Lexikon der Fernerkundung

Herschel Space Observatory

Erstes Weltraumobservatorium (Herschel Space Observatory), das mit seinem strahlungsgekühlten Teleskop mit drei wissenschaftlichen Instrumenten im Brennpunkt den kompletten Wellenlängenbereich des Fernen Infrarot (FIR) bis zum Sub-Millimeter-Bereich (60 bis 670 Mikrometer) abdeckt. Dieser Bereich kann vom Erdboden aus wegen des eingeschränkten atmosphärischen Fensters nicht beobachtet werden.

Das Teleskop wurde nach dem Entdecker der Infrarotstrahlung Wilhelm Herschel benannt.

Herschels drei Instrumente sind:

PACS und SPIRE sind Kameras und abbildende Spektrometer, die gemeinsam den Wellenlängenbereich von 55-672 Mikrometer (µm) abdecken. HIFI arbeitet in den zwei Wellenlängenbereichen 157–212 µm und 240–625 µm.

Das von der ESA entwickelte 3,4 t schwere Infrarotweltraumteleskop wurde zusammen mit dem Planck-Weltraumteleskop mit einer Ariane-Rakete am 14. Mai 2009 gestartet. Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 3,5 Metern, der aus zwölf Segmenten Siliciumcarbid (SiC) bei EADS-Astrium (heute Airbus D&S) in Toulouse gesintert wurde. Herschel hat somit den größten aus einem Stück bestehenden Spiegel, der bisher für ein Weltraumteleskop gefertigt wurde und ist in dieser Eigenschaft erst vom James Webb Space Telescope abgelöst worden.

SiC ist ein außergewöhnlicher Werkstoff, dessen mechanisch-thermale Eigenschaften die Konstruktion sehr großer, aber ultraleichter Geräte ermöglichen: der Spiegel von Astrium ist mit seinen 3,5 m das größte je in den Weltraum transportierte bildererzeugende Teleskop und wiegt doch nur 350 kg, während es in der Standardtechnologie ausgeführt 1,5 Tonnen wiegen würde.

herschel_lres Herschel Space Observatory

Grafische Darstellung des Raumfahrzeugs

Das Observatorium ist nach dem hannoveranisch-britischen Astronomen und Musiker William (Friedrich-Wilhelm) Herschel benannt.

Das Teleskop beobachtet Strahlung aus dem Universum im Infrarotbereich. Während William Herschel nur die bis zum Erdboden durchdringende kurzwellige Strahlung des nahen Infrarot untersuchen konnte, hat das Herschel-Weltraumobservatorium die Strahlung im fernen Infrarotbereich gemessen, für die unsere Atmosphäre undurchlässig ist. Sie kann deshalb nur direkt im Weltraum beobachtet werden. Das Licht aus dem Weltraum, das mit dem Auge gesehen werden kann, ist hauptsächlich das Licht der Sterne. 

Quelle: NASA
herschel_sketch Funktionsskizze

Mit einem Primärspiegel, der einen Durchmesser von 3,5 m hat, ist das Herschel Teleskop größer als jedes andere weltraumbasierte Teleskop. Mit Hilfe seiner Abschirmung gegenüber der Sonnenstrahlung kühlt das Teleskop passiv auf ca. 80 K (80 °C über dem absoluten Nullpunkt) ab, indem es seine Wärme in das Weltall abstrahlt.

Der Spiegel besteht aus Siliziumkarbid, ein leichtes Keramikmaterial, das resistent ist gegenüber Stress, Ermüdung und extremen Temperaturen. Es kann wie Glas poliert werden und weicht dabei von völliger Ebenheit um nicht mehr als ein Mikron ab, eine Anforderung, um Verzerrungen der aufgenommenen Bilder zu vermeiden.

Quelle: NASA JPL

Damit die Instrumente nicht durch die eigene Wärmestrahlung geblendet werden, müssen sie mit Hilfe eines Kühlbehälters (Kryostat) bis auf minus 271 Grad Celsius - etwa zwei Grad über dem absoluten Nullpunkt - gekühlt werden. Dabei wird superfluides Helium eingesetzt. Bei dieser Temperatur kann über die empfindlichen wissenschaftlichen Instrumente Einblick in die unbekannten Bereiche des kalten frühen Universums genommen werden.

