Lexikon der Fernerkundung

Global Navigation Satellite System (GNSS)

Dt. Globales Navigationssatellitensystem; allgemeine Bezeichnung für ein weltweit verfügbares System zur Positions- und Zeitbestimmung und Navigation auf der Erde und in der Luft durch den Empfang der Signale von Navigationssatelliten und Pseudoliten. Ein GNSS ist ein passives System, d. h. der Nutzer kommuniziert nicht mit dem Satelliten, sondern empfängt nur (Mikrowellen-)Signale.

Bei einem GNSS steht nicht allein die Standortbestimmung im Mittelpunkt, sondern darauf aufbauend die Inwertsetzung durch Navigationssysteme für Personen, Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge. Gerade diese Anwendungen stellen weitergehende Anforderungen an die Positionierungssysteme, die über die zu erreichende geometrische Genauigkeit der Lagebestimmung hinausgehen.

Am 22. Februar 1978 wurde der erste GPS-Satellit in den Orbit gebracht. Seither ist viel geschehen und die Nutzung der Signale der GNSS (Global Navigation Satellite System) hat die Vermessung, Navigation und Zeithaltung, aber auch die Meteorologie und die Art und Weise, wie wir Karten lesen und im täglichen Leben navigieren grundlegend verändert und ist für autonomes Fahren und Fliegen nicht mehr wegzudenken. Rund 6 Milliarde Smartphones mit GNSS-Empfängerchips sind heute im Umlauf (EUSPA 2022).

Nachdem das amerikanische GPS in den 1980er Jahren für die zivile Nutzung verfügbar wurde, wurde es sogleich für erste geodätische Messkampagnen eingesetzt. Eine der ersten Kampagnen diente 1986 der Messung von Plattenbewegungen in Kalifornien. Mit dem Start der ersten europäischen Navigationssatelliten GIOVE-A und GIOVE-B in den Jahren 2005 und 2008 wurde eine neue Ära mit mehr Signalen auf mehr Frequenzen und besseren Satellitenuhren eingeleitet.

Derzeit (2024) sind NAVSTAR/GPS, GLONASS, BeiDou und Galileo die einzigen vollständig global einsatzfähigen Navigationssatellitensysteme. Inzwischen nutzen viele Empfänger gleichzeitig GPS-, GLONASS-, Galileo- und bereits auch BeiDou-Signale.

Die im ESA-Sprachgebrauch erste Stufe (GNSS 1) von GNS-Systemen basiert auf den vorhandenen amerikanischen und russischen Systemen GPS (NAVSTAR Global Positioning System) und GLONASS (Global'naya Navigatsionnaya Sputnikovaya Sistema) und bezieht ergänzende zusätzliche Maßnahmen ein, um für eine bestimmte Region die Situation für die zivile Navigation zu verbessern. In Europa werden dazu unter dem Namen EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) Transponder auf geostationären Kommunikationssatelliten (INMARSAT) installiert, um vorrangig Sicherheits- und Zuverlässigkeitsinformationen über den Systemzustand zu übermitteln. Im Jahre 2002 wurde beschlossen, im Rahmen von GNSS 2 ein eigenständiges ziviles europäisches Satellitennavigationssystem unter der Bezeichnung GALILEO aufzubauen. Im Dezember 2016 ist das GALILEO System mit der Erklärung sog. „erster Dienste“ in die operationelle Phase eingetreten. Seither können Nutzer Signale von GALILEO Satelliten im All verwenden. Verfügbar sind zunächst der offene Dienst (Open Service, OS), der Such- und Rettungsdienst (Search and Rescue, SAR) sowie der öffentlich-regulierte Dienst (Public Regulated Service, PRS). Das chinesische System BeiDou befindet sich seit Mitte 2021 im Vollbetrieb.

Ein GNSS hat neben der genauen Positionsbestimmung noch weitere Fähigkeiten. Schon bevor das amerikanische GPS im Jahr 1995 voll funktionstüchtig war, wurden die global und kontinuierlich verfügbaren Signale für geowissenschaftliche Anwendungen eingesetzt. Beispiele dafür sind das präzise Aufzeichnen der Bewegung der Kontinentalplatten mit einer Genauigkeit von einigen Millimetern pro Jahr, regionale und globale Atmosphärensondierung zur Verbesserung von Wetter- und Klimavorhersagen sowie die Fernerkundung von Wasser-, Eis- und Landoberflächen. Die Möglichkeiten von globalen Navigationssatellitensystemen für die Erdbeobachtung und das Spektrum der Anwendungen vergrößern sich kontinuierlich. Diese Entwicklung wird vor allem durch den Übergang vom Einzelsystem GPS zum sogenannten Multi-GNSS stimuliert, welches das russische GLONASS, das chinesische BeiDou und das europäische Galileo mit einbezieht. Zusätzlich steigt die Anzahl von GNSS-Empfängern auf der Erdoberfläche und auf niedrigfliegenden Satelliten stetig an.

Nutzungsbeispiele für Globale Navigationssatellitensysteme:

Die Leistung eines GNSS wird anhand von vier Kriterien bewertet:

Diese Leistung kann durch regionale satellitengestützte Zusatzsysteme (SBAS), wie beispielsweise den European Geostationary Navigation Overlay Service (EGNOS), verbessert werden. EGNOS verbessert die Genauigkeit und Zuverlässigkeit von GPS-Informationen, indem es Fehler bei der Signalmessung korrigiert und Informationen über die Integrität seiner Signale liefert.

GNSS-Industrie und Wertschöpfungskette

In der Kombination von mobiler Telekommunikation, Informationsdiensten und Navigation liegen außerordentliche Marktpotenziale. Die GNSS-Wertschöpfungskette besteht aus einer nachgelagerten (downstream) und einer vorgelagerten (upstream) Komponente. Der vorgelagerte Teil besteht aus denjenigen Elementen, die die Weltrauminfrastruktur aufbauen (Satelliten, Bodensegment) und den Nutzern ein Signal liefern. Die downstream-Komponente hingegen liefert die Produkte und Dienstleistungen, die GNSS-basierte Ortung und Navigation als wesentliche Voraussetzung nutzen. Diese Produkte und Dienstleistungen umfassen die gesamte Wertschöpfungskette von GNSS-spezifischen Komponenten, GNSS-Empfängern, GNSS-fähigen Systemen, GNSS-fähiger Software und Mehrwertdiensten.

Quelle: GSA

Das GNSS-Downstream nutzt die vorgelagerte Infrastruktur und Signale innerhalb ihrer Komponenten, Anwendungen und Dienste. Diese nachgelagerte Branche lässt sich innerhalb der Wertschöpfungskette in drei weitere Kategorien unterteilen:

Die European GNSS Agency (GSA) analysiert regelmäßig die GNSS-Wertschöpfungskette, um den Marktanteil der Unternehmen in jeder Weltregion abzuschätzen. Die Liste mit fast 900 Unternehmen in jedem Segment der Wertschöpfungskette für die Ausgabe 2017 finden Sie hier.

Weitere Informationen:


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