritt, verursacht eine Anzahl von Abbauprozessen Veränderungen der physikalischen und chemischen Eigenschaften des Rohöls und seines Verhaltens im Meer.

Quelle: SINTEF

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet seit einigen Jahren der Einsatz satellitengetragener Radarinstrumente (Synthetic Aperture Radar). Mit ihren aktiven Mikrowellensensoren beleuchten die Satelliten (z.B. RADARSAT, TerraSAR-X) die beobachtete Szene und registrieren das zurückgestreute Radarecho. Sie sind in der Lage, auch kleinere Ölteppiche aus der Erdumlaufbahn zu erkennen. In einem Radarbild wird die ausgesandte Radarstrahlung hauptsächlich durch die Kapillarwellen zurückgestreut. Diese Bereiche erscheinen im Bild heller. Mineralöl dämpft Kapillarwellen und vermindert die Rückstreuung. Deshalb zeichnen sich Ölfilme auf den Radarbildern als dunkle Zonen in einer ansonsten heller erscheinenden Umgebung ab. Allerdings werden Wellen auch durch andere Einflüsse gedämpft, wie zum Beispiel dünne Algenfilme, die ein ähnliches Radarbild entstehen lassen. Weitere natürliche Ursachen für die dunklen Flecken können z. B. windstille Zonen sein, d. h. Gebiete in denen es nicht genügend Kapillarwellen gibt, oder auch Sandbänke. Eine normale Wasseroberfläche erscheint dunkel, so lange die Windgeschwindigkeit unterhalb drei m/s – das entspricht etwa Windstärke 2 – nicht übersteigt; in diesem Fall ist die durch die nur leichte Brise verursachte Aufrauung der Wasseroberfläche zu gering, um die Rückstreuung des Radarstrahls erkennbar zu beeinflussen. Umgekehrt reicht die glättende Wirkung zumindest dünner Ölschichten bei Windgeschwindigkeiten jenseits von zehn m/s, entsprechend Windstärke 6, nicht mehr aus, um noch einen erkennbaren Unterschied in der Oberflächenrauhigkeit und damit dem Rückstreuvermögen der Meeresoberfläche zu bewirken.

Daher sind Zusatzdaten zum eigentlichen Radarbild zur Beurteilung nötig, sonst besteht die Gefahr der Fehlinterpretation. Daher ist die Kombination von Satellitenbildern mit Flugzeugeinsätzen zur weiteren Überprüfung wesentlich, sowie dass die Flugzeuge mit einem entsprechenden erweiterten Sensorsystem ausgestattet sind und von geschulten Operateuren betrieben werden.

Erkennbarkeit von Ölteppichen abhängig von der Wasserrauigkeit Erkennbarkeit von Öltepichen abhängig von der Wasserrauigkeit

Das satellitengestützte SAR-Radar, das Aufnahmen unabhängig vom Wetter und den Lichtbedingungen machen kann, ist ein hervorragendes Werkzeug, um Öl auf Wasseroberflächen zu entdecken.

Ölteppiche erscheinen als dunkle Flecken auf den Radar-Bildern, da das Öl eine glättende Wirkung auf die Meereswellen hat. Dadurch wird die Rückstreuung des Radar-Signals zum Instrument reduziert.

Quelle: nach Eduspace

 

SAR-Instrumente u. a. zur Detektion von Ölteppichen befinden sich derzeit beispielsweise an Bord des kanadischen RADARSAT-2, des europäischen Sentinel-1A, früher auch auf den jetzt inaktiven JERS-1, ENVISAT, RADARSAT-1 und ERS-1/-2.

Projekte wie z. B. OCEANIDES oder Mar-Coast bereiteten den Weg für den heutigen Satellitendienst CleanSeaNet der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA). In Kombination mit den Ölüberwachungsflugzeugen hat diese Technologie mittlerweile die für eine operationelle Nutzung nötige Reife erreicht.

Wird eine Ölverschmutzung festgestellt, so können numerische Driftmodelle den Driftweg der Verschmutzung vorhersagen oder den Weg zu möglichen Quellen und Verursachern zurückverfolgen. Diese Modelle können wertvolle Eingangsdaten aus der Fernerkundung erhalten. Dies sind insbesondere Information über einer Sichtung mit Zeitpunkt, Position und Verteilung. Ein Prototyp für die Verknüpfung von Fernerkundung und öldriftprognose wurde in einem Projekt von DeMarine erstellt.

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