Entwicklungskooperation und Fernerkundung
Wie viele andere Staaten engagiert sich Deutschland seit Jahren sehr stark in der internationalen Umwelt- und Klimapolitik und in der damit verknüpften Entwicklungszusammenarbeit. In der letzten Zeit wurden hierfür wegweisende internationale Vereinbarungen getroffen, insbesondere das Pariser Klimaabkommen, das Sendai Rahmenwerk zur Katastrophenvorsorge und die UN Nachhaltigkeitsziele. Umsetzung und Überprüfung dieser Abkommen und ihrer Indikatoren bringen einen erheblichen weltweiten Bedarf an Beobachtungsdaten, -technologien und -methoden mit sich. Die Satellitenfernerkundung bietet hierfür großes Potenzial und spielt nicht zuletzt vor dem Hintergrund neuer Möglichkeiten wie Copernicus und seiner globalen Daten und Dienste eine größer werdende Rolle. Vorteile der Fernerkundung ergeben sich insbesondere bei schwer zugänglichen Gebieten der Erdoberfläche. Dabei eröffnen sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in zivilen Kontexten.
Diese Kontexte legen ein großes Potenzial gerade auch für Entwicklungsländer nahe, da aufgrund ohnehin geringer bodennah erhobener Datenbestände deren Vorzüge (weitgehend autonome, systematische Datenerfassung über unzugänglichen Gegenden) besonders zum Tragen kommen können. Aufgrund zunehmender ökologischer und sozialer Probleme (Desertifikation, Erosion, Stadtentwicklung) in Entwicklungsländern scheint ein Bedeutungsgewinn wahrscheinlich.
Wichtigste Anwendungsbereiche sind Waldmanagement (Waldflächenkartierung, Monitoring der Entwaldung, Berechnung der Kohlenstoffspeicherung, Aufnahme und Vorhersage von Schädlingsbefall), Land- und Weidemanagement (Monitoring der Ernte, Kartierung, Ernteausfälle, Berechnung von zukünftigen Erträgen, Erfassen von Nutzflächen für den Anbau), Land Governance (Landnutzungsplanung, Bewertung von Landdegradierung, Erosionskarten, Katasterkarten zur Registrierung von Landeigentums- und Landnutzungsrechten), Wassermanagement (Wasserressourcenmanagement, Kartierung von Wasser- und Flusseinzugsgebieten, Hochwasserschutz), Biodiversität (Habitatsmanagement) und Katastrophenmanagement.
Der hohe Bedarf an Fernerkundungsdaten (FE-Daten) in Entwicklungsländern trifft auf zunehmende Verfügbarkeit von bezahlbaren oder kostenfreien FE-Daten: z. B. Landsat, Sentinel. Endnutzer der FE-Daten sind Behörden (Lokalverwaltung, Planungsbüros, Grundbuchamt, Katasteramt, Umwelt-, Landwirtschafts-, Forstministerien), politische Entscheidungsträger, internationale Organisationen (World Heritage Committee), Privatsektor (Einzelhandel, Versicherungen) und die Zivilgesellschaft. Gerade in Entwicklungsländern stehen Anwender aber auch vor Herausforderungen, die den Einsatz dieser Technologie in der Praxis behindern können. Wichtige Problembereiche stellen Datenauflösung, Kosten der Daten und der Verarbeitung, Wolkenbedeckung, mangelnde Kenntnis der Nutzer im Umgang, Datendownload mit instabiler Internetverbindung, Verarbeitungs- und Speicherkapazitäten der Computer, rechtliche Rahmenbedingungen, der politische Wille (Governance) sowie der Datenaustausch mit anderen Akteuren dar. Hier kann Copernicus durch den offenen Zugang auch für Partnerländer der EZ eine Chance bieten, trotz geringerer technischer und finanzieller Ressourcen die Vorteile der Fernerkundung zur Lösung drängender Probleme zu nutzen.
Raumfahrtagenturen verfolgen für die Entwicklungszusammenarbeit verschiedene Ansätze. Neben globalen Fernerkundungsprodukten und Plattformlösungen umfassen diese auch Methodenguidance, Capacity Building Initiativen und Kooperationen mit Entwicklungsagenturen und -banken.
Innerhalb der Partnerländer ist auch zu differenzieren zwischen fortgeschrittenen Schwellenländern, die bereits zum Teil über eine international konkurrenzfähige Satellitentechnologie und Fernerkundungsinfrastruktur verfügen (z. B. Brasilien, Indien, China) und den Partnerländern, die in diesem Bereich Nachholbedarfe haben. (DLR)
Bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) werden verschiedene FE-Technologien u. a. bei folgenden Projekten eingesetzt:
- Verbesserung des klimaresilienten Managements natürlicher Ressourcen der Küstenregion des Mekong Deltas für eine nachhaltige Entwicklung der Region. Der Fokus liegt auf provinzübergreifendem Land- und Wassermanagement sowie Küstenschutz, zum Beispiel durch Fernerkundung mit Leichtgewicht-Drohnen in Erosionsgebieten an Küsten, Kanälen und in Mangrovenwäldern. Im Zusammenspiel mit Datenverarbeitung und kombiniert mit satellitengestützten Massendaten (big data) zu Klimaprognosen oder Küsten- und Uferlinien lassen sich Entscheidungen für Infrastrukturinvestitionen treffen.
