DSCOVR
Engl. Akronym für Deep Space Climate Observatory, frühere Bezeichnung Triana (Rodrigo de Triana - Name des Besatzungsmitglieds auf Kolumbus' Schiff Pinta, der als erster amerikanisches Land entdeckt hatte); das klimabezogene DSCOVR der NASA ist die erste Erdbeobachtungsmission zum Lagrange-1(L1)-Punkt zwischen Erde und Sonne. Dessen Lage entspricht 1 Prozent der Wegstrecke Erde-Sonne oder ca. 1,5 Mio km. Dies ist der Ort, an dem die Sonne die gleiche Anziehung auf ein Raumfahrzeug ausübt wie die Erde. Der Satellit benötigt wie die Erde ein Jahr Umlaufzeit um die Sonne. Von dort hat DSCOVR einen kontinuierlichen Blick auf die sonnenbeschienene Seite der Erde mit großer zeitlicher Auflösung. Die Mission erlaubt die Erdbeobachtung gleichzeitig mit den LEO- und GEO-Satelliten und bietet so die Chance zu Synergismen und Kalibrierungsvergleichen. Durch diesen Einsatz mehrerer Satelliten können einzigartige Datensätze erstellt werden.
Die DSCOVR-Mission hat die Rolle des Advanced Composition Explorer (ACE) der NASA bei der Unterstützung von Sonnenwindwarnungen von der Umlaufbahn L1 aus übernommen. Von dieser Position aus kann DSCOVR in der Regel eine 15- bis 60-minütige Vorwarnung geben, bevor ein Sturm aus Teilchen und Magnetfeld, ein so genannter Koronaler Massenauswurf (CME), die Erde erreicht. Die DSCOVR-Daten tragen auch dazu bei, die Vorhersagen über die Standorte der Auswirkungen geomagnetischer Stürme zu verbessern. Unsere nationale Sicherheit und unser wirtschaftliches Wohlergehen, die von fortschrittlichen Technologien abhängen, sind ohne diese Vorwarnungen gefährdet.
Zu den Sensoren des Satelliten gehören:
- ein Radiometer, das sog. National Institute of Standards and Technology Advanced Radiometer (NISTAR); es misst die Bestrahlungsstärke der sonnenbeschienenen Erdseite. Diese Daten werden verwendet um Änderungen im Strahlungshaushalt der Erde zu untersuchen, die durch natürliche Vorgänge oder durch menschlichen Einfluss verursacht werden. Das Radiometer misst in vier Kanälen:
- für die Gesamtstrahlung in den Bereichen ultraviolett, sichtbar und infrarot (0,2-100 µm)
- für die reflektierte Sonnenstrahlung in ultraviolett, sichtbar und nahes Infrarot (0,2-4 µm)
- für die reflektierte Sonnenstrahlung in infrarot (0,7-4 µm)
- für Kalibrierungszwecke im Bereich 0,3-1 µm
- ein 10-kanaliges abbildendes Spektroradiometer, die sog. Earth Polychromatic Imaging Camera (EPIC); sie macht Aufnahmen (ultraviolett bis nahes Infrarot) von der sonnenbeschienenen Seite der Erde zu verschiedenen erdwissenschaftlichen Verwendungszwecken.
- das Plasma-Magnetometer (PlasMag) für Vorhersagen des Weltraumwetters mit drei Einzelinstrumenten:
- ein Magnetometer zur Messung des Magnetfeldes
- ein Faraday-Becher zur Messung positiv geladener Teilchen
- Elektrostatischer Analysator (engl. electrostatic analyzer) zur Messung von Elektronen
Ein neues Blue Marble-Bild der Erde
Nach einer Reise von rund 1,6 Millionen Kilometern zum Lagrange-Punkt L1 hat der Satellit mit seiner Earth Polychromatic Imaging Camera (EPIC) erstmals einen Blick auf die gesamte sonnenbeschienene Seite der Erde geworfen. Bei L1 - viermal weiter entfernt als die Umlaufbahn des Mondes - hebt sich die Gravitationskraft von Sonne und Erde auf, so dass eine stabile Umlaufbahn und ein kontinuierlicher Blick auf die Erde entsteht. Das Bild unten wurde durch die Kombination von Informationen aus den roten, grünen und blauen Kanälen von EPIC erstellt.
Dieses erste öffentliche Bild zeigt die Auswirkungen des Sonnenlichts, das von Luftmolekülen gestreut wird und der Scheibe einen charakteristischen bläulichen Farbton verleiht. Das EPIC-Team entwickelt Datenverarbeitungstechniken, mit denen die Landmerkmale hervorgehoben und dieser atmosphärische Effekt entfernt werden kann. Sobald das Instrument mit der regelmäßigen Datenerfassung beginnt, werden täglich neue Bilder verfügbar sein. Die Daten von EPIC werden verwendet, um die Ozon- und Aerosolwerte in der Erdatmosphäre sowie die Wolkenhöhe, die Eigenschaften der Vegetation und das Ultraviolett-Reflexionsvermögen der Erde zu messen. Die NASA wird diese Daten für eine Reihe von geowissenschaftlichen Anwendungen nutzen, darunter auch für Staub- und Vulkanaschekarten des gesamten Planeten.
Seit die Apollo-17-Astronauten 1972 das ikonische Blue Marble-Foto aufgenommen haben, war es nicht mehr möglich, die gesamte Sonnenseite der Erde auf einmal zu fotografieren. Zwar hat die NASA im Laufe der Jahre weitere Blue Marble-Bilder veröffentlicht, doch handelte es sich dabei meist um Mosaike, die mit Bildbearbeitungssoftware zusammengefügt wurden - nicht um eine einzige Ansicht der Erde, die zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgenommen wurde.
An EPIC New View of Earth ![]() |
Die Messungen der von der Erde emittierten Infrarotstrahlung werden zum Monitoring der globalen Erwärmung und der Klimavariabilität herangezogen. Messungen von Sonnenwinden, Magnetfeldern und Plasma liefern neue wissenschaftliche Erkenntnisse und fungieren als Frühwarnsystem für Gefahren, die von Sonnenereignissen für erdnahe Satelliten ausgehen (Sonnenwinde erreichen L1 ca. 1 h früher als die Erde). Weitere Untersuchungsobjekte sind die Dynamik der oberen Atmosphäre sowie die Wolkendecke mit ihren klimawirksamen Eigenschaften. Parallel zur DSCOVR-Mission wird umfangreiches Lehrmaterial mit interdisziplinärem Charakter entwickelt.
Jahrelang wurde der Satellit wegen politischer Kontroversen eingelagert. Im Dezember 2012 gab das Unternehmen SpaceX bekannt, dass der DSCOVR-Satellit 2014 mit einer SpaceX-eigenen Falcon-9-Rakete gestartet wird. Nach mehreren Verschiebungen erfolgte der Start am 11. Februar 2015.
Weitere Informationen:
- DSCOVR: Deep Space Climate Observatory (NOAA NESDIS)
- DSCOVR-Profil im CEOS EO Handbook (CEOS / ESA)
- DSCOVR (eoPortal Directory)
- NOAA’s Deep Space Climate Observatory (DSCOVR): Celebrating a Decade of Protecting Earth from Space Weather (NOAA 2025)