Lexikon der Fernerkundung

Sentinel-Missionen

Nach engl. 'Wächter'; im Rahmen des Programms Copernicus (bis 2012 GMES, Global Monitoring for Environment and Security) von der ESA übernommene Aufgabe zur bedarfsgemäßen Durchführung der Copernicus-Weltraumkomponente, d. h. die Entwicklung der Satelliten der Sentinel-Baureihe und ihres Bodensegments sowie die Koordinierung des Datenzugangs zu diesen Satelliten und anderen Missionen, die überwiegend von den Mitgliedstaaten der ESA initiiert wurden.

Die für eine globale Umweltüberwachung notwendige umfassende und einheitliche Datengrundlage im globalen Maßstab ist ohne Satellitensysteme nicht denkbar. Der Anspruch, einen unabhängigen Zugang zu globalen Erdbeobachtungsdaten zu schaffen, charakterisiert daher die herausragende Bedeutung der satellitengestützten Erdbeobachtung in Copernicus.

Das Herzstück der Weltraumkomponente sind fünf eigens für Copernicus entwickelte Satellitenmissionen, die ESA Sentinels. Gegenwärtig (2015) sind 14 Sentinel-Satelliten geplant. Darüber hinaus werden Sentinel‑4 und Sentinel‑5 als Nutzlasten auf sechs Wettersatelliten mitgeführt werden.

Weitere Missionen erfassen wichtige Daten für die Copernicus Dienste, darunter

Die Sentinel-Missionen der ESA sind das Ergebnis einer Bedarfsanalyse vor dem Hintergrund bestehender und geplanter Missionen und dem Bedarf der Copernicus Kerndienste. Die Missionen bauen auf erfolgreichen Technologien auf. Sie werden von der ESA entwickelt und zum größten Teil von den ESA Mitgliedsstaaten finanziert. Die Europäische Kommission beteiligt sich an den Entwicklungskosten zu etwa einem Viertel.

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Schedule of Sentinel Launches

Die Sentinels sind sechs Missionsfamilien, die jeweils unterschiedliche Instrumente mit sich führen, so dass sie gemeinsam eine Fülle von Informationen für Dienste anbieten, die zur Verbesserung des täglichen Lebens und zur Bewältigung der Umweltfolgen des Klimawandels beitragen.
Die ersten drei Sentinel-Missionen basieren auf einer Konstellation von jeweils zwei Satelliten auf derselben Umlaufbahnebene. Diese Konfiguration erfüllt die Anforderungen an die Wiederbesuchsrate und Bodenabdeckung und bietet einen zuverlässigen und erschwinglichen Betriebsdienst.
Die nominelle Lebensdauer der einzelnen Satelliten ist auf sieben Jahre festgelegt, wobei Verbrauchsmaterialien an Bord jedes Satelliten eine Missionsverlängerung auf bis zu 12 Jahre ermöglichen.

Quelle: ESA Bulletin 157, 2014

Sentinel-1 ist eine wetter- und beleuchtungsunabhängige bildgebende Radarsatellitenmission für Land- und Ozeandienste, Sentinel-2 eine Mission für hochauflösende optische Abbildungen für Landdienste und Sentinel-3 eine Mission zur globalen Überwachung von Ozeanen und Landflächen, ausgestattet mit einem Instrumentenpaket zur Höhenmessung. Der Start von Sentinel-1 erfolgte am 3. April 2014, der von Sentinel-2A am 23. Juni 2015, Sentinel-3A startete am 16.2.2016, Sentinel-5P folgte am 13.10.2017.

Die Missionen Sentinel-4 und Sentinel-5 sind der Beobachtung der Atmosphärenzusammensetzung gewidmet. Die Sentinel-4-Instrumente sollen auf den geostationären Meteosat-Third-Generation-Satelliten (MTG) mitfliegen. Für die MTG-Imager-Satelliten (ab 2017 geplant) steuert die Sentinel-4-Mission den Flexible Combined Imager bei (FCI). Auf den MTG-Sounder-Satelliten (ab 2019) beinhaltet die Sentinel-4-Mission ein Spektrometer für den ultravioletten, sichtbaren und nah-infraroten Spektralbereich (UVN) und einen Thermal-Infrarot-Sounder (IRS).

Sentinel-5 soll auf den MetOp-Second-Generation-Satelliten die Erde auf polaren Orbits umkreisen. Die Mission umfasst ein Spektrometer für den ultravioletten, sichtbaren, nah-infraroten und kurzwellen-infraroten Spektralbereich (UVNS) sowie einen Visible Infrared Imager (VII) und einen Multi-viewing Multi-channel Multi-polarization Imager (3MI). Diese spektralen Daten können u.a. mithilfe des Verfahrens für die Erstellung von Spurengaskarten genutzt werden. Zusätzlich startete im Oktober 2017 der Sentinel-5 Precursor auf einem eigenen Satelliten starten, um die zeitliche Lücke vor dem Start von Sentinel-5 zu überbrücken.

Schließlich ist Sentinel-6 zu nennen, häufiger unter dem Namen Jason-CS (Jason Continuity of Service) geführt. Es handelt sich dabei um eine hochgenaue Mission zur Meerestopographie mit einem zweibandigen Radaraltimeter, einem Mikrowellenradiometer und präzisen Instrumenten zur Bahnbestimmung. Sie soll die Fortsetzung der Vermessung des Meeresspiegels gewährleisten. Der Start des ersten von zwei Exemplaren erfolgte im November 2020. Das Vorläufersystem Jason-3 wurde 2016 gestartet und wird operationell von EUMETSAT betrieben.

Vier Wächter-Satelliten werden eine Weiterentwicklung erfahren (Sentinel-1NG, -2NG, -3NG und -6NG), dazu kommen sechs neue Wächtermissionen (vgl. Tabelle).

Die zukünftigen sechs Wächter
Bezeichnung Aufgaben
CO2-Monitoring
(CO2M)
CO2M ist die wichtigste aller neuen Sentinel-Missionen. Mit ihren Instrumenten überwachen die drei Satelliten dieser Baureihe die Kohlenstoffdioxid (CO2)-, Methan (CH4)- und zusätzlich die Stickstoffdioxid (NO2)-Emissionen mit einer präzisen globalen Abdeckung. Alle drei Tage liefern sie ein vollständiges Bild der Treibhausgase, die in Wechselwirkung einen immensen Einfluss auf den Klimawandel haben. Bislang gibt es keinen Satelliten, der die Treibhausgase im operativen Betrieb mit einer so genauen räumlich-zeitlichen Auflösung misst. Damit werden diese CO2-Wächter zu einem wichtigen Baustein für die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Selbstkontrolle aller unterzeichnenden Staaten. Außerdem beobachten die CO2-Wächter die Wolken- und Aerosolverteilung in der Atmosphäre und bilden damit ein Gegenstück zum FORUM-Satelliten aus dem FutureEO-Programm. Die Vorstudien zu CO2M haben die deutschen Firmen Airbus und OHB durchgeführt. Daher gilt es als sehr wahrscheinlich, dass die Satellitenreihe unter deutscher Industrieführung entstehen wird. Der Missionsstart ist für 2025/2026 geplant.
Land Surface Temperature Monitoring (LSTM)
LSTM soll die Oberflächentemperatur über Land und Küste mit thermalen Infrarot-Instrumenten überwachen. Dabei beobachten die „Landwächter“, wie stark die Verdunstung von Wasser Einfluss auf die Bodentemperaturen nimmt und wie diese Evaporation global verteilt ist. Vor allem die Landwirtschaft wird von diesen Satellitendaten profitieren.
Copernicus polaR Ice and Snow Topographic ALtimeter (CRISTAL)
CRISTAL ist der Schnee- und Eisbedeckung über Land und Wasser auf der Spur. Außerdem werden diese „Eiswächter“ die Entwicklung des Meeresspiegels und der Wellenhöhe beobachten und somit unser Wissen über das Wechselspiel zwischen Eisschmelze und Meeresspiegelerhöhung erweitern. Damit leisten auch sie einen starken Beitrag zur Überwachung der Umweltparameter im Sinne der Beschlüsse des Pariser Klimaabkommens.
Copernicus Imaging Microwave Radiometry (CIMR)
CIMR liefert jeden Tag frische Daten über Ausdehnung und Rückzug des Meereises in unseren Polregionen. Die Meereiswächter werden damit zu einem wichtigen Bestandteil einer Arktis-Strategie der Europäischen Union. Für CIMR führt ein deutsches KMU die Vorentwicklung eines wesentlichen Bestandteils des Instruments durch – den großen entfaltbaren Reflektor.
Copernicus HyperSpectral Imaging (CHIME)
CHIME überwacht mit seinem Instrument die Landoberfläche und Binnengewässer, um die Europäische Union mit Daten zur Veränderung der Naturgüter zu versorgen. Damit leistet es einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und Biodiversität. Mit ihrem Hyperspektral-Instrument ist diese Mission auch eine ideale Fortsetzung der deutschen EnMAP-Mission.
Radar Observation System for Europe L-band SAR (ROSE-L)
ROSE-L ist mit seinen Radarinstrumenten vor allem der Veränderung von Biomasse auf der Spur. Die „Waldwächter“ liefern Pflanzen- und Waldkarten sowie Daten über die Verteilung der Vegetation und der Bodenfeuchte. Damit verbessern sie die Möglichkeiten von Precision Farming und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit.
Quelle: DLR

Weitere Informationen:


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