Lexikon der Fernerkundung

Wolken und Fernerkundung

Wolken beeinflussen maßgeblich die Energiebilanz und damit das Klima der Erde. Wolken reflektieren Sonnenlicht im solaren Spektralbereich und emittieren aufgrund ihrer Temperatur selbst Strahlung im thermalen Spektralbereich.

Die Wolkenbeobachtung und -Messung ist aus synoptischer wie klimatologischer Sicht von großer Bedeutung. In ihrer Aussage über den Zustand der Atmosphäre liegt die Bedeutung für die Analyse und Vorhersage. Wolken spielen eine bedeutende und komplexe Rolle im Klimasystem.

Der genaue quantitative Einfluss der Wolken auf das Klima ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, was auch zu Unsicherheiten in heutigen Klimamodellen führt. Wolken sind ein Vehikel im hydrologischen Zyklus, transportieren Wasser und bringen Niederschlag. Sie sind räumlich und zeitlich sehr variabel, weshalb die Satellitenfernerkundung das beste Instrumentarium zur großflächigen bis globalen Erfassung von Wolkeneigenschaften bereitstellt. Insofern ist die Fernerkundung von Wolken für die Meteorologie und die Klimaforschung von herausragender Bedeutung.

Die ersten meteorologischen Satelliten hatten fast ausschließlich die Aufgabe, eine flächendeckende und globale Übersicht über die Verteilung und auch Bewegung von Wolkensystemen zu geben. Die Lage von Wetterfronten konnte so unter anderem besser analysiert werden. Die quantitative Analyse von Wolkeneigenschaften war allerdings zunächst nicht oder kaum möglich. Mit der technischen Entwicklung wuchsen Bedeutung und Möglichkeiten der Fernerkundungssysteme und heute sind die Methoden zur physikalischen Analyse von Wolken vom Erdorbit aus dank komplexer Sensorik recht umfangreich. Dabei kommen fast ausschließlich optische Systeme in Frage. Der Mikrowellen-Fernerkundung sind lediglich makroskopische Hydro- und Kryometeore in Wolken, also der flüssige und feste Niederschlag zugänglich.

Beispielbild: Von Karman-Wirbel vor der chilenischen Küste

Die folgende Abbildung zeigt zwei Kármánsche Wirbelstraßen vor der chilenischen Küste. Die Juan Fernandez-Inseln liegen etwa 800 km vor der chilenischen Küste. Die größten von ihnen - Isla Alejandro Selkirk und Isla Robinson Crusoe - sind Vulkaninseln, die sich von einem O-W-gerichteten untermeerischen Rücken erheben. Jede Insel wird von einem hohen Gipfel überragt. Isla Alejandro Selkirk besitzt eine Fläche von 52 km² und erreicht eine Höhe von 1.650 m NN. Die nur wenig kleinere Isla Robinson Crusoe hat eine Fläche von 48 km² und ragt 922 m in die Höhe.

Die Inseln sind hoch genug, um den Luftstrom über dem Ozean zu stören. Wenn ein solches Objekt die Luftbewegung behindert, bilden sich in der Luft von Karman-Wirbel an der windabgewandten Seite (Lee) des Objekts, hier der Inseln. Diese auch als Wirbelstraßen bekannten Erscheinungen sind zweireihige Wirbelfolgen, die hier durch die Wolken sichtbar werden.

Die Juan Fernandez-Inseln hatten im Januar 2013 große Auswirkungen im Himmel über dem Pazifik, indem sie ein Paisleymuster schufen, das sich über eine Strecke von 280 km hinzog. Das Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS) an Bord des NASA-Satelliten Terra machte diese Aufnahme am 13. Januar 2013.

Von Karman-Wirbel vor der chilenischen Küste juanfernandez_tmo_2013013 Quelle: NASA Earth Observatory

Alle Nutzer von satellitengestützten optischen Fernerkundungsdaten müssen sich auf die eine oder andere Weise mit Wolken beschäftigen. In der Meteorologie und Klimaforschung ist man direkt an physikalischen Wolkenparametern interessiert, aber auch Eigenschaften der Erdoberfläche oder die Konzentration von atmosphärischen Spurengasen wie Ozon sind von Interesse, wobei Wolken stören. Wolken spielen also insofern eine Doppelrolle, als sie entweder Objekt des Interesses oder aber Störquellen sind. Viele Wolkenparameter können nur vernünftig aus vollständig und nicht nur teilweise bewölkten Messungen (gemessen werden Strahldichten) abgeleitet werden. Für die Berechnung vieler Oberflächenparameter dagegen braucht man sicher wolkenfreie Strahldichten. Bei Sensoren mit sehr grober räumlicher Auflösung müssen allerdings auch die Wolkenparameter meist aus teilbewölkten Strahldichten abgeleitet werden, da der Anteil der eindeutig bewölkten und auch der eindeutig wolkenfreien Messungen mit abnehmender Auflösung immer kleiner wird.