- RIICE: Satellitendaten zur Vorhersage der Reisproduktion und Versicherung von Ernteausfällen in Asien. Durch satellitengestützte Ernteausfallversicherungen soll die Anfälligkeit von kleinen Reisbäuerinnen und Kleinbauern im Hinblick auf extreme Wetterereignisse verringert und ihre wirtschaftliche Situation gestärkt werden. Die GIZ, das Rückversicherungsunternehmen SwissRe, das International Rice Research Institute (IRRI), das Softwareunternehmen sarmap SA und die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) haben gemeinsam eine Initiative ins Leben gerufen, um die Reisanbaugebiete mit SAR zu überwachen und gegen extreme Wetterereignisse abzusichern.
- Entwicklung integrierter Monitoringsysteme für REDD+ in der SADC-Region. In für die Region Southern African Development Community (SADC) typischen Waldökosystemen ist ein MRV-System (Measuring, Reporting, Verification) innerhalb des REDD+-Mechanismus eingerichtet und getestet, das mit den Empfehlungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) übereinstimmt. In Testgebieten werden Fernerkundungsdaten ausgewertet, um die Veränderungen der Wälder in den letzten Jahren zu ermitteln. Weiterhin werden Forstinventuren durchgeführt, um die Waldbiomasse zu dokumentieren und den Kohlenstoffgehalt zu schätzen.
- SICA: Förderung des Monitorings von Biodiversität und Klimawandel in der Region Selva Maya. Durch kleinbäuerliche Landwirtschaft, Viehzucht, illegalen Holzeinschlag und den illegalen Handel mit tropischen Tier- und Pflanzenarten ist die Selva Maya gefährdet. Der Rückgang und die Fragmentierung der Waldflächen in der Selva Maya und der Raubbau an ihren Ressourcen stellen eine Bedrohung für die Biodiversität und Ökosysteme der Region dar. Die Fernerkundung birgt großes Potenzial für die Bereitstellung wichtiger Daten im Bereich Umweltmonitoring; bei den Projektaktivitäten wird dies berücksichtigt.
- Biodiversität und Klimawandel. Indonesien zählt mit der weltweit drittgrößten Tropenwaldfläche zu den „Biodiversitäts-Hotspots“ der Erde. Das Land verfügt über die größten Torfflächen in den Tropen. Fortschreitende Entwaldung und die Degradierung von Wäldern und Mooren, insbesondere durch Brandrodung, führen zu einer raschen Abnahme der Artenvielfalt. Gleichzeitig tragen sie maßgeblich zu den hohen CO2-Emissionen des Landes bei. Behörden und Institutionen in Südsumatra werden in die Lage versetzt, nachhaltige Schutz- und Managementkonzepte für besonders wertvolle Wälder zu entwickeln und umzusetzen.Das Projektteam hat neue Monitoring-Instrumente vorgestellt und vor allem auf Basis von Fernerkundung mit den Partnern eingeführt.
- Für eine klimaresiliente Zukunft des Mekong Deltas. Weltweit zählt das Mekong Delta zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. Küstenerosion, Versalzung, Süßwasserknappheit und zunehmende Extremwetterereignisse bedrohen die Lebensgrundlage von mehr als 17 Mio. Menschen im Delta. Das Management natürlicher Ressourcen im Mekong Delta berücksichtigt den Klimawandel (klimaresilientes Management). Eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen Auswirkungen des Klimawandels soll die nachhaltige Entwicklung der Region verbessern. Der Fokus liegt auf provinzübergreifendem Land- und Wassermanagement sowie Küstenschutz, zum Beispiel durch Fernerkundung mit Leichtgewicht-Drohnen in Erosionsgebieten an Küsten, Kanälen und in Mangrovenwäldern. Im Zusammenspiel mit Datenverarbeitung und kombiniert mit satellitengestützten Massendaten (big data) zu Klimaprognosen oder Küsten- und Uferlinien lassen sich Entscheidungen für Infrastrukturinvestitionen treffen.
- Förderung verantwortungsvoller Agrarinvestitionen in Äthiopien. Die äthiopische Regierung bemüht sich darum, die landwirtschaftliche Produktion und ihre Effizienz zu steigern, Kleinbauern Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten und die großflächige kommerzielle Landwirtschaft, vor allem in den Tieflandgebieten, auszubauen. Schulungs- und Validierungsworkshops für Beamte, Investoren und Organisationen der Zivilgesellschaft wurden in Addis Abeba und in den Regionen Benishangul-Gumuz und Gambella durchgeführt, wobei auch ein Fernerkundungstool zur Verfolgung von Investitionen vorgestellt wurde.
Weitere Informationen:
- Earth Observations and Geospatial Information: Supporting Official Statistics in Monitoring the SDGs (GEO / UN-GGGIM)
- Fernerkundung: Anwendungspozenziale in Afrika - TAB Arbeitsbericht Nr. 154 (K. Gerlinger)
- Remote Sensing-based Information and Insurance for Crop in Emerging Economies (GIZ)
- Earth Observation for Development (World Bank / ESA)
- ESA and the Sustainable Development Goals (ESA)