Lexikon der Fernerkundung

Infrarotstrahlung (IR)

Engl. infrared radiation, franz. rayonnement infrarouge; nach DIN 18716 ist es "optische und thermale Strahlung, deren Wellenlänge größer als die der sichtbaren Strahlung ist". IR-Strahlung ist elektromagnetische Strahlung, deren Wellenlänge von ca. 0,7 bis 1.000 Mikrometern (µm) reicht. Dies entspricht einem Frequenzbereich von 300 GHz bis 400 THz.

Dies liegt über der sichtbaren und unter der Mikrowellen-Strahlung. Der größte Teil der von der Erde und ihrer Atmosphäre emittierten oder reflektierten Energie befindet sich im infraroten Bereich. Infrarotstrahlung wird fast vollständig durch intramolekulare Prozesse erzeugt. Aus drei Atomen bestehende Gase wie Wasserdampf, Kohlendioxid und Ozon absorbieren Infrarotstrahlung und spielen eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung von Infrarotstrahlung in der Atmosphäre.

Die wichtigste natürliche Quelle für Infrarotstrahlung ist die Sonne. Infrarot-Strahlung hat einen Anteil von ca. 50 Prozent an der Sonnenstrahlung, die den Erdboden erreicht. Außerdem gibt die durch die Sonneneinstrahlung erwärmte Erde Infrarot-Strahlung ab.

Wärmehaushalt der Erde

Durch die in der Atmosphäre enthaltenen natürlichen und künstlichen Gase wie Wasser, Kohlendioxid, Ozon, Methan und Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) wird die von der Erde abgegebene Infrarot-Strahlung absorbiert. Dies führt zu einer zusätzlichen Erwärmung der Erde. Dieser Prozess ist für den Wärmehaushalt der Erde und damit auch für die globale Erwärmung (Klimawandel) von entscheidender Bedeutung.

Entdeckung durch William Herschel im Jahr 1800

Die Entdeckung beziehungsweise der Nachweis der Infrarot-Strahlung gelang dem deutschen Astronomen William Herschel erstmalig im Jahre 1800. Er zerlegte das Sonnenlicht mit einem Prisma in seine spektralen Teile und fand dabei jenseits des roten, das heißt langwelligsten Bereichs des sichtbaren Lichts eine nicht sichtbare aber wärmende Strahlung. Die Fähigkeit zur Erwärmung von Stoffen dient auch heute noch zum Nachweis der Infrarotstrahlung.

"Warme" Körper geben Infrarot-Strahlung ab

Jeder "warme" Körper (Körpertemperatur oberhalb des absoluten Nullpunkts von circa -273 °C) gibt Infrarotstrahlung ab. Die abgestrahlte Energiemenge und die Wellenlängenverteilung der Strahlung hängen von der Temperatur des Körpers ab. Je wärmer ein Körper ist, umso mehr Energie in Form von IR-Strahlung gibt er ab und umso kürzer ist die Wellenlänge der Strahlung.

IR-Strahlung im elektromagnetischen Spektrum Infrarotstrahlung Quelle: Natural Resources Canada

Bedeutung der Infrarotstrahlung in der Fernerkundung

Der Infrarotbereich des Spektrums deckt den Wellenlängenbereich von etwa 0,7 µm bis 100 µm ab - mehr als 100 Mal so breit wie der sichtbare Teil! Der Infrarotbereich lässt sich aufgrund der Strahlungseigenschaften in zwei Kategorien einteilen - das reflektierte IR und das emittierte oder thermische IR.

Die Strahlung im reflektierten IR-Bereich wird für Fernerkundungszwecke auf eine Weise verwendet, die der Strahlung im sichtbaren Bereich sehr ähnlich ist. Das reflektierte IR deckt Wellenlängen von etwa 0,7 µm bis 3,0 µm ab. Der thermische IR-Bereich ist ganz anders als der sichtbare und der reflektierte IR-Bereich, da diese Energie im Wesentlichen die Strahlung ist, die von der Erdoberfläche in Form von Wärme emittiert wird. Das thermische IR umfasst Wellenlängen von etwa 3,0 µm bis 100 µm.