Nach dem Brennschluss der Oberstufe wurde um 13:38 UTC das Herschel-Teleskop wenige Minuten vor dem Planck-Weltraumteleskop auf einer hochelliptischen Umlaufbahn mit einer Apogäumhöhe von 1.197.080 km und einer Bahnneigung zum Äquator von 6° ausgesetzt. Von diesem Orbit wurde es antriebslos innerhalb von sechzig Tagen in die vorgesehene Umlaufbahn um den Lagrangepunkt L2 des Erde-Sonne-Systems gebracht. Das Weltraumteleskop fliegt auf einer 0,8-Millionen-Kilometer-Halo-Bahn um diesen Punkt. Dieser befindet sich, von der Sonne aus gesehen, ca. 1,5 Millionen Kilometer hinter der Erde.

Die Erde befindet sich auf einer stabilen Umlaufbahn um die Sonne, da die Vorwärtsbewegung unseres Planeten exakt die Gravitationskraft der Sonne bei dieser Entfernung (ca. 93 Mio. km) ausgleicht. Alle Körper auf einer Umlaufbahn um die Sonne besitzen dieses Gleichgewicht zwischen Anziehungskraft und Vorwärtsbewegung. Da die Anziehungskraft mit der Entfernung abnimmt, bewegen sich weiter von der Sonne entfernte Objekte langsamer auf ihrer Bahn.

Wenn Sonne, Erde und ein noch weiter entferntes Raumfahrzeug sich alle zufälligerweise zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Linie befänden, würde das Raumfahrzeug bald zurückfallen (ohne Einsatz des Triebwerks) und wäre nicht in der Lage, mit der Erde mitzuhalten, wenn sie beide die Sonne umkreisen.

Aber es gibt einen Punkt - er befindet sich auf einer geraden Linie von der Sonne zur Erde und noch fast eine Million Meilen darüber hinaus - wo die kombinierten Anziehungskräfte von Sonne und Erde gerade so stark sind, dass ein Raumschiff, um diese Kräfte auszugleichen und auf dem Sonnenorbit zu bleiben, sich schneller vorwärts bewegen muss als bei dieser Entfernung von der Sonne üblich. Mit dieser erhöhten Geschwindigkeit hält das Raumschiff exakt Schritt mit der Erde auf ihren Umlaufbahnen. Sonne, Erde und Raumschiff bleiben in einer Linie. Dieser Punkt wird als L2-Punkt des Systems Erde-Sonne bezeichnet.


lagrange_points

Lagrange Punkte

Der oben beschriebene Punkt wird als L2-Punkt des Systems Erde-Sonne bezeichnet, der zweite von fünf sogenannten ‚Lagrange-Punkten‘ (auch ‚Librationspunkten‘), benannt nach Joseph-Louis Lagrange (1736-1813), der ihre Existenz berechnete.

Wo immer die Erde gerade ist auf ihrem Weg um die Sonne, ein L2-Raumfahrzeug wäre eine Million Meilen über der Nachtseite des Planeten. Und mit der Sonne und der Erde in seinem Rücken würde ein Teleskop an Bord des Raumfahrzeugs immer einen klaren, nicht unterbrochenen Blick hinaus ins Universum haben.

Quelle: NASA JPL

Zu den Hauptzielen von Herschel gehören Untersuchungen zur

Ende April 2013 wurde die Mission für beendet erklärt, da das zur Kühlung benötigte Helium aufgebraucht war. Durch die fehlende Kühlung konnten die Instrumente wegen ihrer zu hohen Temperatur die Beobachtungen nicht mehr fortsetzen. Nach einer Reihe von sich anschließenden technischen Tests wurde der Satellit auf einen heliozentrischen Orbit gebracht und schließlich am 17. Juni 2013 endgültig abgeschaltet.

Herschel hat die in die Mission gesetzten Erwartungen übererfüllt.

Weitere Informationen:


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