Lexikon der Fernerkundung

Europäisches Datenrelaissystem (EDRS)

Engl. European Data Relay Satellite System; System von Kommunikationssatelliten, das eine kontinuierliche Datenübertragung in Breitband-Qualität zwischen einerseits Satelliten und unbemannten Flugsystemen (UAVs) und andererseits Bodenstationen ermöglicht.

EDRS transportiert Datenvolumen von bis zu 1,8 Gigabit pro Sekunde mit einem minimalen Zeitverzug vom All auf die Erde. Herzstück des Systems, das aus den beiden geostationären "Verteiler"-Knoten EDRS-A und - ab 2019 - EDRS-C besteht, sind die in Deutschland entwickelten und gebauten Laserkommunikations-Terminals.

Aufgrund ihrer festen Position im Weltraum können EDRS-A und EDRS-C die hochratigen Kommunikationsdaten von niedriger fliegenden Erdbeobachtungssatelliten aufnehmen und ohne große zeitliche Verzögerungen zur Erde weiterleiten. Damit sind die Satelliten nicht - wie bislang üblich - an die kurzen Zeiten mit Sichtkontakt während ihres Fluges über die jeweiligen Bodenstationen gebunden, was mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu 90 Minuten verbunden wäre. Mit EDRS hingegen werden diese Daten von einer höher gelegenen geostationären Position aus über eine Laserverbindung eingeholt und sofort zur Erde gesendet, womit sich der Zugriff auf zeitkritische, möglicherweise lebensrettende Daten ganz erheblich verkürzen wird. EDRS arbeitet mit optischen Laserverbindungen, die mit bis zu 1,8 Gigabit pro Sekunde eine deutlich höhere Bandbreite als bislang übliche Funkverbindungen besitzen und damit wesentlich leistungsfähiger sind. Die Laser-Terminals benötigen weniger als eine Minute, um eine Verbindung zwischen geostationärem und niedrigem Erdorbit herzustellen. Zudem können sie die "überfüllten" Frequenzbereiche der herkömmlichen Radio-Verbindungen vermeiden. Die geostationären Relais-Satelliten senden die gesammelten Datenpakete an Empfangsstationen in Europa, unter anderem an zwei zum DLR gehörende Stationen in Weilheim sowie jeweils eine Station in Redu (Belgien) und in Harwell (England).

Gegenwärtig kann es zwei Stunden dauern, um ein Bild von einem Erdbeobachtungssatellit downzuloaden, wohingegen es mit EDRS nur noch Minuten dauert. Im Falle von Katastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben ist die Verfügbarkeit von Information innerhalb kürzester Zeit unerlässlich um Menschen und Infrastruktur zu schützen.

Das Programm ähnelt dem amerikanischen Tracking and Data Relay Satellite System, das zur Kommunikation mit den Space Shuttles diente. EDRS wird aber eine neue Generation LCT-Technologie der Firma Tesat-Spacecom verwenden. Das LCT ist so konzipiert, dass 1,8 Gbps über Entfernungen von 45.000 km – was der Entfernung einer LEO-GEO Verbindung entspricht - übertragen werden können. Ein solches Terminal wurde bereits erfolgreich bei der In-Orbit-Verifikation zwischen dem deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X und dem amerikanischen Satelliten NFIRE getestet. Ein LCT ist an Bord des kommerziellen Telekommunikationssatelliten Alphasat, um weitere System- und Betriebsdemonstrationen durchführen zu können.

EDRS überträgt Copernicus Sentinel Erdbeobachtungsdaten über Laserverbindungen
EDRS überträgt Copernicus Sentinel Erdbeobachtungsdaten über Laserverbindungen Quelle: ESA

Mit EDRS-A als piggyback Nutzlast an Bord des Kommunikationssatelliten Eutelsat 9B ist der erste Laserknoten des Europäischen Datenrelais-Systems EDRS am 29. Januar 2016 um 23.20 Uhr MEZ ins All aufgebrochen - auf dem Weg in den geostationären Orbit, 36.000 Kilometer von der Erde entfernt. Der Start erfolgte mit einer Proton-Rakete vom russischen Raumfahrtzentrum in Baikonur (Kasachstan) aus. Der Satellit ist bei 9° Ost positioniert. EDRS-A, nahm seine Datenrelaisdienste im Sommer 2016 auf. Er bietet eine Abdeckung von der amerikanischen Ostküste bis Indien. Zu den ersten Nutznießern gehören die Copernicus-Satelliten Sentinel-1 und Sentinel-2 der ESA und der Europäischen Kommission. Ursprünglich war auch ein Satellit EDRS-B vorgesehen, der bislang aber nicht realisiert wurde.

EDRS-C als zweiter Satellit der Konstellation ist im Unterschied zu EDRS-A ein eigenständiger Satellit. Er wurde am 6. August 2019 um 21.30 CEST (19:30 UTC) Uhr an Bord einer Ariane-5 vom europäischen Raumfahrtzentrum in Kourou aus gestartet. EDRS-C wird die Kapazität des Systems verdoppeln und die Abdeckung und Redundanz erhöhen. EDRS-C wurde von OHB in Bremen gebaut, die dafür die bereits vorhandene SmallGEO-Plattform weiterentwickelten.

Airbus plant, das SpaceDataHighway-System ab etwa 2024 um einen dritten Knoten, EDRS-D, über der Region Asien-Pazifik zu erweitern. EDRS-D bringt eine Verschlüsselungsmöglichkeit für Daten mit. EDRS-E folgt 2026.

Später soll auch die Internationale Raumstation über EDRS mit der Erde kommunizieren können, sobald an der Außenseite des europäischen Columbus-Labors eine neue Antenne installiert sein wird. In seiner vollständigen Konfiguration soll EDRS eine globale Abdeckung erreichen und pro Tag mehr als 50 Terabyte an Daten aus der Umlaufbahn zur Erde weiterleiten können.

Eine Reihe wichtiger Anwendungen werden von EDRS profitieren:

EDRS wird als Öffentlich-Private-Partnerschaft (PPP) zwischen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und Airbus Defence and Space betrieben. Die ESA finanziert die Entwicklung der Infrastruktur und ist der Hauptkunde durch die Sentinel-Satelliten-Missionen. Airbus Defence and Space trägt die Gesamtverantwortung für die Umsetzung des Weltraumsegmentes einschließlich der Satellitenstarts und die Implementierung des Bodensegments. Airbus Defence and Space wird dann Eigentümer des EDRS-Systems und wird die Datenübertragungsdienste für die ESA und Kunden weltweit bereitstellen. Der speziell für diese Mission ausgelegte Satellit EDRS-C beruht auf der neuen SmallGEO Plattform und wird von der deutschen Firma OHB gebaut.

Das Bodensegment von EDRS besteht aus drei Bodenstationen in Weilheim (Deutschland), Redu (Belgien) und Harwell (Großbritannien). Das zentrale Mission Operations Centre befindet sich in Ottobrunn, während ein Backup in Redu installiert werden soll. Betrieben werden sowohl die EDRS-A-Nutzlast als auch der EDRS-C-Satellit durch das Deutsche Raumfahrt-Kontrollzentrum (GSOC) des DLR in Oberpfaffenhofen bei München.

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