Fernerkundungssatellit
Engl. remote sensing satellite; Satellit zur Beobachtung der Erdoberfläche und der Atmosphäre mit Hilfe von an Bord befindlichen Sensoren.
Satellitenfernerkundung wird z.Z. im wesentlichen betrieben von den USA, Rußland, China, Indien, Frankreich, Kanada, Brasilien und im Rahmen der ESA von Europa. Deutschland hat Sensoren für die ERS-Satelliten und den ENVISAT der ESA (SCIAMACHY, MIPAS), für Space Shuttle-Missionen und für die MIR entwickelt sowie die Kleinsatelliten Champ und Grace.
- Aufbau von Fernerkundungssatelliten
Fernerkundungssatelliten tragen an Bord oft mehrere Sensorsysteme, die für unterschiedliche Beobachtungsobjekte konstruiert wurden. Dafür werden auch verschiedenartige Detektor-Technologien verwendet. Auf dem Satelliten ERS-2 befinden sich z.B. ein aktives abbildendes Radar zur Kartierung der Erdoberfläche und der Ozeane, ein Radaraltimeter zur Bestimmung der Geländehöhe, ein passives Mikrowellengerät zur Temperaturmessung, ein Ozonsensor sowie ein abbildendes Radiometer zur wissenschaftlichen Untersuchung von Landoberfläche, Atmosphäre, Ozeanen und Kryosphäre. Darüberhinaus gibt es das Datenübertragungssystem, das Telemetriesystem und die Instrumente zur Positionsbestimmung. - Unterscheidungsmerkmale verschiedener Sensorsysteme
Die verwendete Optik bzw. Antenne legt die Größe der beobachteten Region und die räumliche Auflösung fest, die verwendeten Halbleiterdetektoren sind für unterschiedliche Spektralbereiche ausgelegt, und der Bahnverlauf (Orbit) bestimmt die Überflugszeiten und Wiederholraten sowie ebenfalls den Beobachtungsbereich. - Aktive und passive Sensoren
Passive Sensoren messen das von der Erdoberfläche oder Atmosphäre gestreute Sonnenlicht, oder die Wärmestrahlung der beobachteten Objekte. Aktive Systeme, wie z.B. Radar und Laser senden selbst Signale aus und messen die Rückstreuung durch die beobachteten Objekte. Sie können daher auch nachts eingesetzt werden. - Bildwiederholrate
Diese hängt von der Streifenbreite ab, geostationäre Sensoren können alle 30 min ein Bild liefern, ein "weitwinkliger" Sensor mit einer Schwadbreite von 2.000 km erfaßt einen Ort auf der Erde mehr als 10 mal am Tag, während Systeme mit großen Brennweiten und Streifenbreiten von 30 km ein Gebiet nur etwa einmal im Monat erfassen. - Erkennbare Objektgröße
Die räumliche Auflösung (Pixelgröße) ist i.a. umgekehrt proportional zur Streifenbreite und hängt von der Optik bzw. Antennenapertur ab. Sie beträgt 5km x 5km bei METEOSAT, 1 km × 1 km bei NOAA-AVHRR, 30 m × 30 m bei LANDSAT und 1m x 1m bei den 1999 und 2000 gestarteten Systemen. Im militärischen Bereich sind Systeme mit Dezimeterauflösung bekannt. - Konflikt: hohe räumliche Auflösung vs. Datenmenge
Das Problem ist die Datenmenge, die zu den Empfangsstationen am Boden übertragen werden muß. Diese wird durch die Übertragungsfrequenz (X-Band) beschränkt, da an Bord nur minimale Speichermöglichkeiten gegeben sind. Eine Verbesserung der Pixelgröße um den Faktor 2 bedeutet eine 4-fache Datenmenge pro aufgezeichnetem Spektralkanal. Bei Landsat TM würde der Schritt von 30m Pixeln zu 15m Pixeln bei 7 Kanälen die 28-fache Datenmenge ergeben, d.h. ein Bild würde anstatt 250 Byte dann 7 GByte groß werden. Aus diesem Grund bedingen sich Streifenbreite und Pixelgröße wechselseitig. - Spektralbereiche der Sensoren
