Lexikon der Fernerkundung

Kryosphäre

Von 'kryos', altgriechisch für Kälte, Frost; mit den anderen Bestandteilen des Erdsystems in Wechselbeziehungen stehender Bereich, der gefrorenes Wasser in Gestalt von Schnee, dauerhaft gefrorenem Boden (Permafrost in periglazialen Gebieten), saisonal gefrorenem Boden, Fluss- und Seeeis, Meereis, Eiskappen und Gletschern umfasst. Obwohl ein wesentlicher Teil der Kryosphäre sich in den Polarregionen befindet, ist Schnee und Eis in allen geographischen Breiten und in ca. 100 Ländern anzutreffen.

Globale Verteilung verschiedener Komponenten der Kryosphäre

Legende Globale Verteilung verschiedener Komponenten
der Kryosphäre

Die Karte der Nordhemisphäre zeigt das Sommerminimum der Meereisbedeckung (13.9.2012). Die gelbe Linie markiert die mittlere Position der Meereisausdehnung von 1979 - 2012. Gebiete mit kontinuierlichem Permafrost sind dunkelpink, diskontinuierlicher Permafrost hellpink. Die grüne Linie im S der NHK zeigt die maximale Schneegrenze, die schwarze Linie zeigt die 50 %-Kontourlinie für das Auftreten von Schnee. Auch das grönländische Inlandeis (blau/grau) und die Position von Gletschern (gold) sind eingetragen.

Die Karte der Südhemisphäre zeigt das ungefähre Maximum der Meereisbedeckung während eines Südwinters (13.9.2012). Die gelbe Linie markiert wieder die 30-jährige mittlere Meereisausdehnung.

Quelle: IPCC

Landeis bildet sich entweder direkt durch Gefrier- und Depositionsvorgänge oder aus Schnee, der im Laufe vieler Jahre unter dem Druck des ständig neu abgelagerten Schnees zu Firn umgewandelt wird. Durch weitere Kompaktion, die zur Zunahme der Dichte und zur Verringerung der Porenräume führt, bildet sich aus Firn schließlich Eis, das als sedimentäres Eis bezeichnet wird. Gletschereis besteht vorwiegend aus sedimentärem Eis. Im Gegegensatz zum sedimentären Eis enthält der für die periglazialen Räume der Erde typische Permafrost überwiegend sogenanntes magmatisches Eis, das durch Gefrier- und Depositionsprozesse z.B. im Untergrund entsteht.

Meereis bedeckt im Jahresmittel rund 6 % der Weltmeere. Im Gegensatz zum Landeis, das große Mächtigkeit erreicht und viele hunderttausend Jahre alt sein kann (in der Antarktis bis zu 14 Mio. Jahre), ist das Meereis selten älter als ein bis sechs Jahre. Es schmilzt größtenteils im Sommer (Antarktis) oder treibt innerhalb weniger Jahre in wärmere Gebiete (Arktis). Meereis bildet große Eisschollen, und obwohl es selten dicker als drei bis sechs Meter wird, spielt es eine wichtige Rolle im Klimasystem der Erde.

Die Kryosphäre spielt in vielerlei Weise eine außerordentlich wichtige regulierende Rolle im globalen Klimasystem: So liefert sie einen wichtigen Beitrag zum Oberflächenenergiehaushalt der Erde, reguliert den globalen Wasserkreislauf, beeinflusst Gasaustauschprozesse und ist hauptverantwortlich für den Anstieg des Meeresspiegels. Ihre natürliche Sensitivität gegenüber Temperaturschwankungen macht die Kryosphäre zusätzlich zu einem äußerst sensitiven Klimaindikator dessen globale Beobachtung wichtige Informationen zur Variabilität des Weltklimas bereitstellen kann.

Ferner ist Wissen um den Zustand der Kryosphäre wichtig für die Verfügbarkeit von Süßwasserressourcen, für die Navigation, Fischerei, Rohstoffexploration und -förderung und viele weitere Bereichen. Fluktuationen in der Ausdehnung der Kryosphäre haben weitreichende sozioökonomische Folgen und Auswirkungen auf die Atmosphäre wie auch auf die Biosphäre. Verlässliche Daten aus globalem Monitoring ist Voraussetzung, um Fragen im Zusammenhang mit Klima und Kryosphäre im Erdsystem verstehen zu könen. Trotz der Bedeutung der Kryosphäre ist sie der Teil des Erdsystems, über den am wenigsten Daten vorliegen.

Grönlands Eisschichten in 3D

Dreidimensionale Ansicht des Alters und der Struktur des grönländisches Eisschildes

Zur Erzeugung dieser Darstellung benutzten Wissenschaftler die Daten von Radarmessungen, die sie während der NASA-Kampagne IceBridge und bei früheren, luftgestützten Kampagnen gewonnen haben. Die Radarstrahlen vermögen das Eis zu durchdringen.

Der Blick auf die tausende gefrorenen Schichten innerhalb des Eisschildes ist wie ein Blick zurück in die Erdgeschichte. Jede Schicht ist ein Klimazeugnis über die Zeit der beginnenden Zivilisation oder der letzten Eiszeit oder einer vergangenen Warmzeit, ähnlich der, in der wir aktuell leben.

Zur Animation auf Grafik klicken (externer Link zu YouTube)

Quelle: NASA

Die erste Version des europäischen Satelliten Cryosat für die Beobachtung der Kryosphäre wurde 2005 aufgrund eines Raketenversagens beim Start zerstört. Ein zweites Exemplar wurde 2010 gestartet. Der amerikanische ICESat ist seit 2003 im Orbit und war bis 2009 in Betrieb. Die zweite Generation der Laser-Altimetermission (ICESat-2) startete am 15.9.2018.

Seit wenigen Jahren hat das von der WMO geförderte Programm Global Cryosphere Watch (GCW) seine Arbeit aufgenommen, das als internationales Instrument zur Unterstützung aller wesentlichen in situ- und Fernerkundungsbeobachtungen bezüglich der Kryosphäre fungiert.

Weitere Informationen:


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