Rosetta
Am 2. März 2004 mit einer Ariane 5 G+ von Kourou aus gestartete Mission der ESA mit Beiträgen von ihren Mitgliedsstaaten und der NASA zur Erforschung des Kometen 67 P/Churyumov-Gerasimenko insbesondere seines Kerns und seiner Umwelt. Die Mission soll die Entstehung von Kometen, wie auch des Sonnensystems und damit auch unsere eigene Entstehungsgeschichte erklären helfen. Sie wurde wie vorgesehen am 30. September 2016 beendet.
Ziel der aus einer Sonde und einem Landeroboter (Lander) bestehenden Mission war ein Rendezvous mit dem ca. 3 x 4 km großen Kometen, der inzwischen von Beteiligten und seit etwa Mitte 2014 auch von den Medien oft in verniedlichender Kurzform Tschuri genannt wird. Der grob einem Quietsche-Entchen ähnelnde Komet hat einen Kern mit einem Volumen von ca. 25 km³ und umkreist die Sonne alle 6,6 Erdjahre in einer Entfernung von 186 Millionen bis 857 Millionen Kilometern.
Um ihr Ziel zu erreichen, musste die Rosetta-Sonde während ihrer ca. 7 Mrd. km langen Reise mit Hilfe von insgesamt vier Swing-by-Manövern in den Schwerkraftfeldern von Erde und Mars Schwung holen. Auf ihrem Weg passierte die Sonde Rosetta zusammen mit ihrem Landemodul Philae auf der 10-jährigen Reise in den Jahren 2008 bzw. 2010 die Asteroiden (2867) Šteins und (21) Lutetia. Nach Erreichen des Kometen 67 P am 6. August 2014 wurde Rosetta in 100 Kilometern Entfernung zu Tschuri auf relative Schrittgeschwindigkeit abgebremst. Die mit vielfältigen Sensoren ausgestattete Sonde umrundete seither den Kometen in wenigen Kilometern Höhe.
Rosetta Rosetta ist die erste Mission mit dem Ziel, auf einem Kometen zu landen und ihn über längere Zeit aus der Nähe zu erkunden. Rosetta beim Absetzen des Landers Philae |
Lander Philae Rosettas Lander Philae verankert sich auf dem Kometenkern - idealisierte Vorstellung Quellen: DLR |
Am 12. November 2014 gegen 9:35 UTC dockte der Lander Philae in 22,5 Kilometern Höhe von der Raumsonde Rosetta ab und sank auf den Kometen herunter, wo er zunächst um 16:33 UTC und dann nach zwei Sprüngen um 18:26 und 18:33 aufsetzte. Um ein Abprallen zu vermeiden, verfügt Philae über ein komplexes Landesystem mit Dämpfungsmechanismen, zusätzlich sollte sich Philae mit zwei Harpunen und drei Eisbohrern auf der Kometenoberfläche verankern. Dabei kam es zu Fehlfunktionen. Für seine wissenschaftliche Arbeit ist der Lander mit zehn wissenschaftlichen Instrumenten bestückt. Bereits während des Landeanflugs hatte Philae erste Daten gesammelt und via Rosetta über die große Entfernung von 490 Millionen Kilometer zur Erde übermittelt. Nach der Landung auf der Kometenoberfläche nahm Philae verschiedene physikalisch-chemische Messungen vor, unter anderem wird versucht, organische Verbindungen wie etwa Aminosäuren im Kometeneis zu detektieren.
Philae schaltete sich am 15. November 2014 um 1.15 Uhr ab, nachdem er etwa 60 Stunden auf dem Kometen in Betrieb war. Seit dem 12. März 2015 war immer wieder die Kommunikationseinheit auf dem Orbiter Rosetta eingeschaltet, um den Lander zu rufen und seine Antwort zu empfangen. Mitte Juni meldete sich der Lander für kurze Zeit aus seinem Winterschlaf zurück und sendete die ersten Daten zur Erde. Über 300 Datenpakete hat das Team des Lander-Kontrollzentrums des DLR ausgewertet. Man strebt nunmehr an, die Kommunikationsverbindung zu stabilisieren.
Rosetta Die Meilensteine von Rosettas Reise durch das Sonnensystem Quelle: ESA |
Nach vielen Monaten vergeblicher Versuche, mit Philae Kontakt aufzunehmen, ist nun die Mission des Landers beendet. Auch im Januar 2016 gelang es nicht, via Muttersonde Rosetta in Kontakt mit Philae zu treten. Nun hat sich der Komet 67P so weit von der Sonne entfernt, dass die am Landeplatz eintreffende Sonnenstrahlung nicht mehr ausreicht, die Batterien von Philae für einen Betrieb aufzuladen. Zuletzt war am 9. Juli 2015 für wenige Minuten ein Kontakt zu Philae gelungen, seitdem war nichts mehr zu hören. Philae wurde in der Folge aufgegeben. Erst spät wurde Philae wiedergefunden. Am 2. September 2016 nahm die OSIRIS-Kamera auf der Raumsonde Rosetta die entscheidenden Bilder von der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko auf. Sie zeigen den Lander schräg in einer Schlucht liegend, zwei der drei Landebeine deutlich sichtbar. Die Missionsleitung hatte sich inzwischen auf die Muttersonde Rosetta konzentriert. Man ging davon aus, dass sich im September 2016 der Komet so weit von der Sonne entfernt haben würde, dass auch Rosetta nicht mehr genug Energie hätte, ihre Instrumente zu betreiben. Daher plante die ESA, die Sonde im September möglichst sanft auf der Oberfläche des Kometenkerns aufsetzen zu lassen. Die leichte Hoffnung, dass die Sonde sogar die Landung überstehen würde, obwohl sie darauf nicht ausgelegt war, erfüllte sich nicht. Die Sonde funkte am 30. September 2016 um 13:19 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit ihr letztes Signal zur Erde - mit dem Aufprall auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko endete die ESA-Mission. Auf dem Kollisionskurs zum Kometen konnten aber sieben Instrumente noch Daten aufnehmen und zur Erde senden.