Zunächst einmal natürlich im sichtbaren Licht (400 nm - 700 nm), wobei in vielen Fällen noch die Aufspaltung durch Filter oder Beugungsgitter in blaues, grünes und rotes Licht vorgenommen wird, die jeweils einem eigenen Detektor zugeleitet werden. Ebenso wird der Infrarotbereich von 700 nm bis 12500 nm in nahes (NIR), kurzwelliges (SWIR) und thermisches Infrarot (TIR) aufgesplittet. Radarsensoren arbeiten im Mikrowellenspektrum mit Wellenlängen zwischen 1 cm bis 1 m. Atmosphäreninstrumente beobachten darüber hinaus noch im Ultraviolett. Je nach Anzahl der Spektralkanäle spricht man von einem Panchromatischen Sensor (1 Kanal), Multispektralscanner (2 bis ca. 10 Kanäle) oder von einem Spektrometer (bis zu 2.000 Kanäle). - Arbeitsweisen von Satellitensensoren
Im Einsatz sind zwei Verfahren. Zum einen kann (wie beim SPOT Instrument) die Blickrichtung des Sensors senkrecht zur Bahn verschwenkt werden. Damit wird das gleiche Gebiet bei unterschiedlichen Überflügen unter verschiedenen Blickwinkeln aufgezeichnet. Der Nachteil liegt in den nicht identischen Beleuchtungsbedingungen. Das zweite Verfahren beruht auf der Verfügbarkeit zweier identischer Instrumente an Bord, von denen eines in Bahnrichtung nach vorne, das andere nach hinten zeigt. Die Stereo-Paare werden somit bei einem Überflug aufgezeichnet. Dieses Prinzip wird beim MOMS-2P Sensor angewandt. - Betriebsdauer
Die Betriebsdauer wird zum einen durch den Treibstoffvorrat an Bord begrenzt, da die Bahn immer wieder korigiert werden muß, zum anderen bewirkt die kosmische Strahlung Alterung und Defekte bei den Sensoren und den elektronischen Steuerelementen. Man setzt etwa 5 Jahre als mittlere Lebensdauer an. Viele Systeme sind daher als Satellitenserie mit diesem Zyklus konzipiert.
2016 betrieben etwa 50 Länder Fernerkundungssatelliten, diese machen aber nur einen kleinen Teil der von den Kommunikationssatelliten dominierten raumgestützten Plattformen aus. Beim Büro der UN für Weltraumfragen (United Nations Office for Outer Space Affairs, UNOOSA), das eine Liste aller ins Weltall gelangenden Flugobjekte führt, sind zur Zeit mehr als 7.000 Flugobjekte von mehr als 70 Ländern und Organisationen registriert. Ausführliche Informationen zu Fernerkundungsmissionen sind im englischsprachigen eoPortal Directory der ESA zu finden.
Einzelsatellitensysteme verfügen über eine zunehmend bessere Abbildungsleistung, einschließlich einer verbesserten räumlichen und spektralen Auflösung und Sensorbeweglichkeit, so dass Stereomessungen im Along Track- und im Across Track-Modus durchgeführt werden können. Generell befinden sich Satellitensysteme gegenwärtig in einer Übergangsphase vom Einzelsensorsystem zum kooperativen Multisensorsystem. Teilweise werden Satelliten für bestimmte Sensoren in Tandemkonfigurationen betrieben.Konstellationen werden zunehmend so gewählt, dass sich die Anzahl von Umlaufbahnen erhöht, mit manchen Systemen kann somit jeder Punkt auf der Erde mehrmals täglich beobachtet werden.
Eine kurzen Abriss über die Bedeutung internationaler Koordination bei Fernerkundungsprogrammen findet man im Remote Sensing Satellite Compendium.
Weitere Informationen:
- Deutsche Satelliten (Bernd Leitenberger)
- Liste der Erdbeobachtungssatelliten (Wikipedia)
- List of all Satellites ( WMO OSCAR)
- 2020 Joint Agency Commercial Imagery Evaluation—Remote Sensing Satellite Compendium (USGS 2020)
- 2022 Joint Agency Commercial Imagery Evaluation — Remote sensing satellite compendium (U.S. Geological Survey Circular 1500)