European Flood Awareness System (EFAS)
Das Europäische Hochwasserwarnsystem (European Flood Awareness System – EFAS) liefert bis zu zehn Tage im Voraus Übersichten über aktuelle und prognostizierte Überschwemmungen in Europa und leistet damit einen Beitrag zum besseren Schutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger, der Umwelt, der Infrastruktur, des Eigentums und des Kulturerbes. Das System wird seit 2002 von der Gemeinsamen Forschungsstelle – dem internen wissenschaftlichen Dienst der Kommission – entwickelt, die dabei eng mit den nationalen hydrologischen und meteorologischen Diensten, europäischen Zivilschutzorganisationen wie dem Beobachtungs- und Informationszentrum (Monitoring and Information Centre – MIC) und anderen Forschungsinstituten zusammenarbeitet.
EFAS schließt die Lücke zwischen der Satellitentechnologie und dem Katastrophenmanagement vor Ort. Es bietet nationalen und lokalen Behörden eine europaweite Perspektive, indem es Echtzeit-Satellitendaten, meteorologische und hydrologische Modelle sowie historische Aufzeichnungen kombiniert. Die Hauptziele der EFAS sind vierfacher Natur:
- Antizipatives Hochwasserbewusstsein: EFAS liefert probabilistische Hochwasserrisikovorhersagen mit Vorlaufzeiten von bis zu zehn Tagen, um eine proaktive Entscheidungsfindung zu ermöglichen;
- Integration und Unterstützung: Die EFAS ergänzt bestehende nationale und regionale Vorhersagesysteme durch die Bereitstellung einer Vielzahl von Mehrwertprodukten, insbesondere für grenzüberschreitende Hochwasserereignisse;
- Grenzüberschreitende Koordination: EFAS erleichtert das kooperative Hochwasserrisikomanagement zwischen den Mitgliedstaaten durch die Bereitstellung harmonisierter und räumlich umfassender Vorhersagen;
- Bereitschaft für Notfallmaßnahmen: Das EFAS unterstützt die Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe (GD ECHO) durch die gezielte Bereitstellung von Informationen für das Koordinierungszentrum für Notfallmaßnahmen (ERCC).
Im Rahmen seiner Aktivitäten unterstützt das EU-Weltraumprogramm die Hochwasservorsorge durch mehrere ergänzende Initiativen. Die Sentinel-Satelliten des Copernicus-Programms, insbesondere die der Sentinel-1-Mission, liefern nahezu in Echtzeit Erdbeobachtungsdaten, die zur Kartierung des Ausmaßes von Überschwemmungen und zur Bewertung von Erholungsgebieten verwendet werden.
Das Europäische Hochwasserwarnsystem, das Teil des Copernicus Emergency Management Service (CEMS) ist, steht im Mittelpunkt der Vorbereitungsbemühungen der EU. Dieser Beobachter skizziert seine Entwicklung, sein Produktportfolio und seinen Beitrag zur Verbesserung der Hochwasservorsorge in Europa, wobei er auch auf neue Innovationen und zukünftige Entwicklungen innerhalb des Systems eingeht.
Für die Zukunft wird das EFAS weiterhin neue Technologien und Daten integrieren, wie z. B. künstliche Intelligenz (KI) oder die Einbeziehung von Produkten der EU-Initiative Destination Earth, die die hochauflösende Klima- und Wettermodellierung weiter verbessern sollen.
Im breiteren Rahmen des EU-Weltraumprogramms sind weitere Entwicklungen in Bezug auf die Hochwasservorsorge im Gange. So wird das auf Galileo basierende Frühwarnsatellitensystem (EWSS) die fortschrittlichen Ortungsfähigkeiten der Galileo-Satelliten nutzen, um schnelle und lokalisierte Warnungen zu liefern und das Situationsbewusstsein bei Hochwassernotfällen zu verbessern.
Wie EFAS bei den verheerenden Überschwemmungen in Mitteleuropa im Jahr 2024 Hilfe geleistet hat:
Ein Tiefdruckgebiet namens Boris brachte zwischen dem 11. und 15. September heftige Regenfälle nach Mitteleuropa, die zu weitreichenden Überschwemmungen von Polen bis Rumänien führten und mindestens sieben Todesopfer forderten. (DWD)
In Rumänien wurden mehr als 5.000 Häuser wegen schwerer Überschwemmungen evakuiert, und in acht Provinzen wurden Straßen blockiert oder stark beeinträchtigt. In der Tschechischen Republik herrscht in 38 Gebieten höchste Alarmbereitschaft, und mehr als 50 000 Haushalte sind aufgrund von großflächigen Stromausfällen ohne Strom. Tausende von Einwohnern wurden evakuiert, und Prag hat Notmaßnahmen verhängt, um Überschwemmungen in der Stadt zu verhindern. In Polen wurden Städte in der Nähe der tschechischen Grenze teilweise evakuiert, und die Kommunikationsnetze sind ausgefallen. In Österreich kam ein Feuerwehrmann beim Kampf gegen die Überschwemmungen in Niederösterreich ums Leben, das nun zum Katastrophengebiet erklärt wurde.
Die überfluteten Gebiete entlang der polnisch-tschechischen Grenze sind auf dem folgenden Bild in rot zu sehen, das der Radarsatellit Copernicus Sentinel-1A am 15. September 2024 aufgenommen hat. Als Reaktion auf die Überschwemmungen wurde das On-Demand Mapping Team des Copernicus Emergency Management Service aktiviert, um detaillierte Karten der betroffenen Gebiete zu erstellen.
Schwere Überschwemmungen in Mittel- und Osteuropa![]() |
Das EFAS spielte eine Schlüsselrolle bei der Warnung der nationalen Behörden vor dem möglichen Ausmaß der Überschwemmungen. Am Montag, den 9. September, wies EFAS erstmals auf die Wahrscheinlichkeit schwerer Überschwemmungen in Polen, Tschechien und Österreich hin, wobei die erste Meldung am selben Tag an Österreich ging.
Am Dienstag, den 10. September, begann die EFAS, weitere Warnungen vor den zu erwartenden Überschwemmungen herauszugeben, und bis zum 12. September zeigten die Prognosen, dass weite Teile Mitteleuropas von extremen Überschwemmungen bedroht waren, wobei die Wasserstände vielerorts die 20-jährige Wiederkehrperiode überstiegen.
Bis Freitag, den 13. September, kurz vor Beginn des Hochwassers, hatte die EFAS mehr als 100 Meldungen in Polen, Tschechien, Österreich, Ungarn, Deutschland, der Slowakei, Kroatien und Slowenien herausgegeben.
![]() EFAS-Vorhersage- und Abflussganglinien vom 12. September 2024, bei denen die Hochwasserspitzen die 2-jährige (gelb), 5-jährige (rot) und 20-jährige (violett) Wiederkehrperiode innerhalb von 10 Tagen überschreiten könnten. Quelle: Copernicus |
Weitere Informationen:
- How the EU Space Programme supports flood preparedness - the role of the European Flood Awareness System (Copernicus 2025)
- Klimatologische Einordnung der Niederschlagsmengen im stlichen Mitteleuropa Mitte September 2024 (DWD 2024)
- Arctic Weather Satellite’s first images capture Storm Boris (ESA 2024)