Die Kamera OSIRIS nahm bereits seit Sommer 2016 immer wieder Fotos bei nahen Überflügen auf. Auch beim langsamen Abstieg der Sonde in Richtung Kometenoberfläche hatten die Kamera und ihre Datenpakete eine hohe Priorität und zeigte den Kometen aus nur fünf Metern Entfernung. Für Instrument ROSINA, das die Zusammensetzung der Gase bestimmt, waren die Messungen in unmittelbarer Nähe von Churyumov-Gerasimenko ein zusätzlicher Schatz. Als drittes Instrument mit hoher Priorität war RPC (Rosetta Plasma Consortium) eingeschaltet, das die unmittelbare Plasma-Umgebung des Kometenkerns und dessen Wechselwirkung mit dem Sonnenwind erforscht. Darüber hinaus waren aber auch das Mikrowelleninstrument MIRO, das Instrument GAIDA zur Analyse der Staubkörner, das UV-Spektrometer ALICE sowie das RSI-Instrument zur Bestimmung des Gravitationsfeldes aktiv. Die Ergebnisse werden die Wissenschaftler wohl auch noch in den nächsten Jahren beschäftigen.
Da die Beschaffenheit des Kometen vor Eintreffen der Sonde nicht bekannt war, hat Rosetta zunächst seine Oberfläche kartografiert und analysiert. So machte man eine geeignete Landestelle ausfindig, auch wenn im Vorfeld über ihre notwendige Beschaffenheit keine gesicherten Erkenntnisse vorlagen.
Die Sonde ist nach dem Rosetta-Stein benannt, jener Stele aus Granodiorit, die 1799 von einem französischen Soldaten aus Napoleons Armee nahe der Stadt Rosette oder Rosetta (arab. رشيد Raschīd) am Nil entdeckt wurde, und die eine Schlüsselrolle bei der Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen spielte. Entsprechend könnte die Rosetta-Mission der Schlüssel zur Aufdeckung der Rätsel um die Entstehung des irdischen Lebens sein. Philae wiederum ist nach einer inzwischen durch Staumaßnahmen überfluteten Insel im Nil bei Assuan benannt, deren Tempelanlagen des Isis-Heiligtums auf die benachbarte Insel Agilkia verlagert wurden. Dies ist auch der Name des Landeplatzes von Philae, ursprünglich als Site J bezeichnet.
Ursprünglich sollte Rosetta den etwas kleineren Kometen 46P/Wirtanen ansteuern. Wegen technischer Probleme mit der Ariane-Rakete verstrich das Startfenster, worauf die Missionsplaner 67 P/Churyumov-Gerasimenko als neues Ziel auswählten.
Philaes Abstieg auf den Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko, beobachtet von Rosettas Kamera OSIRIS
Als Lander Philae am 15. November 2014 um 1.36 Uhr in den Ruhezustand ging, hatte er mit Hilfe seiner Primärbatterie etliches geleistet: Über 500 Mio. km entfernt von der Erde hatte das Mini-Labor mit zehn Instrumenten an Bord nach der Atmosphäre geschnüffelt, gebohrt, gehämmert und den Kometen durchleuchtet. Dabei hatte er nach einer dreifachen Landung und einem neuen, ungeplanten Standort nicht die günstigsten Voraussetzungen. Mehr als 60 h arbeitete Philae dennoch kontinuierlich und schickte bei jeder Funkverbindung Daten.
Der wissenschaftliche Leiter des DLR-Projekts, Dr. Ekkehard Kührt, ist mit den bisherigen Ergebnissen sehr zufrieden. "Wir haben viele wertvolle Daten gesammelt, die man nur in direkter Berührung mit dem Kometen erhalten kann. Zusammen mit den Messungen der Rosetta-Sonde sind wir auf einem guten Weg, Kometen besser zu verstehen. Ihre Oberflächeneigenschaften scheinen ganz anders zu sein als bisher gedacht!"
Philaes Abstieg auf den Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko, beobachtet von Rosettas Kamera OSIRIS Quelle: NASA |
Airbus Defence and Space Deutschland war Hauptauftragnehmer für die Rosetta-Mission und verantwortlich für den Bau der Sonde. Philae wurde von einem internationalen Konsortium unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), MPS, CNES und ASI entwickelt und gebaut.
Weitere Informationen:
- The first European asteroid 'flyby' (esa bulletin 137, 2009)
- Mission Rosetta - Reise zu einem Kometen (DLR Broschüre 2015)
- Philae Lander Fact Sheets (DLR 2004)
- The Chase is on (Emily Baldwin, ESA Bulletin 158, p.60-65, May 2014)
- Rosetta (ESA)
- Rosetta’s frequently asked questions (ESA)
- rosetta blog (ESA)
- Rosetta - Europas Kometenjäger (DLR)