Wirtschaft und Fernerkundung
Erdbeobachtungssatelliten ermöglichen es, hochaktuelle und präzise Informationen über die Erdoberfläche sowie den Zustand der Meere und der Atmosphäre zu gewinnen. Die Anwendungen reichen von der Erstellung und Aktualisierung von Landkarten, über Umwelt-, Wetter- und Klimabeobachtung bis hin zur Unterstützung humanitärer Hilfsaktionen. So trägt die Fernerkundung dazu bei, nachhaltige Ziele zu erreichen, um etwa den Nahrungsmittel- und Süßwasserbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung sowie die Nachfrage nach präzisen Informationen zu decken, die dem heutigen Lebenstempo entsprechen sowie eine widerstandsfähige Gesellschaft aufzubauen. Das breite Anwendungsspektrum der satellitengestützten Erdbeobachtung macht diese Technik nicht nur für Forschung sondern zunehmend auch für die Wirtschaft unentbehrlich.
Das FutureEO-Programm der ESA ist ein Vorzeigeprojekt für Forschung, Entwicklung und Innovation in Europa. Sie ermöglicht die Untersuchung neuer Satellitenmesstechniken und moderner Wissenschaftsmissionen wie die Earth Explorer-Missionen. Diese Entwicklungen ebnen den Weg für operationelle Missionen, wie die Copernicus Sentinels, die seit Jahrzehnten wichtige staatliche Informationsdienste kontinuierlich mit Daten versorgen. FutureEO ermöglicht auch die Entwicklung von weltweit erstklassigen meteorologischen Missionen in Zusammenarbeit mit Eumetsat, deren Daten das Herzstück von Wettervorhersagen bilden, auf die sich die Öffentlichkeit und die Wirtschaft verlässt.
Der zukunftsorientierte Ansatz des Programms – wegweisende Missionen und die Nutzung disruptiver Technologien wie SmallSats und künstliche Intelligenz (KI) – stellt sicher, dass Investitionen, insbesondere in nachgelagerten Sektoren, einen maximalen Ertrag bringen.
Schätzungsweise führt jeder Euro, der in FutureEO investiert wird, zu einem BIP-Wachstum von 3,8 Euro in den ESA-Mitgliedsstaaten.
Über das EU-geführte Copernicus-Programm werden kostenlos täglich große Mengen Daten- und Informationsdienste bereitgestellt, die wiederum die Umsetzung der europäischen Politik unterstützen, zur Verbesserung des Lebens und zum Nutzen der Wirtschaft. Während die Europäische Union das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus leitet, werden dessen Weltraumkomponente, so auch die Sentinel-Missionen, von der ESA entwickelt.
Deutschlands Rolle
Viele der hochinnovativen Technologien, die für Erdbeobachtungssatelliten und deren Instrumente bzw. Kameras erforderlich sind, werden an deutschen Standorten entwickelt und gebaut. So ermöglichen beispielsweise spezielle SAR-Radarinstrumente (Synthetic Aperture Radar) die Beobachtung der Erdoberfläche unabhängig von Bewölkung oder Tageszeit sowie die dreidimensionale Erfassung der Erde. So genannte hyperspektrale Sensoren, die Informationen in einer Vielzahl von Spektralbereichen gleichzeitig erfassen, ermöglichen beispielsweise detaillierte Aussagen über den genauen Zustand der Vegetation oder über Mineralien in Lagerstätten.
Mit dem TerraSAR-X-Satelliten (2007) und der Satellitenflotte RapidEye (2008) sowie dem Schwestersatelliten von TerraSAR-X, TanDEM-X (2010) konnte sich Deutschland weltweit in der Spitzengruppe im Bereich der Erdbeobachtung positionieren und damit seine hervorragende Ausgangsposition für weitere Entwicklungen und Missionen (EnMAP, MERLIN) ausbauen.
Deutschland betreibt eigene Infrastrukturen zur Steuerung der Satelliten sowie zum Empfang, zur Verarbeitung und zur Auswertung der von den Satelliten übertragenen enormen Datenmengen und bringt diese auch in die europäischen Infrastrukturen beispielsweise in die Europäische Weltraumorganisation ESA ein.
Der rasch wachsende weltweite Bedarf an Geodaten macht satellitengestützte Erdbeobachtung zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Deutsche Unternehmen beginnen sich im weltweiten Datenvertrieb in führender Rolle zu platzieren. Kleine und mittlere Dienstleistungsunternehmen entwickeln Software oder bieten direkt Geoinformationsdienste an, beispielsweise zur Aktualisierung und Erstellung raumbezogener Fach- und Planungsdaten zur Landbedeckung, zur Erstellung von Ertragsprognosen in der Landwirtschaft, zur Erfassung von Bodenbewegungen bei erdrutschgefährdeten Bauprojekten oder auch zur Einschätzung der Gewässergüte und Unterwassertopographie von Küstenregionen.
Neben der Land- und Forstwirtschaft unterstützt die Erdbeobachtung auch zahlreiche weitere Wirtschaftszweige. So liefert sie mit der Messung und Vorhersage von Windgeschwindigkeiten und Solareinstrahlung wichtige Daten für die Nutzung erneuerbarer Energien. Die Beobachtung der Meeresumwelt und des Seeverkehrs trägt zur Erhöhung von Sicherheit und Effizienz der maritimen Wirtschaft bei.
Im Bergbau hilft die Erdbeobachtung bei der Erschließung von Rohstoffen und der Detektion von Bergbauschäden. Die Erfassung und Klassifizierung von Landbedeckung und -nutzung unterstützt zudem die Stadt- und Raumplanung sowie das Verkehrs- und Transportwesen.
Im ESA-Erdbeobachtungsrahmenprogramm EOEP bestimmt Deutschland die Richtung wesentlich mit. Das EOEP entwickelt und betreibt weltweit Missionen für Forschung am Erdsystem und bereitet zudem den wissenschaftlichen und technologischen Boden für die operationellen europäischen Erdbeobachtungsprogramme EUMETSAT, die europäische Organisation für Wettersatelliten, und das EU-Programm Copernicus. Zusammen betreiben sie eine ganze Flotte von Satelliten für Wetter-, Klima-, Land- und Ozeanbeobachtung, sowie Satelliten zur Unterstützung der Katastrophen- und Sicherheitsvorsorge.
Zahlen
Laut dem jüngsten Bericht des Geospatial Industry Outlook and Readiness Index, GeoBuiz, wird der Wert der gesamten Erdbeobachtungsbranche im Jahr 2019 auf fast 58 Milliarden US-Dollar geschätzt und steigt bis 2020 auf fast 76 Milliarden US-Dollar. Man geht davon aus, dass dieser steile Anstieg nur der Anfang von noch größeren Entwicklungen sein wird.
Was die europäische Industrie anbelangt, so zeigt die von der European Association of Remote Sensing Companies (EARSC) veröffentlichte Studie für das Jahr 2021, dass die Zahl der mit der Erdbeobachtungsindustrie verbundenen Unternehmen im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 um 24 % gestiegen ist, ebenso wie der Umsatz um 24 % und die Zahl der Beschäftigten um 17 %.
Weitere Informationen: