Lexikon der Fernerkundung

Interpretation

In Fernerkundung und Kartographie die Ableitung von Sekundärinformation aus Karten oder Fernerkundungsabbildungen durch logische Verknüpfungen, Gebiets- und Literaturkenntnisse sowie Interpretationserfahrungen. Die Interpretation einer Karte entspricht dem Kartenlesen. Die visuelle Interpretation von Fernerkundungsbildern entspricht dagegen einer Selektion von Information aus Mustern von Signalen. Die Interpretation erfolgt immer in zwei Schritten: der Entdeckung von Information und der Identifikation. Im ersten Schritt werden Bildinhalte mehr oder weniger objektiv und präzise erfasst, während sie im zweiten bestimmten Objekten und Objektqualitäten zugeordnet werden. Informationen hierfür liefern die Bilddatenkanäle, graphische Kanäle (Karten) und Sachinformationen aus der Literatur (Kollateralinformation).

Zum Entdecken und Erkennen von Objekten, also zur Beantwortung der Frage "Was ist wo vorhanden?" tragen die sogenannten Interpretationsfaktoren bei. Das eigentliche Interpretieren geht dann über die bloße Feststellung von wahrnehmbaren Sachverhalten hinaus. Der Interpret versucht dabei, auf der Basis des Erkannten Rückschlüsse zu ziehen auf nicht direkt Erkennbares. So kann er aus dem Bild einer Siedlung mit Hilfe einer Reihe von Einzelfaktoren auf die soziologische Struktur der Bewohner schließen. Mehr als beim bloßen Erkennen von Objekten sind hier das Vorwissen und die Erfahrung des Interpreten, z.B. auf stadtplanerischem, ökologischem, soziologischem oder landeskundlichem Gebiet, unabdingbare Voraussetzung für eine fachgerechte Interpretation.

interpretation_schema Interpretationsvorgang - stark schematisiert

Der mit dickeren Pfeilen markierte Regelkreis beschreibt den Iterationsprozess, der sich beim Interpretationsvorgang abspielt. Vorwissen und Erfahrung werden ihrerseits durch Erkennen und Interpretieren bereichert.

Quelle: nach einer Vorlage von Albertz (2007)

In der Praxis lässt sich der Gesamtprozess der Bildinterpretation nicht so scharf in das Erkennen und das eigentliche Interpretieren trennen. Gleichermaßen dürfen auch die Interpretationsfaktoren nicht als isolierte Einzelfaktoren gesehen werden. Vielmehr vollzieht sich der Interpretationsprozess in einem engen Zusammenspiel der Augen- und Gehirnfunktionen. Dabei wirken sich bereits vorliegende Ergebnisse des Erkennens und des Interpretierens auf den weiteren Prozess aus. Das eigentliche Ergebnis kommt deshalb in einem Iterationsvorgang zustande, der in hohem Maße vom regionalen und fachlichen Vorwissen sowie von der Erfahrung des Interpreten abhängt.

Sobald beim Interpretationsprozess eine Rückkoppelung mit Geländebefunden erfolgt ist, wird aus der Interpretation topographische und/oder thematische Bildauswertung.


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