Infrarotkameras und Nachtsichtgeräte

Mit Hilfe sogenannter Infrarotkameras ist es möglich, Infrarotstrahlung sichtbar zu machen. Infrarotkameras können zum Beispiel zur berührungslosen Temperaturmessung verwendet werden. Bekannter ist aber der Einsatz als sogenanntes Nachtsichtgerät. Dabei wird die Tatsache ausgenutzt, dass jeder "warme" Körper Infrarotstrahlung abgibt.

Fernerkundungsinstrumente spüren diese Strahlung auf. Gleiches gilt für Signale, die von einem Satelliten ausgesandt und zu ihm reflektiert werden. Im sichtbaren und infrarotnahen Spektralbereich können die chemische Oberflächenbeschaffenheit und die Vegetationsbedeckung gemessen werden. Im mittleren Infrarot können geologische Formationen dank der von den Silikatstrukturen abhängigen Absorptionseigenschaften aufgespürt werden. Im fernen Infrarot bieten Emissionen von der Atmosphäre und der Erdoberfläche Informationen über Luft- und Bodentemperaturen sowie über Wasserdampf und andere Spurenbestandteile der Atmosphäre. Da Infrarotdaten eher auf den Temperaturverhältnissen basieren als auf sichtbarer Strahlung, können die Daten bei Tag und Nacht erhoben werden.

Generell ist die IR-Strahlung wichtig für die Bestimmung von Oberflächentemperaturen, zur Wolkenklassifikation und zur Bestimmung des atmosphärischen Aufbaus (Schichtung, Temperatur- und Konzentrationsprofile).

Einteilung des infraroten Spektralbereichs

Die Begriffe und Grenzen sind nicht eindeutig wie im sichtbaren Bereich definiert und werden teils durch Anwendungen oder spezielle physikalische Phänomene bestimmt, weshalb es mehrere unterschiedliche Festlegungen gibt. Das International Commission on Illumination (CIE) und DIN schlagen die Einteilung in drei Bänder vor: IR-A, IR-B und IR-C. Die Festlegung mit den Bezeichnungen NIR, MIR und FIR folgt der ISO 20473.

Benennung
Kurzzeichen
Wellenlänge
in µm
Temperatur nach Wien in K
Einsatzbereiche / Anmerkungen
nahes Infrarot
NIR
IR-A
0,78...1,4
3700...970
  • kurzwelliger Teil des NIR-Bereichs, 780-nm-Grenze bedingt durch den dem Sonnenspektrum angepassten menschlichen Sehsinn.
  • photographisches Infrarot (ColorInfraRed, CIR) liegt bei 0,7 bis 1,0 µm: fotografischer Film kann diesen Wellenbereich aufnehmen.
  • Da gesunde Vegetation in diesem Bereich sehr intensiv zurückstrahlt, werden sogenannte Falschfarben-Infrarot-(Luft)Bilder bevorzugt für die Vegetationsuntersuchung eingesetzt.
IR-B
1,4...3,0
  • langwelliger Teil des NIR-Bereichs
  • die Begrenzung ist in der Wasserabsorption bei 1450 begründet.
mittleres Infrarot
MIR
IR-C
3...50
970...60
  • Bereich thermischer Strahlung bei irdischen Temperaturen
fernes Infrarot
FIR
50...1000
60...3
  • Die Atmosphäre absorbiert hier stark, an der Grenze zum Mikrowellenbereich wird gerade noch die kosmische 3-Kelvin-Strahlung sichtbar.

In einer Zusammenstellung nach verschiedenen Quellen wird die Infrarotstrahlung nicht durchgängig stringent unterschieden in:

Die genannten Festlegungen sind häufig im angloamerikanischen Raum genutzt und bei der Spezifikation von Erderkundungssensoren.

Die Bezeichnungen sind nicht immer so eindeutig definiert wie für den sichtbaren Bereich. Als Konsequenz muss bei jedem Radiometer und bei jeder Publikation darauf geachtet werden, was die verwendete Bezeichnung eines Spektralbereichs im Hinblick auf Wellenlänge, Wellenlängenbereich oder Messkanal bedeutet!


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