Die Analyse von Satellitendaten hinsichtlich Wolken gliedert sich daher in der Praxis in zwei Phasen. In der ersten Phase, dem so genannten „cloud clearing“ werden die Einzelsignale auf ihre Kontamination mit Wolken sowie deren Umgebung auf die räumliche Verteilung der Bewölkung hin überprüft. Diese Wolkenidentifikation enthält auch zum Beispiel die mitunter schwierige Unterscheidung von Wolken gegenüber Schnee oder direktem Sonnenreflex, also gegenüber Objekten, die zumindest in einem spektralen Bereich ähnliche Eigenschaften wie Wolken aufweisen können. Durch das „cloud clearing“ werden die Wolken einerseits als Störquellen möglichst vollständig erfasst, andererseits ist diese erste Phase wegen der dabei erzielten Vorklassifikation des Bewölkungsstatus die Voraussetzung für die Ableitung von physikalischen Parametern von Wolken, der Erdoberfläche oder der übrigen Atmosphäre. In der zweiten Phase werden dann Methoden zur quantitativen Ableitung der physikalischen Parameter unter Berücksichtigung des jeweiligen Bewölkungsstatus angewandt.

Wolkenstraßen über der Labradorsee

Am 2. März 2020, als sich das Meereis in den hohen nördlichen Breiten seinem jährlichen Maximum näherte, nahm die Visible Infrared Imaging Radiometer Suite (VIIRS) auf dem Satelliten Suomi NPP das folgende Falschfarbenbild der Labradorsee auf. Die Küste von Baffin Island wird von Meereisbrocken umschlossen, während Wolkenstraßen über das Meer ziehen.

Bei dieser Kombination aus sichtbarem und infrarotem Licht (VIIRS-Bänder M11-I2-I1) erscheinen Schnee und Eis hellblau und die Wolken weiß. Die Ausrichtung der Wolkenstraßen deutet darauf hin, dass starke, kalte Winde von Norden nach Süden wehten. Als sich die kalte Luft über das vergleichsweise warme Ozeanwasser bewegte, erwärmte sich die Luft und nahm die Feuchtigkeit auf, die zur Bildung von Kumuluswolken erforderlich war.

Wolkenstraßen bilden sich, wenn Säulen aus erwärmter Luft - Thermik - durch die Atmosphäre aufsteigen und Wärme von der Meeresoberfläche abführen. Die feuchte Luft steigt auf, bis sie auf eine wärmere Luftschicht (eine Temperaturinversion) trifft, die wie ein Deckel wirkt. Die Inversion bewirkt, dass die aufsteigende Thermik sich selbst überschlägt und parallele Zylinder aus rotierender Luft bildet. Auf der Aufwärtsseite der Zylinder (aufsteigende Luft) kondensiert der Wasserdampf und bildet Wolken. Auf der Abwärtsseite (absteigende Luft) bleibt der Himmel klar.

Wolkenstraßen über der Labradorsee Wolkenstraßen über der Labradorsee Quelle: NASA Earth Observatory

Wolkenlandschaft in der Morgendämmerung, Nordwestatlantik

Dieses von schräg oben nach Osten in Richtung Sonnenaufgang blickende Bild wurde von einer External High-Definition Camera (EHDC) auf der Internationalen Raumstation aufgenommen. Die Station befand sich in einer Umlaufbahn über dem nordwestlichen Atlantik, etwa 500 Kilometer vor der Küste von Nova Scotia. Zahlreiche kleine Wolken bedecken den Vordergrund des Bildes. Jede Wolke stellt in sichtbarer Form (aufgrund von Wassertröpfchen und Eiskristallen) eine aufsteigende Luftsäule dar. Diese werden als aufsteigende Kumuluswolken (Cumulus Congestus Wolken) bezeichnet.

Einige sehr große Gewitter tauchen im Hintergrund des Fotos auf, und einige weisen ausgedehnte "Tischplatten" auf, die als Ambosswolken bezeichnet werden. Diese flachen Wolkenoberflächen entstehen, wenn aufsteigende Luft eine Ebene in der Atmosphäre erreicht, in der sie nicht weiter aufsteigen kann (eine so genannte Inversionsschicht). In dieser Höhe ist die Wolke gezwungen, sich seitlich auszudehnen, wodurch eine Ambossform entsteht, die sich horizontal über Dutzende von Kilometern erstrecken kann. Zwei der hoch aufragenden Kumuluswolken in der Nähe der Bildmitte haben gerade diese Höhe erreicht und haben begonnen, sich horizontal auszubreiten.

Auf dem Bild sind feine Details der Wolkenstrukturen zu erkennen, da die Kamera teilweise in Richtung der Lichtquelle gerichtet war. Durch diese Aufnahmetechnik werden die Wolkenschatten sichtbar, die in starkem Kontrast zu den helleren Wolkenoberseiten stehen. Die Schatten kontrastieren auch mit dem Licht der Morgendämmerung, das von der Meeresoberfläche reflektiert wird.

ISS External High-Definition Camera (EHDC) Foto ISS066-E-37532 wurde am 4. November 2021 mit einer D4 Electronic Still Camera mit einer Brennweite von 600 Millimetern aufgenommen. Das Bild wurde zugeschnitten und nachbearbeitet, um den Kontrast zu verbessern, und Linsenartefakte wurden entfernt.

Wolkenlandschaft in der Morgendämmerung, Nordwestatlantik Wolkenlandschaft in der Morgendämmerung, Nordwestatlantik Quelle: NASA Earth Observatory

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